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So war das Jubiläumskonzert von Robbie Williams in der Frankfurter Festhalle

"25 years of hits" hat der britische Sänger Robbie Williams hinter sich. Seine Jubiläumstour erzählt seine Lebensgeschichte musikalisch nach. Dass er immernoch Spaß an der Musik hat, hat er in Frankfurt bewiesen

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Markus Mertens
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Immer für einen Spaß zu haben - der 49-Jährige zeigte beim Konzert in Frankfurt auch seine freche Seite. © Markus Mertens

Frankfurt. „Es gibt nur einen Weg, wie du Menschen als Künstler wirklich unterhalten kannst: Du musst dein Publikum lieben.“ So wird es Robbie Williams in der Frankfurter Festhalle sagen – und damit bereits nach vier Minuten und 28 Sekunden eine Liebeserklärung abgeben, die weit mehr als einen Abend reicht. Denn ohne Zweifel kann man einen Song wie „Let Me Entertain You“ mit all seiner Kraft und Leidenschaft ganz allgemein als Eröffnung von Maß und Effekt beschreiben. Bei genauerer Ansicht liefert allein die wörtliche Übersetzung des Titels tiefere Einsichten: „Erlaubt mir, euch zu unterhalten.“ Es ist ein Gesuch, ja, ein Antrag, den Robbie Williams in seinem allerersten Album „Life Thru A Lense“ 1998 in die Welt hinausgab – um wenig später auf das Ja-Wort hunderter, tausender und bis heute schließlich Millionen von Fans zu treffen.

Robbie Williams ist gekommen, um zu bleiben

Wenn wir so wollen, ist es ein Pakt für’s Leben, den Williams durch diese Nummer mit seinen Anhängern schloss. Denn lange, bevor heutige Pop-Größen wie Miley Cyrus, Taylor Swift oder Rihanna, aber auch männliche Ikonen wie Bruno Mars, Justin Bieber oder Adam Lambert auch nur an Bühnenkarrieren dachten, stürmte er schon die Charts – und eroberte sich die Herzen seiner Fans. Auch vor diesem Zeichen lässt sich das Gastspiel der XXV Tour an diesem Abend in der hessischen Metropole lesen. Denn während es zahlreiche seiner Konkurrenten – neben der Musik – auch auf den schnellen Ruhm zwischen Social Media und Yellow Press abgesehen hatten, war Williams gekommen, um zu bleiben. Als Künstler, an den man sich in all seiner Expressivität erinnern sollte.

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Robbie Williams in der Frankfurter Festhalle

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Dementsprechend fürstlich gekleidet, schreitet ein sichtlich gut gelaunter Protagonist im goldenen Zwirn samt Kristallbesatz auf die Bühne, die ihm die Welt bedeutet, um die Geschichte einer Verbindung zu erzählen, die jeder einzelne Fan in den zurückliegenden 25 Jahren für sich selbst schrieb, ohne seine zu kennen. Doch in diesen zwei Stunden geschieht genau das. Der frischgebackene 49-Jährige gewährt einen Blick in sein eigenes akustisches Poesiealbum – und bringt seine Fans damit ins Schwärmen. Nummern wie „Stronger“ (1999), „Rock DJ“ (2000) oder „Feel“ (2002) beschreiben die ersten großen Kapitel des Ruhms, die von einer thematischen Klammer zwischen „Feel“ (1998) und „Candy“ (2012) umarmt werden. Bei keinem dieser Songs, das spürt man in Frankfurt, bräuchte Robbie Williams auch nur eine Zeile zu singen, denn zumindest das erste, unglaublich textsichere Drittel der Halle singt jede Chorus-Silbe und jeden Refrain-Reim mit, als sei er fest in die Erinnerung eingestanzt.

Robbie Williams schließt die schweren Kapitel seiner Karriere mit ein

Wie bei jedem festlichen Anlass reißt auch diese melodische Silberhochzeit einer erstaunlichen Liebesbeziehung zwischen kreativem Schöpfer und akustisch Beschenktem nicht jeden einzelnen der Gäste vom Stuhl. Doch, wie in jeder Ehe, setzt Williams auf die Bannkraft der Formel „In guten, wie in schlechten Zeiten“ – und schließt die schweren Kapitel seiner Biographie konsequent mit ein. Erzählt von Depressionen. Sinniert über Momente, „in denen mir diese Welt einfach nur zu viel war.“ Offenbart Augenblicke, in denen ihm, von Skandalen erschüttert, die Luft zum Atmen fehlte. Und macht damit auch den verletzlichen Menschen sichtbar, für den die Weltaufmerksamkeit nicht nur Sonnenschein mit sich brachte. Die Kunst ist, dass sich ein routinierter Protagonist wie Robbie Williams deshalb nicht in den Tälern der Depression versteckt, sondern mit dem Oasis-Cover „Don’t Look Back In Anger“ vielmehr den Kampf eines entschlossenen Liebenden mit Leben füllt, der sich den Gipfel von Lebenslust und Glückseligkeit mit aller Entschlossenheit zurück erkämpfte („Love My Life“).

Das Ergebnis ist ein Robbie Williams, der rückblickend selbst über Take That-Videos mit seinem blanken Gesäß lachen kann, sich an seinen eigenen Kindern erfreut, die er einst mit Kylie Minogue nur besang („Kids“) und über die Strahlkraft seiner Hits staunt, von denen nicht nur einer wie für die Ewigkeit geschmiedet zu sein scheint („Eternity“).

Bei all dem kann sich die Weltbekanntheit, die Williams wurde, auf alles verlassen, was das showtechnische Instrumentarium nur hergibt. Eine Band, die über jeden Zweifel erhaben zwischen jazzigem Bläser-Sound, andachtsvollem Streicherklang und ausgelassener Funk-Attitüde changiert. Ein ganzes Ensemble aus Tänzerinnen, die sich auf schwungvolle Discofox-Drehungen nicht weniger versteht wie auf einen attraktiven Hüftschwung. Und nicht zuletzt eine Bühne, die vom Scheinwerferlicht ebenso in zartes Sternenfunkeln wie in Schwarzlicht-Laser-Harmonien getaucht wird. Doch was entscheidend ist: Selbst, wenn all diese Effekte und Begleiterscheinungen nicht wären: Ein furioser Robbie Williams bliebe – und gälte auch allein – für jeden Funken Applaus, an diesem Abend und seit 25 Jahren.

Freier Autor

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