LaBrassBandas Blasmusik-Pop ist oft schnell und schweißtreibend. Die Corona-Zwangspause nutzten die Naturburschen aus Oberbayern für ein atypisches Projekt: ihr zur Entspannung gedachtes Instrumental-Album „Yoga Symphonies No. 1“. Im Interview erklärt Frontmann Stefan Dettl, wie es dazu kam.
Herr Dettl, das LaBrassBanda-Album „Yoga Symphony No. 1“ ist ungewöhnlich. So ruhig und entspannt klang Ihre Band bislang nur auf „Kiah Royal“, 2014 aufgenommen im Kuhstall. Wollen Sie entspannte Musik für extrem unentspannte Zeiten liefern?
Stefan Dettl: Auf alle Fälle: Es ist gerade ganz wichtig, sich nicht rausbringen zu lassen und sich auf sich selbst zu konzentrieren, so weit es möglich ist. Wir sind als Band auf der Bühne schon sehr energiegeladen, manchmal dramatisch drüber (lacht). Privat sind wir aber meist total entspannt. Deshalb gehört die ruhige Seite schon auch zu uns dazu. Das Kuhstall-Konzert hat uns damals auch schön runtergebracht.
Wie yogistisch sind Sie persönlich?
Dettl: Wir haben alle klassische Musik studiert. Da beschäftigst du dich fünf, sechs Jahre lang nur mit dem Instrument und deinem Körper. Wenn’s dann in Stresssituationen hart auf hart kommt, irgendwas funktioniert nicht, das Kreuz tut weh oder der Arm und du musst auf die Bühne und genau so abliefern wie am Vortag – dafür lernt man schon im Studium Techniken, die Geist und Körper fit machen. Darunter sind auch Yoga-Übungen. Deshalb war das immer ein Teil von uns.
Was ist denn Ihr Lieblingstier im Yoga – Schildkröte, herabschauender Hund oder trompetender Tiger?
Dettl (lacht): I’ hab’ koa Tier. Bei mir hängen die Übungen oft mit der Lunge zusammen. Das Zwerchfell zu entspannen, ist für mich ganz wichtig. Aber wie das als Tier heißt – vielleicht tote Schildkröte. So sieht’s bei mir sicher aus.
Nun ist Blasmusik in der Regel bislang nicht die allererste Wahl von Yoga-Lehrern zur Untermalung ihrer Einheiten. Wie leisten Sie da Überzeugungsarbeit?
Dettl: Der Weg ist eigentlich anders herum: Tatsächlich sind ganz viele Yoga-Lehrer und -Studios auf uns zugekommen und haben sich ruhige Musik von uns gewünscht. Auf unseren CDs sind ja immer zwei, drei ruhige Bläserstücke mit schönen Melodien. Die nutzen viele Leute offenbar gern als Meditationsmusik.
Sechstes Studioalbum
- Stefan Dettl wurde am 5. April 1981 in Traunstein geboren . Ab 2000 studierte er am Richard-Strauss-Konservatorium in München, später an der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz. Dem Konzert-Diplom in klassischer Musik folgte ein zweijähriges Jazz-Trompeten-Studium.
- Aus einem Projekt mit einem DJ-Kollektiv entwickelte sich 2007 die international erfolgreiche Blasmusik-Band LaBrassBanda .
- Ihr sechstes Studioalbum „Yoga Symphony No. 1“ erreichte Platz 30 der Charts
Mussten Sie sich trotzdem musikalisch umstellen?
Dettl: Für Yoga-Musik gibt es schon so etwas wie Regeln: Meistens ist sie in einer Tonart und einem bestimmten Tempo. Das haben wir alles nicht gemacht. Sondern das, was wir uns vorstellen: Schöne Musik produzieren, indem wir etwa die Klänge der Tuba mit einem Moog-Synthesizer dazu bringen, zu schwingen und sich selbst zu tragen. Da waren wir ziemlich frei. Das gilt natürlich auch für die Hörer: „Yoga Symphony“ kann man auch beim Bier mit Freunden hören, es funktioniert nicht nur beim Yoga.
Ihre Fans sind ja an viel Energie, mitreißendes Tempo und Ihren Gesang gewöhnt. Wie fielen die ersten Reaktionen auf das Instrumentalprojekt aus?
Dettl: Tatsächlich haben wir schon immer bei großen Konzerten ein Yoga-Stück dabei. Viele Fans waren also nicht überrascht, dass es mal ruhiger zugehen kann. Und dass ich endlich mal meine Klappe halte und nicht singe, damit hatte bisher auch noch keiner ein Problem.
Liefern Sie auch geeignete Übungen für den Hausgebrauch zu jedem Lied?
Dettl: Dass wir so etwas wie Musik-Yoga-YouTuber werden, sehe ich jetzt nicht als Geschäftsmodell für uns. Schön wäre es, wenn Yoga-Leute am Rand von Konzerten an schönen Orten mit uns und den Fans Übungen machen.
Die Songtitel sind meist einsilbig und etwas klischeehaft: „Feel“, „Dance“, Enjoy“, „Rise“, „View“, „Joy“, „Earth“, „Nature“. Ich bin nicht ganz sicher: Passen die wirklich immer zur Musik oder machen Sie sich da auch mal einen Spaß? Etwa wenn sehr tieftönend „Relax“ angeblasen wird und dann so eine Art Smooth Jazz folgt…
Dettl (lacht laut): Man darf sich selbst überhaupt nicht ernstnehmen. Aber die Leute merken schon, dass wir uns bei den Songs und Melodien Mühe gegeben haben. Aber mit den Titeln haben Sie schon recht. Wobei meine Idee dahinter war, dass sie eine Art Tagesablauf ergeben – und eine auf 60 Minuten komprimierte Yoga-Stunde: langsam anfangen, in Bewegung kommen und allmählich wieder runterfahren.
Ist die Fortsetzung „Yoga Symphony No. 2“ schon sicher?
Dettl: Wir sind schon an der Zweiten dran, weil es viel Spaß gemacht hat.
Und dann geht es thematisch durch die Nacht?
Dettl: Gute Idee! Warum nicht? Oder durch den Zoo. Tiere zu vertonen, wäre doch eine schöne Geschichte.
Gehört es zur Entspannung, dass der letzte Twitter-Eintrag von LaBrassBranda von 2017 ist?
Dettl: Ist das so? Da müssen wir mal wieder Gas geben (lacht). Aber die üblichen Posts, die man als Band machen müsste, die liegen uns nicht. Wenn wir wirklich Lust haben, etwas zu teilen, dann tun wir das.
Was fehlt Ihnen in der Pandemie am meisten: die Bühne, das Reisen oder die Einnahmen?
Dettl: Es ist schon die Kombination aus allem. Am Krassesten fehlt mir, von anderen Menschen etwas zu lernen. Du kommst irgendwohin, nur mit einer vagen Idee von der jeweiligen Ortschaft und gehst ganz anders weg. Ich habe mir Tokio zum Beispiel total stressig und hektisch vorgestellt mit wahnsinnig vielen Menschen und schrecklichem Essen. Und es war komplett anders. Es gab sogar fantastisches Bier.
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