Postelein - fast zu grün, um im Winter wahr zu sein

Beilage: Viel Auswahl hat der heimische Gemüsegarten im Winter nicht zu bieten. Als Alternative zu Feldsalat und Blattspinat empfiehlt sich Postelein. Die Pflanze kämpft sich zurück in die Läden. VON UTA-CAECILIA NABERT

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Ob man ihn nun Postelein, Winter-Portulak, Bürzelkraut, Kuba-Spinat oder gemeines Tellerkraut nennt, er ist immer derselbe: grün, fleischblättrig, kurzstänglig. Das lässt ihn die Bodenhaftung nicht verlieren. Will man ihn ernten (von Ende Herbst bis Anfang Frühjahr), muss man sich bücken. Will man ihn kaufen, muss man sich umschauen. Längst nicht jedes Geschäft hat das Kraut und im Gemeinen findet man es nur selten auf deutschen Tellern.

Doch wer im Winter die üblichen Salatsorten ergänzen möchte, dem sei es zu empfehlen. Geschmacklich drängt es sich nicht auf. Es schmeckt ein wenig nach Kresse, sonst neutral. Allerdings besticht es durch seine saftigen, etwas dicken Blätter. Und: So vielfältig seine Namen, so vielfältig präsentiert sich das Kraut, wird deswegen auch Kuba-Spinat genannt. Wie bereits diese Namensbezeichnung verrät: Die Küche lässt es bei weitem nicht kalt. "Man kann es dünsten und als Ersatz für Blattspinat verwenden", sagt Alexander von Imhof.

Der Inhaber des Restaurants "Engel's am Theater" in Ludwigshafen schränkt aber ein: "Postelein ist den wenigsten Menschen bekannt und selbst über den Fachhandel nur schwer zu bekommen. Außerdem kenne ich kein aktuelles Rezept eines renommierten Küchenchefs für Portulak." Auch auf der Speisekarte vom "Engel's" sucht man das Kraut vergebens. Dabei schmeckt Postelein, kurz angeschmort, sehr frisch und saftig.

Klein, aber gehaltvoll

Und es enthält Vitamin C, andere Vitamine sowie Mineralstoffe. Ebenso wird der Pflanze eine Gemeinsamkeit mit Fisch nachgesagt: Wie das Meeresgetier birgt sie Omega-3-Fettsäuren. Dabei verzichtet sie aber auf Cholesterin, das im Fischöl enthalten ist, erweist sich als herzschonend. Ja, geradezu herzfreundlich ist Postelein, putzt es doch die Arterien und wirkt Verkalkung entgegen. Außerdem enthält es kaum Nitrate wie andere Salate.

Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, findet den Winter-Portulak am ehesten bei den Biohändlern: Bauer Joachim Schulz-Marquardt bietet ihn derzeit auf dem Mannheimer Wochenmarkt an. "Als Nischenprodukt, als gute Ergänzung zu meinem Feldsalat", wie er sagt. Nicht jeder Kunde kenne ihn, die Nachfrage nehme aber leicht zu. Auch der Bio-Supermarkt Basic verkauft die Pflanze. Bei Naturata sowie Fein und Fair kann man sie bestellen, bei Alnatura findet man sie sporadisch.

Dennoch, mit Winter-Portulak verhält es sich in Deutschland wie mit dem Winter: Er war in den letzten Jahren ein seltener Gast. Das verwundert, wenn man weiß, dass sich das Kohlgewächs wie Unkraut vermehrt. Denn wenn es erst einmal blüht (zur gleichen Zeit wie Raps), verteilen sich die feinen Samen sehr schnell. Das ist mit ein Grund, warum man es vor der sternförmigen Blüte ernten sollte. Der zweite ist, dass Postelein danach nicht mehr schmeckt.

Abgesehen davon ist er leicht zu kultivieren: Die einjährige Pflanze mag humosen Gartenboden, Sonne bis Halbschatten und braucht wenig Dünger. Übrigens: Nicht immer ward sie so selten gesehen. Biobauer Schulz-Marquardt erzählt: "Um die vorletzte Jahrhundertwende herum kam sie in den meisten Bauerngärten vor."

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