Comedy-Kritik

Der Tod im Mannheimer Capitol: Keiner ist gestorben vor Lachen

In Zeiten von Krieg und Pandemie sollte Der Tod als Comedy-Star kein leichtes Spiel haben - in Mannheim beweist der Berliner Kuttenträger das Gegenteil

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Erstaunlich charmant, ja beinahe niedlich: Der Tod im Mannheimer Capitol. © Klotz

Mannheim. Ist Der Tod witzig? Ein Comedy-Star? Man mag es kaum glauben nach gut drei Jahren Pandemie, fast zwölf Monaten Ukraine-Krieg und Schicksalsschlägen im privaten Umfeld, die sich mit fortschreitendem Alter nun mal häufen. Trotzdem ist Lachen auch deshalb gesund, weil es sogar im Umgang mit dem Tragischen Trost und positive Energie spenden kann. Oder einfach unterhalten.

2013 beim 1. Mannheimer Comedy-Cup

Mit dieser Hoffnung sind immerhin 200 Leute am Freitagabend ins Capitol gekommen, um mit dem Comedian namens Der Tod sein zehntes Bühnenjubiläum zu feiern. Das jetzt auch schon wieder ein Jahr her ist. 2013 hatte er hier seinen ersten Auftritt - beim 1. Mannheimer Comedy-Cup mit harter Konkurrenz (Torsten Sträter, Altmeister Thomas Nicolai und Gewinner Ingmar Stadelmann).

Niedliche Schreckensgestalt

Das Programm des Berliners ist als „Best of“ deklariert - und wurde wegen Corona in „Pest of“ umbenannt. Die Einstimmung ist subtil. Vor dem Auftritt laufen einschlägige Lieder. Etwa Ennio Morricones Titelmelodie aus „Spiel mir das Lied von Tod“. Oder „(Don’t Fear) The Reaper” von Blue Oyster Cult. Dann tritt Der Tod ein. Pünktlich im 20 Uhr, nach einem Countdown wie auf der Intensivstation und zu einer Metal-Nummer im Bülent-Ceylan-Stil. Unter der schwarzen Kutte steckt allerdings kein grimmer Schnitter. Das erste, was man vom Tod hört, ist zwar ein bedrohliches Röcheln à la Darth Vader. Seine hohe, sich gern ins Piepsige überschlagende sorgt aber schon für den ersten Lacher beim todesmutigen Publikum - ganz schön niedlich diese Schreckensgestalt.

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Berlin-Wahl als Handlungsauftrag?

Und anfangs ziemlich aktuell und politisch für ein Comedy-Best-of. Seine Wahlheimat Berlin sei die einzige Stadt, wo er mit Kutte und Sense rumlaufen könne - und noch zu den Normaleren gehöre. „Wir haben ja letzte Woche gewählt. Wir machen das jetzt öfter“, witzelt die Kunstfigur, dessen Darsteller anonym zu bleiben beliebt. Was bei der Senatswahl rausgekommen ist, wisse man noch nicht genau. Nur dass die Über-60-Jährigen sie entschieden hätte. Nun sei die große Frage: „Geht daraus ein Regierungsauftrag für die CDU hervor - oder ein Handlungsauftrag für mich?“ Man müsse auch keine Angst haben, er sei doppelt geimpft, fünffach geboostert und frisch genesen: „Ich bin für euch heute Abend der sichere Tod.“

Auf den schrillsten Lacher von hinten links reagiert er trocken: „Geht’s oder soll ich kommen?“ Auch zu den Silvester-Krawallen hat er einen typisch tödlichen Gag parat: „Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass es eine grandiose Idee ist, betrunkenen Menschen einmal im Jahr die Möglichkeit zu geben, mit Sprengstoff zu hantieren. Das hat sich bewährt.“. Aus seiner Sicht ist das lustig. Und es funktioniert bei der immer befreiter lachenden Kundschaft auch. Darunter viele Wiederholungstäter, was den Tod etwas verwundert: „Kundenbindung ist eigentlich meine Schwäche.“

Charmant trotz makabrem Kontext

Schnell wird klar: Trotz makabrem Kontext setzt dieser Wortspielmeister seine Pointen charmant, locker und - nun ja - mit tödlicher Präzision. Obwohl unter der Kutte nicht der Hauch von Mimik zu sehen ist, trägt das die kompletten zwei Stunden. Bilder, Filmchen, ein lebensverlängerndes Live-Quiz und viel Totentanz sorgen für genug Abwechslung. Und die Song-Einlagen räumen richtig ab. Vor allem „Ein Stein, der deinen Namen trâgt“, „Sensenmänner“ frei nach Herbert Grönemeyer oder die Hymne auf Gruftmama „Layla“. Gegen Ende lässt er quälend langsam Luft aus aufblasbaren Sensen. Eine Art Entspannungsübung mit Botschaft: Das sei wie im Leben. Man denke, da müsse doch noch was kommen, damit alles Sinn ergebe. „Aber nein - und wenn man das gedacht hat, dann ist es vorbei.“ Schöner Schlusspunkt, viel Applaus - und totgelacht hat sich auch keiner.

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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