Er zählte zu den zurückhaltend agierenden Darstellern, jedenfalls was sein Mienenspiel betrifft. Prägnant ins Bild gesetzt sieht man das in einer entscheidenden Szene des heute noch bekanntesten Films, in dem Charles Bronson eine Hauptrolle prägte. In Sergio Leones Westernklassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ steht er gegen Ende dem fiesen, mit Henry Fonda herrlich gegen den Strich besetzten Ganoven Frank zum Duell gegenüber. Strahlend blau leuchten Franks Augen in Großaufnahme, seine Mimik bestätigt zunehmende Nervosität. Dagegen wirkt der namenlose Revolverheld, den Bronson gibt, fast teilnahmslos; ruhig blickt er mit glanzlosen graublauen Augen den Mann an, der bald sein Opfer werden wird.
So oder ähnlich hat Bronson, der am 3. November vor 100 Jahren geboren wurde, oft agiert. Den Typus des harten Mannes, der im amerikanischen Kino lange zum Standardpersonal zählte, hat er wie kein anderer verkörpert. Mit Leones Western aus dem Jahr 1968 wurde Bronson zum Star, seitdem war er die Idealverkörperung des heute eher unzeitgemäß wirkenden Typus, der freilich immer noch auf die Leinwand kommt. Mit wenigen Prinzipien kommt so einer aus, ist Einzelgänger, zeigt kaum Gefühle und sinnt brutal auf Rache und Genugtuung, wenn man ihm unrecht tut.
Als einsilbiger und buchstäblich zupackender Kerl ist Bronson in seinen Filmen bekanntgeworden. Nur wenige Worte benötigte er auch, um sich selbst über seine äußere Erscheinung zu charakterisieren: „Ich sehe aus wie ein Steinbruch, in dem eine Ladung Dynamit explodierte“, hat er gesagt. Das war natürlich übertrieben, traf die Sache aber dennoch irgendwie. Entsprechend drehen sich Bronsons Filme zwar vor allem um sich selber und immer wieder um die Gefährdung persönlicher Entfaltungsräume, sie gehen an der Wirklichkeit aber nicht vorbei: Sie gestalten (und überzeichnen) ein Stereotyp moderner Befindlichkeit.
Bronson war der schweigsame Mundharmonikaspieler in „Spiel mir das Lied vom Tod“ und der Selbstjustiz übende Architekt im umstrittenen Thriller „Ein Mann sieht rot“, der 1974 sehr erfolgreich in den Kinos lief. In beiden Rollen war er der Rache-Engel, doch ist er noch vieles mehr gewesen, immerhin wirkte Bronson in fast 100 Filmen mit. Meistens mimte er den verschlossenen Einzelgänger, und der konnte ebenso gut ein vom Pfad der Tugend abgekommener Zeitgenosse sein wie von vornherein auf der Seite des Bösen stehen.
Dass er so überzeugend Menschen verkörperte, die rücksichtslos ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen, mag dem Schauspieler in die Wiege gelegt gewesen sein: Der 1921 unter dem Namen Charles Dennis Buchinsky geborene Darsteller war das elfte von 15 Kindern einer aus Litauen eingewanderten Arbeiterfamilie; um sich von dort nach oben zu arbeiten, war Durchsetzungswille wohl bitter nötig gewesen.
Untypisch für Hollywood
Mit seinem breiten Gesicht und den schmalen Augen fehlte Bronson das typische Aussehen eines Hollywood-Stars. Doch das machte er mit seinem Auftreten wett – den Regisseur John Huston erinnerte es an „eine Handgranate unmittelbar vor der Explosion“.
In den 1970er Jahren wurde Bronson einmal als „populärster Schauspieler“ mit einem Golden Globe geehrt. Unter seiner rauen Schale verberge er einen weichen Kern, „eine enorme Tiefe an Gefühlen“, hat seine zweite Ehefrau, die Schauspielerin Jill Ireland, über den Schauspieler gesagt. 81-jährig starb Bronson im Jahr 2003 in Los Angeles.
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