Maritimes Flair an den Perlen der Ostsee

Wenn eine Flusskreuzfahrt zur Seekreuzfahrt wird: Unterwegs mit der MS „Katharina von Bora“ auf der Havel und der Oder

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Wahrhaft beeindruckend sind die Kreidefelsen auf Rügen – nur eine Station auf der Flusskreuzfahrt von Potsdam und der Havel nach Stralsund an der Ostsee. © Timo Roth

Der Wind, der Wind: Die Passagiere im Salon reden vom Wind, der die Wellen an die Fenster peitscht, andere genießen auf dem Sonnendeck die frische Brise, die ihnen um die Nase weht und die Segelboote antreibt, von denen es immer mehr werden. Das Flusskreuzfahrtschiff „Katharina von Bora“ ist auf dem Stettiner Haff zur Ostsee unterwegs. Es kann aber auch ganz gemütlich sein, wenn das Schiff auf dem Fluss fährt und das neue Schiffshebewerk Nord in Niederfinow passiert.

Die Sonne glitzert in der Havel, während die Flusslandschaft in Zeitlupe vorbeizieht. Über den Baumwipfeln drehen Fischreiher und Kormorane ihre Runden. Mit einer gemächlichen Geschwindigkeit von 18, manchmal sogar weniger Kilometern pro Stunde und zahlreichen Landgängen führt die Reise über die Havel, den Oder-Havel-Kanal und die Oder bis zur Ostsee.

Neben Seerosenteppichen gleiten Schwäne durchs Wasser, Libellen verstecken sich in den langen Schilfreihen, die am Ufer meterhoch wachsen. Es geht in das „Unesco-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin“, das größte zusammenhängende Waldgebiet innerhalb Deutschlands.

Wunderwerk der Technik

Von Bäumen umrankt, an der Grenze des Barnim zur Niederungslandschaft Oderbruch, erhebt sich die Ruine des ehemaligen Zisterzienserklosters Chorin. In der Mittagssonne leuchten die roten Backsteingiebel. Lilien- und Weinblätterranken, Formsteinfriesen und Gewölbekonsolen schmücken die Westfassade der dreischiffigen Klosterkirche. Im Westflügel sind an den Wänden Malereien aus dem frühen 14. Jahrhundert.

Einige Kilometer entfernt steht das Meisterwerk der Technik: Das Schiffshebewerk Niederfinow Nord, dass neben dem aus dem Jahr 1934 erbauten Fahrstuhl für Schiffe, seit Oktober 2022 im Betrieb ist. Einige Gäste schwärmen aus und besichtigen die beiden Kolosse aus Stahlstreben von außen. Andere lassen sich mit dem Schiff wie in einer Badewanne in einem Aufzug von oben nach unten transportieren und überwinden in nur wenigen Minuten einen Höhenunterschied von 36 Metern.

Die Reise führt nach Stettin. Viele zieht es zur Hakenterrasse, dem Wahrzeichen der Stadt. In der Nähe des Hafens ragt das Schloss der Herzöge von Pommern aus dem 14. Jahrhundert in die Höhe. Noch mehr Geschichte gibt es auf dem Heumarkt. Ganz gemütlich kann man durch die Gassen der kleinen Altstadt spazieren und in Ruhe das alte Rathaus mit dem gotischen Ziergiebel bestaunen, das neben bunten Häusern steht, die sich an historischen Vorbildern orientieren.

Während einer Flussfahrt gibt es normalerweise keine großen Wellen oder starken Wind. Im Stettiner Haff ist es erst einmal mit der Ruhe vorbei. Auf dem Weg zur Ostsee erheben sich die Wellen und das Schiff gerät ins Schaukeln. An Deck kann man den salzigen Duft des Meeres einatmen.

Auf zum Sandstrand

Die Insel Wollin ist wegen ihrer feinen und breiten Sandstrände und dem traditionsreichen Seebad Misdroy bekannt. Eichen, Buchen und Ahornbäumen, Kiefern und Fichten sind im Nationalpark, der sich über einen Großteil der Insel erstreckt. Seeadler, Kraniche und Rohrdommeln und Rehe haben hier ihr Zuhause. Das Meer hat sich beruhigt, ein bisschen Wind weht noch, so das die Segelschiffe die „Katharina von Bora“ bis nach Wolgast und zur Insel Usedom begleiten.

Im Ostseebad Heringsdorf nahm der Badetourismus seinen Anfang. Ob der Oberforstmeister von Bülow im Jahr 1825 ahnte, welche Auswirkungen der Bau des ersten Logierhauses auf einem 34 Meter hohen sandigen Hügel auslösen würde? Bis zum Ende des Jahrhunderts ist aus der einstigen Fischerkolonie ein beliebtes Urlaubsziel geworden, das wegen des häufig schönen Wetters auch „Sonneninsel“ genannt wird. Heringsdorf zählt auch heute noch zu den beliebtesten Urlaubsorten an der Ostsee.

Weiter auf Fahrt geht es Richtung Rügen. In Binz, dem größten Seebad der Insel, stehen zahlreiche historische Villen verschiedener Stilrichtungen. Der Sand auf dem fast sechs Kilometer Strand schimmert in einem strahlenden Weiß, das an die Strände der Südsee erinnert. Bei kühlerem Wetter lädt die gut vier Kilometer lange Strandpromenade zum Flanieren ein. Zwischen den Buchenwäldern im Nationalpark Jasmund leuchten die weißen Kreidefelsen. Das Unesco-Weltnaturerbe ist auch für seine vielfältige Tierwelt bekannt. Seehunde leben in den Gewässern rund um die Insel.

Das Schiff kreuzt auf dem Bodden Richtung Greifswald. Malerisch liegt die Stadt im Sonnenlicht des Nachmittags. Während der Einfahrt in den Hafen von Stralsund erstrahlt ein weißes Gebäude in der Skyline, das sich zwischen den historischen Speichern auf der nördlichen Hafeninsel erhebt. Anstelle von traditionellen Segeln aus Leinen schmücken geformte Stahltafeln in heller Farbe die Außenfassade des Ozeanums. Diese künstlich geblähten Segel dienen als Symbol für vergangene Zeiten, als der Hafen von Stralsund noch ein geschäftiger Umschlagplatz für Güter war. Drinnen bekommt man keine nassen Füße, wenn man auf Entdeckungsreise durch die Welt der Nord- und Ostsee läuft. In riesigen Meerwasseraquarien schwimmen Heringsschwärme, Hornhechte, Seehasen und Ohrenquallen. Auf dem Dach warten Pinguine auf die Besucher. Und ganz nebenbei gibt es einen guten Blick auf die Altstadt.

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