Garten-Kolumne

"Ikebana ist vielmehr als nur Blumenstecken"

Für die japanische Blumenkunst Ikebana interessieren sich auch hierzulande immer mehr Menschen. Nicht nur, weil sie so reduziert und umweltschonend ist, sondern auch, weil Achtsamkeit dabei eine große Rolle spielt.

Von 
Daniela Hoffmann
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Ikebana: hübsch, reduziert und umweltschonend. © Ikebana Bundesverband

Bei Edeltraut Kokocinski steigt die Vorfreude, aber auch das Arbeitsaufkommen. Mails müssen verschickt, Telefonate geführt, Vorbereitungen für die Schau „Himmel, Erde, Mensch“ getroffen werden. Diese zeigen der Ikebana Bundesverband und der Bonsai-Club Deutschland vom 29. Juli bis zum 6. August bei der Mannheimer Bundesgartenschau (Buga).

An diesem Morgen treffe ich die Ikebana-Meisterin in ihrem Garten im pfälzischen Wachenheim. Sie hat sich in all dem Trubel Zeit genommen für eine Tasse Tee auf der Terrasse und weiht mich ein wenig in die japanische Kunst des Blumensteckens ein.

Die ursprünglich aus Hamburg stammende Frau hat Ikebana sechs Jahre lang in Tokyo studiert. „Der Begriff bedeutet etwa so viel wie ,Blumen zu neuem Leben erwecken’“, erklärt sie mir – mit einem Blick auf die Seerosen, die in ihrem Teich blühen, und an dessen Rand eine sitzende Buddha-Statue ihren Platz gefunden hat.

Tatsächlich geht der Ursprung des Ikebana auf das rituelle Blumenopfer in buddhistischen Tempeln zurück. „Um 600 nach Christus brachten Mönche diese meditative Form des Blumenarrangierens von China nach Japan, wo diese Kunst perfektioniert wurde“, erläutert die Fachfrau.

Dem dortigen Adel gefiel die blühende Kunst und er schmückte seine Schlösser mit großen, prachtvollen Arrangements. Bis im 17. Jahrhundert ein Teemeister diese Art des Blumenschmucks auch anderen Schichten zugänglich machen wollte. „Dadurch wurde Ikebana einfacher und reduzierter – so wie man es inzwischen überall kennt“, sagt die Wahl-Pfälzerin.

Bei der japanischen Kunstform geht es allerdings um mehr als nur um das bloße Stecken von Blühendem. Ikebana ist auch ein Studium zum Finden der eigenen Harmonie und Ausdrucksfähigkeit. „Ein achtsamer Umgang mit Pflanzen ist dabei genauso wichtig wie achtsam mit sich selbst umzugehen“, betont Edeltraut Kokocinski mit Nachdruck.

„Und welche Materialien dürfen beim Fertigen der Arrangements verwendet werden?“, will ich wissen. „Typisch sind doch vor allem die geschwungenen Zweige. . .“

„Auch Wurzeln oder trockene Äste, denn diese können eine Linienführung vorgeben, die bei Ikebana wichtig ist“, meint die Kennerin. Daher gelte es beim Sammeln von Material mit wachen Augen durch die eigene Region zu gehen, diese genau zu betrachten und deren Schönheit aufzunehmen. Denn die Landschaft und ihre Proportionen sollen sich später auch in dem neu entstehenden Blumenarrangement widerspiegeln.

„Hört sich nicht so einfach an“, sage ich und die Expertin nickt. „Das ist tatsächlich nichts, was man von heute auf morgen lernen kann“, sagt sie. Trotzdem lasse sich wieder ein steigendes Interesse an der floralen Kunst aus Fernost feststellen. „Vielleicht gerade, weil sie so reduziert und damit umweltschonend ist“, überlegt die Meisterin.

In Schnupperkursen und Vorträgen wollen Edeltraut Kokocinski und andere Mitglieder des Bundesverbandes die Besucherinnen und Besucher auf der Buga in die Welt des Ikebana mitnehmen, ihnen ein paar Handgriffe zeigen. 100 Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz kommen dafür zusammen. „Bis dahin bleibt eine Menge zu tun“, sagt Edeltraut Kokocinski, während sie in die Sonne blinzelt und sacht über eine Hortensienblüte in ihrem Garten streicht.

Die Autorin

Daniela Hoffmann ist seit 2001 Redakteurin beim Mannheimer Morgen und lebt in der Pfalz auf einem ehemaligen Winzerhof. Dort ist Gärtnern zu ihrem Hobby geworden. Von Pflanz-Experimen-ten, Begegnungen mit Profi-Gärtnern, Floristen, Landwirten und Naturschützern erzählt sie in ihrer Kolumne.

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