Zunächst etwas Statistik: „Thor: Love and Thunder“, die Fortsetzung von „Thor: Tag der Entscheidung“ aus dem Jahr 2017, ist die 29. Produktion innerhalb des Marvel Cinematic Universe (MCU) und die sechste der Phase vier. Wie gewohnt hat Kevin Feige als Produzent im Hintergrund die Fäden gezogen, auf dem Regiestuhl erneut der Neuseeländer Taika Waititi Platz genommen, der zwischenzeitlich für sein Drehbuch zu „Jojo Rabbit“, einer im Zweiten Weltkrieg angesiedelten Tragikomödie, mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.
Ganz dem Trend in Sachen „shared universe“ verpflichtet – wie etwa zuletzt in „Doctor Strange in the Multiverse of Madness“ –, schauen erneut eine Vielzahl guter alter Bekannte kurz vorbei, in diesem Fall die von Star-Lord Chris Pratt angeführte „Guardian of the Galaxy“-Crew, die dem sehr irdischen, außerirdischen Heroen zur Hilfe eilt. Dieser, muskelbepackt und unverschämt grinsend von Chris Hemsworth verkörpert, ist auf der Suche nach innerem Frieden. Doch diesen Plan durchkreuzt ein galaktischer Killer namens Gorr (Christian Bale), der nach dem Tod seiner kleinen Tochter nur noch ein Ziel verfolgt: die Auslöschung aller Götter.
Womit die Handlung nach dem Drehbuch von Waititi und Jennifer Kaytin Robinson („Someone Great“) weitestgehend erzählt ist. Aller Rest ist Action, Tricktechnik, Tempo und Witz, gewohnt souverän und routiniert gehandhabt.
Als Gute-Nacht-Geschichte wird die Story des „Weltall-Wikingers Thor Odinson“ einer Gruppe von Kindern erzählt, die der glatzköpfige, gesichtstätowierte Schurke aus dem wiederaufgebauten Reich Asgard entführt hat. König Valkyrie (Tessa Thompson), der erste LGBT-Charakter des MCU, hat die Hauptstadt geschäftstüchtig zur Touristenattraktion umfunktioniert. Kreuzfahrtschiffe liegen im Hafen vor Anker, eine Laientruppe – darunter der im Nachspann nicht aufgeführte Matt Damon als Loki – stellt für die entzückten Besucher Superheldenabenteuer nach.
Humor und Selbstironie sind Trumpf. Vor allem in der Beziehung von Thor zu seiner alten Freundin Dr. Jane Foster (Natalie Portman), die er wechselweise Jane Fonda und Jodie Foster nennt. Sofort entflammt die Liebe zu der an Krebs erkrankten Wissenschaftlerin, die er acht Jahre, sieben Monate und sechs Tage – „mehr oder weniger“ – nicht gesehen hat, wieder. Eine freudige Überraschung, und zugleich irritierend, schwingt die resolute Herzdame doch inzwischen als „Mighty Thor“ – noch auf der Suche nach einem passenden Slogan – seinen magischen Hammer Mjölnir. Was sich jedoch als durchaus hilfreich erweist.
In einem von zwei Monster-Ziegen gezogenen Wikingerboot – Santa Clause und seine Rentiere lassen grüßen – begibt man sich in die Schlacht. Sorgt für Krawall im All. Wird unter anderem von Zeus alias einem kurz berockten, fülligen Russell Crowe gefangen genommen, der dem gefesselten Thor die Kleider wegzaubert. Zur Freude der Konkubinen des Ober-Olympiers, die ob des – sagen wir mal mächtigen – Anblicks in Ohnmacht fallen.
Diese comic-hafte, verspielte Tonart hält der Filmemacher über gut zwei Stunden bei, setzt auf Spektakel, quietschbunte Bilder, eine Schwarzweiß-Sequenz und Ohrwürmer, darunter „Sweet Child O’ Mine“ von Guns N’ Roses. Titelkonform also: „Liebe und Donner“.
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