Albumreview Alternative

Foo Fighters zwischen Trauer und "verrücktem Progrock"

Das neue Album „But Here We Are“ verarbeitet unter anderem die Trauer um Drummer Taylor Hawkins und den Tod von Dave Grohls Mutter. Stilistisch blickt es zurück und klingt am Schluss nach Prog-Rock und David Bowie

Von 
Jörg-Peter Klotz
Lesedauer: 
Auf dem neuen Album trommelt Dave Grohl selbst. © Scarlet Page/Mbc/PA Media/dpa

Seattle. Der Titel des elften Studioalbums der Foo Fighters klingt fast trotzig: „But Here We Are“ – aber hier sind wir! Allen Unbilden des Lebens zum Trotz – dem überraschenden Tod von Star-Drummer Taylor Hawkins (50) im Jahr 2022 oder dem Ableben der Mutter des Bandleaders Dave Grohl. Das ergibt inhaltlich die bisher wohl nachdenklichste Platte des Sextetts aus Seattle.

Musikalisch bilden die zehn neuen Songs einen zunächst etwas heterogen anmutenden Album-Hybrid. Letztlich gelingt den rund 48 Minuten ein gewagter Spagat zwischen drei Polen: Zum einen leben die harmoniegesangsorientierten frühen Foo-Fighters-Sounds wieder auf. Zum anderen macht Grohl auch seine vor dem Tod von Hawkins getätigte Ankündigung teilweise wahr, „eine verrückte Progrock-Platte zu machen“. Und nicht zuletzt enthält „But Here We Are“ zumindest noch Spurenelemente der Wut und Energie, die aus den beiden ersten Arbeiten mit dem Produzenten und neunfachen Grammy-Gewinner Greg Kurstin Rock-Meisterwerke wie „Medicine At Midnight (2021) und „Concrete And Gold“ (2017) gemacht haben.

Zwei sehr verschiedene Seiten, perfekt als LP

Die Platte ist wie gemacht für das Vinyl-Format, denn sie hat zwei klar abgegrenzte Hälften: Die ersten fünf Songs sind härter, eingängiger und erinnern an das Debütalbum „Foo Fighters“ aus dem Jahr 1995. Die zweite Hälfte ist epischer, flächiger und bietet das, was Grohl und Co. für „verrückten Progrock“ halten. Am deutlichsten im sogar als YouTube-Video veröffentlichten Zehn-Minuten-Stück „The Teacher“, das an Violet Grohl erinnert.
Auf das Epos folgt die an David Bowie erinnernde Schlussnummer „Rest“. Ein von einfachen, aber berührenden Worten geprägtes Abschiedslied: „Rest, you can rest now / Rest, you will be safe now“ (Ruhe, du kannst dich jetzt ausruhen / Ruhe, du bist jetzt sicher).

Nach der Ära von Taylor Hawkins und vor dem Einstieg seines Nachfolgers Josh Freese haben die Foo Fighters im Studio am Schlagzeug keine Kompromisse oder Experimente gemacht. Warum auch? Ex-Nirvana-Drummer Dave Grohl ist mit den Stöcken schließlich selbst absolute Weltklasse. Das lässt er vor allem in der zweiten Albumhälfte auch mehrfach durchklingen, ansonsten agiert er eher songdienlich.

Nur drei Songs bei Rock am Ring auf der Setlist

Das Album ist insgesamt ruhiger und etwas weniger leicht zugänglich als gewohnt. Kein Wunder, dass auf der auf Stimmung fixierten Setlist bei Rock am Ring nur die drei Nummern „Nothing At All“, „Rescued“ und „Under You“ Gnade fanden. Die Anschaffung der LP lohnt sich allenfalls wegen der etwas größeren Dynamik im Sound. Die Ausstattung ist mit puristisch noch zurückhaltend beschrieben: Zur minimalistischen Cover-Grafik ist die Innengestaltung des Albums buchstäblich ein unbeschriebenes Blatt: nur weiß, keinerlei Information oder Texte. Allerdings macht das weiße Vinyl auf dem Plattenteller wirklich etwas her und passt zur transzendentalen Seite der Musik.

 

Ressortleitung Stv. Kulturchef

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen