Soziale Netzwerke

Wie eine Mannheimerin auf Instagram zur Influencerin wurde

Von 
Tanja Capuana
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Eine Influencerin aus Mannheim: Romina Thieme. © Tanja Capuana

Mannheim. Sie hat 204 000 Follower auf ihrem Instagram-Profil fashiondrum_2 und zeigt sich auf vielen Bildern topgestylt an Traumorten wie Sizilien, in Paris oder München. Auf den ersten Blick könnte man Romina Thieme in die Schublade „typische Influencerin“ stecken. Doch die 31-Jährige unterscheidet sich von vielen Instagrammerinnen und Instagrammern in vielerlei Hinsicht. „Ich will ja gar nicht beeinflussen, sondern nur mein Leben mit der Community teilen“, lehnt die Mannheimerin den Begriff Influencer (to influence: beeinflussen) ab. „Wenn jemand fragt, was ich mache und wer ich bin, sage ich immer: Ich bin einfach Romina.“

Inzwischen unterhält Thieme ihre Follower häufig mit Storys - also Kurzgeschichten mit Bildern oder Videos - über Alltagsthemen wie den stetig wachsenden Wäscheberg in ihrem Bad. Sie zeigt sich ungeschminkt, erzählt, dass ihr Koffer einen Tag vor einer Hochzeit im Flugzeug verlorengegangen ist und ihr Partyoutfit drin war. Mehr Realität soll es sein, weg von einer Scheinwelt, findet sie. „Wir haben alle mal Unordnung und es lässt uns doch eher schmunzeln und denken: Der geht es genauso wie mir. Das macht uns sympathisch authentisch.“

"Bin erst nach dem Abitur aufgewacht"

Auf Hasskommentare reagiert sie nicht. Stattdessen nutzt sie ihre Popularität, um dazu aufzurufen, für die Vesperkirche zu spenden. Thieme selbst unterstützt die Einrichtung ebenfalls. „Es geht in meinen Storys nicht immer um die Gucci-Tasche“, betont sie.

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In der Schule sei sie nicht gut gewesen, musste auch schon mal eine Klasse wiederholen. „Ich bin tatsächlich erst nach dem Abitur aufgewacht“, erzählt sie. Thieme absolviert ein Duales Studium im Fach Sozialmanagement und bekommt nach einem guten Abschluss eine Festanstellung in ihrem Betrieb. „Als ich übernommen wurde, habe ich gemerkt, dass es mir keinen Spaß macht.“ Nebenbei hat sie vor acht Jahren begonnen, ihr Profil im sozialen Netzwerk Instagram aufzubauen. Da gab es dieses Business noch gar nicht.“ Damit Geld zu verdienen, daran denkt Thieme damals auch nicht. Stattdessen soll ihr Profil eine Art öffentliches Tagebuch werden, auf dem sie Fotos von Reisen oder anderen schönen Momenten in ihrem Leben teilt.

Online bekommt sie viele positive Rückmeldung, im Bekanntenkreis muss sie auch mal negative Kommentare einstecken. Doch Thieme bleibt am Ball - und immer mehr Instagram-Nutzer folgen ihr. Thiemes Erfolgsgeheimnis: „Man soll das machen, was einen selbst im Leben glücklich macht und darüberstehen, was andere sagen.“

Vor fünf Jahren kommen auch Firmen auf sie zu, die ihre Popularität für Werbung nutzen möchten. Ihr Vorteil sei es auch gewesen, dass sie früh angefangen hat. „Wenn man heutzutage Content Creator werden will, ist es viel schwieriger.“ Man könne mit Social Media viel Geld verdienen, wenn man für große Firmen arbeitet, sagt Thieme. Es stecke aber auch mehr Arbeit dahinter, als einfach ein Foto zu machen und es hochzuladen. Früher habe sie sechs Stunden am Tag am Handy verbracht. Das habe die Beziehung zu ihrem Freund, mit dem sie bereits seit mehr als 13 Jahren glücklich ist, belastet. Er habe ständig Fotos von ihr machen müssen, erzählt sie und lacht. Inzwischen ist es deutlich weniger geworden, sie macht lieber Storys als aufwendige Beiträge. „Mein Freund hat mich trotzdem sehr unterstützt, weil er gemerkt hat, wie viel mir daran liegt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.“

