Der neue Film - Die Feministin Sally Alexander, gespielt von Keira Knightley, steht im Zentrum von „Misswahl – Der Beginn einer Revolution“

Keira Knightley kämpft an der Front für die Sache der Frau

Von 
Gebhard Hölzl
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Sieht sich täglich chauvinistischen Bemerkungen ausgeliefert: Die engagierte Studentin der Geschichte Sally Alexander, gespielt von Keira Knightley. © eOne Germany

Ein weiterer Beitrag zur #MeToo-Bewegung: „Die Misswahl - Der Beginn einer Revolution“. Zunächst Archivaufnahmen einer USO-Show - die United Service Organizations, 1941 von Präsident Franklin D. Roosevelt ins Leben gerufen, hat die Aufgabe, US-Militärangehörige bei Laune zu halten. Bob Hope (1903-2003), regelmäßig verpflichtet, amüsiert zum Höhepunkt des Vietnamkriegs Soldaten mit schlüpfrigen Witze. Dann kündigt der Komiker „Miss World“ 1969 an, die Österreicherin Eva Rueber-Staier. Die Menge tobt. Fotoapparate klicken. Die Schönheitskönigin stöckelt über die Bühne, kichert, wirft Kusshändchen.

Schauplatzwechsel. In London sieht sich Sally Alexander (Keira Knightley), engagierte Studentin der Geschichte, tagtäglich mit den chauvinistischen Vorurteilen konfrontiert. Zu Beginn der 1970er Jahre sollen sich Frauen um ihr Aussehen und ihre Ehemänner kümmern. Nicht einmal ein Konto dürfen sie ohne deren Einwilligung eröffnen. Kinder, Kirche, Küche … Das ist auch im Sinne ihrer Mama (Phyllis Logan). Ganz zu schweigen von ihrem Dozenten, der sie fragt, welches Thema sie für ihre Dissertation ins Auge gefasst hat. Über die Rolle der Frau in der Arbeiterbewegung will sie promovieren. „Ein Nischenthema“, findet der Professor. Sie möchte doch bitte etwas mit mehr Substanz bearbeiten.

Eine wahre Geschichte, die erzählt, wie es das „Women’s Liberation Movement“ (WLM), sprich Vertreterinnen der Frauenrechtsbewegung, über Nacht in die Schlagzeilen schafften. Am 20. November 1970 hatten sich Aktivistinnen Eintrittskarten für die Royal Albert Hall besorgt - im Film „Princess Theatre“ genannt. Die Misswahlen, von der BBC weltweit übertragen, fanden hier statt. Während der Veranstaltung sprangen sie auf, protestierten lautstark und bewarfen den verdutzten Zeremonienmeister mit Mehlbeuteln. Als Viehmarkt - die Damen, die um den Beauty-Titel ins Rennen gingen, trugen zwecks Unterscheidung nummerierte Plaketten am Handgelenk - sahen sie die Show, Unterdrückung und Patriarchat prangerten sie an. Rund 100 Millionen TV-Zuseher wurden Zeuge, wie Co-Moderator Hope sein Heil in der Flucht suchte. Ein Meilenstein im Kampf um Gleichberechtigung, der das Bewusstsein für Sexismus schärfte.

„Wir sind nicht schön, wir sind nicht hässlich, wir sind wütend!“, skandieren die Feministinnen. Nicht das Aussehen zählt, sondern (innere) Werte. Auf vier Protagonistinnen konzentrieren sich Regisseurin Philippa Lowthorpe, für „Call the Midwife - Ruf des Lebens“ als erste Frau mit einem BAFTA in der Kategorie Fernsehen ausgezeichnet, und ihre Drehbuchautorin Rebecca Frayn („The Lady - Ein geteiltes Herz“).

