Kino

Idris Elba in "Beast": Mensch gegen Natur

In „Beast - Jäger ohne Gnade“ wird Idris Elba in der Savanne Südafrikas von einem Löwen gejagt. Regisseur Baltasar Kormákur schneidert für das alte Survival-Thema ein typisches B-Picture-Gewand

Von 
Gebhard Hölzl
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Muss sich und seine beiden Töchter gegen einen blutrünstigen Löwen verteidigen: Idris Elba als Dr. Nate Samuels im Film „Beast“. © Lauren Mulligan/Universal Studios/dpa

Baltasar Kormákur legt mit der Liebeskomödie „101 Reykjavík“ seinen von der Kritik gepriesenen Spielfilmerstling vor, 2012 gibt er mit dem Action-Krimi „Contraband“ sein überzeugendes Hollywood-Debüt. Es folgt der bleihaltige Boxoffice-Hit „2 Guns“ mit Denzel Washington und Mark Wahlberg. Als Produzent seiner Firma RKV Studios ist er erfolgreich tätig und gelegentlich als Drehbuchautor. So etwa bei „The Deep“ (2012), der auf wahren Begebenheiten basierenden Geschichte eines Fischers, der im eisigen Atlantik zu erfrieren droht, oder der TV-Serie „Katla“ (2021), in der eine Frau nach ihrer nach einem Vulkanausbruch vermissten Schwester sucht.

In die Savanne Südafrikas geht es bei seinem aktuellen Survival-Abenteuer „Beast - Jäger ohne Gnade“. Geboten bekommt man ein typisches B-Picture, aufbereitet im A-Look, was nicht zuletzt den farbstarken Bildern von Oscar-Preisträger Philippe Rousselot („Aus der Mitte entspringt ein Fluß“) zu verdanken ist. Nach dem (Krebs-)Tod seiner Frau reist Dr. Nate Samuels (Idris Elba) - von Albträumen geplagt - an den Ort, wo er sie einst kennenlernte: ins entlegene Reservat seines alten Freundes Martin Battles (Sharlto Copley), der vor Ort als Biologe tätig ist. Der Trip soll ihn mit seinen entfremdeten Teenager-Töchtern Meredith (Iyana Halley) und Norah (Leah Jeffries) aussöhnen und ihnen allen die Möglichkeit geben, ihren schweren Verlust zu verarbeiten. Im chaotischen Haus ihres Gastgebers richtet man sich ein - so gut es eben geht. Moniert doch Norah gleich, dass es kein WLAN-Netz gibt und sie sich so von der Umwelt abgeschnitten fühlt. Ein erster Hinweis darauf, mit welchen Problemen sich die Familie fortan konfrontiert sieht.

Idris Elba

  • Als Russell „Stringer“ Bell, Consigliere einer Drogengang, machte er sich in der Krimiserie „The Wire“ einen Namen: Idris Elba. Zum Star avancierte er 2010 als Chefinspektor „Luther“. Einen Golden Globe gewann er für den Titelpart der BBC-Reihe, für einen Emmy Award wurde er nominiert – ebenso wie für seine Rolle in „The Big C“.
  • Elba, der lange als schwarzer James Bond gehandelt wurde, weiß auch im Kino zu überzeugen. Etwa als Asen-Gott Heimdall der „Thor“-Abenteuer, als Kapitän von Ridley Scotts Raumschiff „Prometheus“ oder Kleinkrimineller in Guy Ritchies Gangsterkomödie „Rock’N’Rolla“.
  • Elba, der mit „Yardie“ (2018) sein Kinoregiedebüt gab und demnächst in der „Aladin“-Variante „Three Thousand Years of Longing“ zu sehen ist, wurde 1972 im Londoner Stadtteil Hackney als Sohn eines Vaters aus Sierra Leone und einer Mutter aus Ghana geboren. Er arbeitete als DJ, schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch und debütierte 1994 in einer Episode von „2point4 Children“ als Schauspieler.

Der Kampf ums Überleben

Zum Fotografieren geht’s zunächst, Meredith frönt demselben Hobby wie ihre Mutter. Ein Löwenrudel wird abgelichtet. Nächste Station ist ein Dorf, in dem Battles etwas zu erledigen hat. Totenstille herrscht. Wie ausgestorben scheint es. Bis das Quartett eine schreckliche Entdeckung macht. Sämtliche Bewohner sind Opfer eines Löwen geworden. Er scheint es bewusst auf Menschen abgesehen zu haben, nachdem er der Falle brutaler Wilderer - mit der entsprechenden Sequenz eröffnet das Drama - entkommen ist. Und sein Blutdurst scheint noch immer nicht gestillt. Der Beginn eines verzweifelten Überlebenskampfs.

Homo sapiens gegen Bestie, Intelligenz gegen Instinkt. Geschickt jongliert Kormákur nach dem schnörkellosen Drehbuch von Ryan Engle („Rampage - Big Meets Bigger“) - sieht man von den unnötigen, mystisch gehaltenen Flashbacks ab - mit den Versatzstücken des Genres. Bald wird die Gruppe getrennt. Martin flüchtet sich schwer verletzt auf einen Baum, wo er auf eine Giftschlage trifft. Nate verschanzt sich mit den Mädchen im Land Rover, der nicht mehr anspringen will. Die Handys versagen, die Walkie Talkies fallen aus. Zum Gegenangriff muss übergegangen werden. Mit Gewehr und Messer, Feuer und bloßen Händen. Tote gilt es zu beklagen - und klaffende Wunden näht der Arzt bei Taschenlampenlicht ...

Unterhaltsam - trotz Schwächen

Einschlägige Fans von verwandten Werken wie „Anaconda“ oder „White Dog“ kommen auf ihre Kosten. Die sympathischen, hipp gewandeten und modisch frisierten Schwestern, die eine mit Angela-Davis-Afro, die andere mit Rasta-Zöpfchen, kreischen, der Papa beruhigt, Südafrika-Kultstar Copley („District 9“) greift als aufrechter Wildhüter in die Enge getrieben zu verzweifelten Mitteln. Geschickt werden Trick- mit Realaufnahmen verwoben, das stimmige Tondesign verstärkt das Grauen, das im harten Kontrast zur wunderschönen, majestätischen Landschaft steht. Mittendrin glänzt der wuchtige Elba („Luther“), der mit gewohnt minimalistischem Spiel die nötige körperliche Präsenz für seine Rolle mitbringt.

„Der König der Löwen“ trifft auf „Vier im Jeep“. Es gilt Unwahrscheinlichkeiten und Logiklücken hinzunehmen, sich auf eine aufwühlende, emotionale und nervenzerreißende Hatz einzulassen. Bauchkino. Sommerkino. Schweißtreibend unterhaltsam.

Freier Autor Gebhard Hölzl, Print-/TV-Journalist, Autor und Filmemacher.

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