Nebenjob in einem Mannheimer Café

Großen Wert legt die 31-Jährige auf Seriosität und Authentizität. Daher präsentiert sie nur Marken und Produkte, hinter denen sie wirklich steht. „Man sollte so stark sein und nicht für etwas werben, was man nicht gut findet“, betont sie. Ob Mode, Kosmetika oder auch mal Sexspielzeug, Thieme hat schon vieles ausprobiert und hinterher auf ihrem Profil geteilt. „Ich möchte in meinen Storys auch gesellschaftliche Tabuthemen ansprechen, um sie zu sensibilisieren.“ Sehr oft hat sie aber auch schon Kooperationen abgelehnt. „Ich würde niemals Werbung für Unterwäsche machen und mich zu freizügig im Internet zeigen. Ich suche mir auch nur Labels aus, die seriös sind“, sagt sie. „Mir war es immer wichtig, niemals von diesem Geld abhängig zu sein, und Kooperationen zwanghaft annehmen zu müssen."

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Um von ihrem Nebenjob im Internet finanziell unabhängig zu sein, arbeitet Romina Thieme Vollzeit als Social-Media-Reporterin bei Ron-TV, eine Stelle die sie als Quereinsteigerin ihrem Instagram-Profil verdankt. „Deswegen kann ich bei Instagram nur das verkaufen oder anbieten, was ich selbst auch gut finde.“ Man dürfe auch nie vergessen, welche Reichweite man hat und diese sinnvoll zu nutzen. „Vor fünf Jahren war ich beeindruckt, von dem, was man alles bekommt. Doch das sollte nicht das Ziel sein.“

Heute ist ihr nicht nur wichtig, für große Marken zu werben, sondern auch Start-Ups aus der Region vorzustellen und zu unterstützen. „Das sollte auch ohne Vergütung eine Selbstverständlichkeit sein.“ Überhaupt ist der sympathischen Mannheimerin Bodenständigkeit wichtig: Romina Thieme arbeitet seit ihrem Studium im Café Flo, wo sie auch heute noch zweimal pro Woche tätig ist. „Ich liebe dieses Café, weil es wie eine Familie für mich ist.“

Kritischer Blick auf Instagram

Das Internet berge aber auch viele Gefahren. „Es ist leider diese komplett oberflächliche Welt, die online stattfindet.“ Kritisch sieht sie etwa die neue Funktion bei Instagram, die sich aktuell in den USA einer Testphase unterzieht. „Influencer haben die Möglichkeit für exklusive Inhalte Geld zu verlangen.“ So wolle nicht nur Instagram ein Stück vom Kuchen der User abbekommen, sondern sie befürchtet, dass sich künftig viele Nutzer zu freizügig zeigen, um Aufmerksamkeit und schnelles Geld zu bekommen. „Das ist für mich der falsche Weg, denn das Internet vergisst nichts.“

Zudem könnten sich junge Leute an den falschen Leuten orientieren. Durch die scheinbar perfekt aussehenden Stars und Influencern könnten viele ein falsches Körperbild entwickeln. „Tatsächlich muss ich zugeben, dass ich meine Bilder früher auch bearbeitet habe, weil ich mich selbst nicht mehr wohlgefühlt habe“, räumt sie. Man müsse daher lernen, sich selbst zu lieben, auch wenn es nicht einfach sei. „Das zeigt mir, dass man nur das machen sollte, was man wirklich will und einem Spaß macht.“

Freie Autorin Kulturredaktion, Lokalredaktion, Wochenende. Schwerpunkte: Bunte Themen, Reisereportagen, Interviews, Musik (von elektronischer Tanzmusik bis Pop), Comedy und Musicals

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