Fotografie

Ruediger Glatz: Wie der Heidelberger Fotograf Pier Paolo Pasolini ehrt

In seiner Solo-Ausstellung „Reflecting Pasolini“ in Rom setzt sich der in Heidelberg geborene Fotograf Ruediger Glatz mit dem großen italienischen Regisseur zu dessen 100. Geburtstag auseinander – und ihn in Verbindung mit der ebenso großen Darstellerin Tilda Swinton.

Von 
Anna Suckow
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Blick in die Ausstellung im Palazzo delle Esposizioni in Rom. Rund 60 Arbeiten des Fotografen Ruediger Glatz sind dort von Juli bis September zu sehen. © Ruediger Glatz

Heidelberg/Rom. Einst malte er Graffiti und begleitete seine Freunde mit der Kamera bei ihren nächtlichen Streifzügen, heute hat er eine Einzelausstellung in Rom über die Regisseuren-Legende Pasolini: Der Fotograf Ruediger Glatz hat seine Heimat Heidelberg hinter sich gelassen – und doch die Region nie ganz verlassen.

Schauplatz Rom: dort, im neoklassizistischen Palazzo delle Esposizioni, empfängt noch bis Sonntag (Anfang September) ein  Fotodruck hängend zwischen Marmor-Säulen korinthischer Ordnung die Besuchenden. Überlebensgroß sind nicht nur sein Format, sondern auch Darstellung und Darstellende. Er zeigt Tilda Swinton, die große amerikanische Schauspielerin in einer Performance über den großen italienischen Regisseur PPP. Die Ausstellung „Reflecting Pasolini“ widmet sich im Jahr seines 100. Geburtstags Italiens Universalgenie der Neuzeit. Der 1922 in Bologna geborene und 1975 in Ostia ermordete Pier Paolo Pasolini steht als zeitgenössischer Dichter, Dramatiker, Journalist, Maler, Regisseur Jahr im Mittelpunkt einer umfangreichen und vielseitigen Neuauflage. Mit daran beteiligt ist auch Ruediger Glatz.

Einblick in die Performance Embodying Pasolini von Tilda Swinton und Olivier Saillard © Ruediger Glatz

Für den in Heidelberg geborenen Fotografen ist es die erste italienische Einzelausstellung. In der von Alessio de' Navasque kuratierten Schau sind über 60 Schwarz-Weiß-Fotografien zu sehen, die Pier Paolo Pasolini gewidmet sind. Sie alle eint ein poetisches Schwarz-Weiß. Das mag eine Hommage an die deutsche Tradition bis hin zur Subjektiven Fotografie sein. Es erinnert aber auch an die frühen Filme von PPP.

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Doch wie kam es zu dieser Konstellation? Ortswechsel. Die Stadt Rom hatte ihn gebucht, erzählt Ruediger Glatz am Telefon. Er ist gerade im Taxi, auf dem Weg zum Zug, der ihn von seiner Wahlheimat Hamburg nach Berlin bringen wird. Seinen Lebensmittelpunkt hat vor rund zehn Jahren vom Neckar an die Elbe verlegt. Mitgenommen hat er dabei sein beachtliches Netzwerk. Irgendwann Anfang der 2000er wandte er sich von der Graffiti-Szene ab, tauschte Can gegen Cam, also Sprühdose gegen Fotoapparat. Und widmete sich der Reportage-Fotografie. Fast seine ganze künstlerische Arbeit ist in Schwarz-Weiß gehalten. „Das fokussiert auf die Inhalte, die mir wichtig sind.“ So dokumentiert er Kleingarten-Idylle und Alltags-Poesie. Zeichnet ein Porträt Deutschlands aus dem Zugfenster oder der glitzernden Modewelt.  Seine 2009 begonnenes Projekt The New Black führt Betrachtende mit in die Welt der High-Fashion. Nimmt sie mit als stille Zeugen in das magische Chaos hinter dem Catwalk. Friert Blitzlichter ein. Begleitet Designer, Modelle und Modemenschen. Ein Blick hinter die Kulisse, eingefangen von einem rastlosen Beobachter. Im Kontext Zyklus hat er zahlreiche Projekte fotografisch begleitet, die von dem Kurator und Modehistoriker Olivier Saillard in Zusammenarbeit mit Tilda Swinton konzipiert und umgesetzt worden sind. Daraus entstand ein „freundschaftliches Verhältnis“, wie er es beschreibt. Und erklärt die Nähe, die in diesen intimen Momenten der Proben entstehen kann. „Wenn ich bei den Rehearsals fotografiere, bin ich ein vertrautes Element.“ Aus der Performance „Embodying Pasolini“ ist ein Teil der Ausstellung entstanden.

Heute ein Grand Hotel mit viel Geschichte. Die Villa Feltrinelli  wurde von Mussolini als Wohnsitz beansprucht. Als Drehort für seinen Film „Die 120 Tage von Sodom“ genutzt, machte Pier Paolo Pasolini die Villa zum Schauplatz des Rausches und der Gewalt. © Ruediger Glatz

Der andere Teil, „On PPP“ ist eine Annäherung an den Meister selbst. „Er war für mich zu Beginn nur ein Regisseur“, erklärt Glatz. Inzwischen ist er tief eingetaucht in das kreative Schaffen. Und wird noch etwas bleiben: „Der kurze Zeitraum, der für die Ausstellung zur Verfügung stand, wird einer Hommage nicht gerecht – die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen."
Genauso offen ist seine Vergangenheit. Damals, als er sich von der Graffiti-Szene abwandte, war es fast ein Bruch. „Ich habe mich ausgeklinkt. Keine Werke mehr angeschaut, keine Magazine.“ Doch er hat noch Material für einige Bücher, will und muss Zyklen abschließen. „Diese Geschichte ist noch nicht fertig erzählt“, sagt er. Vielleicht führt ihn das ja auch mal wieder in seine Heimat.

Redaktion

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