Albumreview Indie-Pop

Steiner & Madlaina – jetzt schon das Indie-Pop-Album des Jahres?

Von 
Jörg-Peter Klotz
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Unwiderstehlich: Das zweite Album von Steiner & Madlaina nach "Cheers" (2018). © Glitterhouse Records

Mannheim. Madlaina Pollina hat prominente Verwandte: Ihr Vater ist der italoschweizerische Liedermacher Pippo, ihr Bruder Julian alias Faber einer der erfolgreichsten Popsänger der Schweiz. Mit dem zweiten Album ihres Duos Steiner & Madlaina dürfte die 24-Jährige diese beiden endgültig überflügeln. Denn nichts ist verkehrt daran, schon im Februar zu sagen: Das corona-bedingt verzögert erschienene „Wünsch mir Glück“ von der Züricherin und ihrer einstigen Mitschülerin Nora Steiner (26) ist ein heißer Kandidat für die Indie-Pop-Platte des Jahres.

Das kleine Meisterwerk macht offene Ohren ziemlich wunschlos glücklich: Denn mit jedem Hören werden vor allem die ersten Songs immer unwiderstehlicher. Sie sind teilweise zerbrechlich wie Chansons, schaffen mühelos das Paradox, wie leise Mitsing- und Partyhymnen zu wirken, und wenn sich dann in wunderbar verspielte Calexico-Sounds krachender Rock mischt („Und die ich bin“) ist eh alles zu spät. Absolut hinreißend: Der Beinahe-Tango „Denk was Du willst“, mit dem Regisseur Quentin Tarantino seine nächste Filmheldin in den Kampf ziehen lassen könnte. Und so souverän und in lakonischer NDW-Punk-Manier wie mit „Wenn ich ein Junge wäre“ muss man die Gleichberechtigungsdebatte erstmal führen. Es geht aber auch verspielt-polemisch („Ciao Bella“). Der Ansatz der beiden Sängerinnen mit dreiköpfiger Begleitband (Drummer Leonardo Guadarrama, Bassist Nico Sörensen und E-Gitarrist Max Kämmerling will nicht zu viel, versteckt aber für Dauerhörer viele charmante Sounddetails.

Ähnlich wirken auch die Texte: Leicht, nicht vorsätzlich verkopft, aber trotzdem mit Tiefgang: „Wie Leonce und Lena steht uns Langeweile gut. Uns ist total bewusst, was rundherum der Mensch so tut.“ Insgesamt passen der selbstbewusst melancholische Ton und der oft sommerliche Sound perfekt als Hoffnungsstrahl in diese zähe Zeit. Aufgelockert von Frühlingsluft im Februar kommt da eine Ahnung auf, wie es war vor den Festivalbühnen. Dafür wären Steiner & Madlaina absolute Pflichtkandidatinnen, auch ohne Quote. Dafür stehen schon Zeilen wie „Ich schenke mir ein und dir kein Lächeln mehr. Ertränk gekonnt mein Tränenmeer. Alleine in der Menge geht’s mir gut.“ Das Duo ist auf jeden Fall das nächste große Ding im Karakter-Management-Pool von Popakademiker Peter Putz nach Get Well Soon und Wallis Bird.

(Glitterhouse Records)

★ ★ ★ ★★★

 

Ressortleitung Stv. Kulturchef

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