Stoffwindeln

Nachhaltig wickeln: 23-jährige Mannheimerin klärt über Mehrwegwindeln auf

Als Isabell Bauer Mutter wird, sieht sie einen riesigen Müllberg vor sich. Sie entdeckt ihre Begeisterung für Stoffwindeln und macht sich als Stoffwindelberaterin selbstständig. Was die Vorteile der Windeln sind

Von 
Hanna Singer
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Bunt und farbenfroh: Junge Mutter Isabell Bauer klärt in Mannheim über Stoffwindeln auf. © Hanna Singer

Mannheim. Bis zu 6000 Windeln benötigt ein Kind im Durchschnitt – das entspricht bei herkömmlichen Windeln gut 1,5 Tonnen Müll. Eine Zahl, die die Mannheimer Studentin Isabell Bauer beschäftigte, schon bevor ihre Zwillinge auf die Welt kamen. Mittlerweile berät die 23-Jährige selbst junge Familien, die anfangen wollen Stoffwindeln zu verwenden.

Ein nachhaltiges Leben war für die junge Frau und ihren Partner schon lange ein wichtiges Thema, aber ihre Sorge um den Müll hatte auch praktische Aspekte. Die junge Familie wohnt in der Innenstadt in einem Mehrparteienhaus und der Platz in der Mülltonne ist begrenzt. Eine neue, größere Mülltonne müsste her.

Sie beginnt nach Alternativen zu suchen und beschäftigt sich mit Stoffwindeln. „Mich hat das Thema begeistert“, sagt die 23-Jährige. „Als die Kinder dann geboren waren und wir das selbst ausprobiert haben, habe ich da eine richtige Leidenschaft entwickelt.“

Informationsangebote zu Stoffwindeln in Mannheim und der Region sind selten

Die junge Mutter belegt einen Online-Kurs und merkt schnell, wie hilfreich der Austausch mit erfahrenen Stoffwindeleltern ist. Jedoch mangelt es an Präsenzveranstaltungen und Workshops in der Region. Bauer ist überzeugt: Sie möchte Stoffwindeln auch anderen Eltern zugänglicher machen.

Die Stoffwindeln gibt es in ganz verschiedenen Modellen. © Hanna Singer

Aus der Leidenschaft wird ein Beruf. „Ich möchte andere Eltern aufklären, wie modern und vielfältig Stoffwindeln heutzutage sind und habe dann eine Ausbildung zur Stoffwindelberaterin gemacht.“ Inzwischen gibt sie Workshops in der Elternschule in Weinheim oder in der Hebammenpraxis in Mannheim, besucht interessierte Eltern auf Wunsch auch zu Hause.

Wegen Vorurteilen schrecken werdende Eltern oft vor Mehrwegwindeln zurück

95 Prozent der Kinder werden mit Wegwerfwindeln gewickelt, so Bauer. Der Griff zu Wegwerfwindeln aus der Drogerie ist ganz normal, während Stoffwindeln ein unangenehmer Ruf anhaftet: „Fünf Lagen Mullwindeln, die man dann am Kochtopf auskochen muss und ganz seltsam aussehende riesige Plastikhöschen“, erzählt die 23-Jährige von den gängigen Vorurteilen. Die Realität sieht heutzutage anders aus: Mehrwegwindeln sind modern geworden.

Der Aufwand relativiert sich und spielt sich ein. Man hat ungefähr zwei Waschmaschinen mehr in der Woche
Isabell Bauer Stoffwindelberaterin

Bauer kennt die Sorge der Eltern, sich vor Wäsche nicht mehr retten zu können. Neben dem Zeitaufwand, scheinen Heiz- und Wasserkosten unattraktive Nebeneffekte der Stoffwindelnutzung zu sein. Sie selbst schwört auf Routinen und feste Waschtage. „Der Aufwand relativiert sich und spielt sich ein. Man hat ungefähr zwei Waschmaschinen mehr in der Woche“, sagt die 23-Jährige.

Was kosten die Stoffwindeln im Vergleich zur Einwegwindel? 

Auch finanziell spricht die Stoffwindel für sich. Während die Beschaffung der Mehrwegwindeln mit etwa 400 bis 500 Euro eine Investition darstellt, betragen die Kosten von Einwegwindeln über die Wickelzeit von etwa drei Jahren pro Kind ungefähr 1.500 Euro.

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Zudem können Stoffwindeln für Geschwisterkinder wiederverwendet oder weiterverkauft werden. Bauer berichtet, dass stoffgewickelte Kinder erfahrungsgemäß früher trocken werden als Kinder, die mit Einwegwindeln gewickelt werden. „Pampers und Co werben damit, dass ein saugstarker Kern die Feuchtigkeit so aufsaugt, dass sich die Windel trocken anfühlt. Dadurch geht den Kindern das Nässe-Gefühl verloren. Das ist bei Stoffwindeln anders, da sprechen wir vom sogenannten Nässe-Feedback“, so die 23-Jährige.

Erstmal ausprobieren – Stoffwindelexpertin vermietet Probierpakete

Bauer arbeitet händlerfrei und markenunabhängig. Sie hat inzwischen Erfahrungen mit allen gängigen Modellen und Marken gemacht und vermietet Stoffwindelpakete, die die Eltern ausprobieren können, bevor sie sich für das Passende entscheiden. Denn nicht jede Windel passt zu jedem Kind, aber die Expertin ermutigt: „Für jedes Baby gibt es die passende Windel. Man muss sie nur finden“.

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Eltern, die sich für Stoffwindeln entschieden haben, konnten ab Juli 2023 einen Zuschuss von bis zu 100 Euro für die Anschaffungskosten bei der Stadt Mannheim beantragen. Der Förderzeitraum wurde bis 30. Juni 2024 verlängert. Bauer befürwortet solche Fördermaßnahmen und würde sich eine erneute dauerhafte Verlängerung Mehrwegwindel-Bonus wünschen, um Eltern die Entscheidung für die nachhaltige Stoffwindel zu erleichtern.

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