Frauen gegen Männer heißt es

Mit der rebellischen Jo Robinson (Jessie Buckley) und deren Wohngemeinschaftsgenossinnen tut sich die geschiedene Sally, Mutter einer Tochter, zusammen. Auf Seite der Frauen, die den Wettbewerb als Chance für einen gesellschaftlichen und somit wirtschaftlichen Aufstieg sehen, interessieren sie sich für „Miss Grenada“ Jennifer Hosten (Gugu Mbatha-Raw ) oder Pearl Janssen (Loreece Harrison), Vertreterin des „schwarzen“ Südafrika. Was die politisch brisanten Komponenten Herkunft und Hautfarbe ins Spiel bringt.

Fürs verkrustete Establishment, das keine Veränderungen wünscht, stehen der schlitzohrige Schürzenjäger Bob Hope (Greg Kinnear) sowie der geschäftstüchtige Macho und „Miss World“-Erfinder Eric Morley (Rhys Ifans). Mit ihren aufgeschlossenen, cleveren besseren Hälften, Dolores (Lesley Manville) respektive Julia (Keeley Hawes), liegen sie sich stets in den Haaren. Frauen gegen Männer heißt es, Stagnation gegen Fortschritt, wobei die Filmemacherin - die natürlich für ihre Heldinnen Partei ergreift - über keine ihrer Figuren urteilt oder gar lustig macht und stets bemüht ist, objektiv zu bleiben. Sicherlich eine Qualität, zugleich aber das Manko der Produktion, die sich zudem mit zu vielen Themen, darunter Generationskonflikt, Diversität und Apartheid, beschäftigt.

Dennoch ist der Unterhaltungswert trotz aller Ausgewogenheit groß. Dank der nuanciert agierenden Darsteller, allen voran die strahlende Mbatha-Raw („The Morning Show“) und der herrlich linkische Ifans („Notting Hill“). Nur die über weite Strecken ungeschminkte Knightley („Colette“) bleibt merkwürdig blass, wohl weil das Skript ihr - wie ihrer hemdsärmeligen Mitstreiterin Jo - zu wenig Profil gibt. Ins Auge stechen das sorgsamen Produktionsdesign und die tollen Kostüme. Der Look ist schlichtweg großartig, der Ton insgesamt getroffen, nur etwas mehr „Misbehaviour“ (= Ungezogenheit), so der Originaltitel, seitens der Frauen hätte man sich für diese Tragikomödie gewünscht. Das ist jedoch schon wieder männliches Wunschdenken.

Keira Knightley – „Herzogin“ und Herzblatt

  • Anfänge: Sie kämpft mit Piraten, spielt Fußball wie Ronaldo und betört durch ihre erotische Ausstrahlung: Keira Knightley. Zwei Filme machten sie zum Weltstar, der Rasen-Spaß „Kick It Like Beckham“, da ging sie noch zur Schule, und das Piratenabenteuer „Fluch der Karibik“.
  • Oscarnominierung: Unirdisch schön und grazil ist die 1985 in London geborene Tochter des Schauspielers Will Knightley und der Theaterautorin Sharman Macdonald – ob im modernen Wickeltop oder viktorianisch gewandet in „Stolz und Vorurteil“. Für ihre Rolle in letztgenannter Jane-Austen-Verfilmung wurde die ausgebildete Tänzerin 2006 für einen Oscar nominiert, 2015 noch einmal als Codeknackerin in „The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben“.
  • Historienfilme: Gerne begibt sich Knightley auf historisches Terrain, an der Liebe leidend als „Die Herzogin“ oder als Amazone in „King Arthur“. Besonders gefragt bleibt der Fan des Fußballteams West-Ham-United jedoch in der Rolle als Traumfrau, als tragische Tolstoi-Heldin in „Anna Karenina“, als gestrenge Ärztin in „Jack Ryan – Shadow Recruit“ oder als französische Schriftstellerin „Colette“.
  • Privat: Inzwischen ist Keira Christina in festen Händen, 2013 hat sie den Klaxons-Sänger und Keyboarder James Righton geheiratet. Das Paar hat zwei Töchter. 
„Die Misswahl - Der Beginn einer Revolution“

Keira Knightley kämpft in neuem Film an der Front für die Sache der Frau

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Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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