„Was?! Eine Pflanze, die kein Vegetarier ist?“ Mit erstaunten Augen hält mein Sohn im Gartenmarkt eine Venusfliegenfalle in der Hand. Fleischfressende Pflanzen sind wirklich faszinierend. Nicht nur für Kinder. „Und sind die auch bissig?“, will die kleine danebenstehende Cousine wissen. . .
„Das sind wirklich die klassischen Fragen“, sagt Marco Ebert verschmitzt, als ich ihm von der Begebenheit erzähle. Der 30-Jährige hält als Vertreter der Gesellschaft für fleischfressende Pflanzen in den kommenden Monaten Vorträge bei der Bundesgartenschau in Mannheim. Eigentlich arbeitet er in der IT-Branche. Doch als Hobby haben es auch ihm die geheimnisvollen Pflanzen angetan.
Die Autorin
Daniela Hoffmann ist seit 2001 Redakteurin beim Mannheimer Morgen und lebt in der Pfalz auf einem ehemaligen Winzerhof. Dort ist Gärtnern zu ihrem Hobby geworden. Von Pflanz-Experimen-ten, Begegnungen mit Profi-Gärtnern, Floristen, Landwirten und Naturschützern erzählt sie in ihrer Kolumne.
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„Natürlich beißen sie nicht – und interessieren sich zumeist auch nur für Insekten“, zerstreut er als erstes die Bedenken meiner Nichte. Jagd auf die fliegenden Gesellen machen die Pflanzen ganz ohne Zähne. Dafür haben sie verschiedene Fangmechanismen.
Die Venusfliegenfalle hat beispielsweise eine sogenannte Klappfalle. Berührt ein Beutetier binnen kürzester Zeit mehrfach die kleinen Fühlborsten auf der Innenseite ihrer Fangblätter, schnappt die Falle zu. Anschließend füllt sie sich mit einer Verdauungsflüssigkeit, die das Opfer schließlich zersetzt.
Dagegen lockt der Sonnentau kleine Insekten mit seinem süßlichen Geruch und der rötlichen Färbung seiner Blätter. Letztere sind mit klebrigen Tröpfchen besetzt, an denen Fliegen oder Mücken hängenbleiben. Danach krümmt sich das Blatt ein, die Beute wird eingeschlossen und verdaut.
Und dann gibt es noch eine dritte größere Gruppe fleischfressender Pflanzen, die Grubenfallen, bei denen sich die Blätter im Laufe der Evolution zu einer Art Trichter mit Boden umgeformt haben.
Vom süßlichen Nektar angezogen rutschen bei ihnen die Beutetiere auf dem glatten Rand des Trichters ab und fallen bis auf den Grund der Trichtergrube. Dort ertrinken sie in einer Verdauungsflüssigkeit.
„Da hat sich die Natur ja einiges einfallen lassen“, sage ich. Aber warum nur sind die Karnivoren – wie die fleischfressenden Pflanzen auch heißen – nur so gefräßig?
„Sind sie gar nicht“, klärt Marco Ebert auf. „Eigentlich sind sie vielmehr richtige Hungerkünstler und leben natürlicherweise auf kargem Untergrund.“ Um ihren Nährstoffbedarf trotzdem decken zu können, haben sie sich überwiegend auf den Fang von kleinen Insekten spezialisiert. Die tropischen Kannenpflanzen (Nepenthes) können allerdings auch kleine Säugetiere verdauen.
Wer sich eine Karnivore nach Hause holt, sollte sie dort an einen möglichst sonnigen Ort stellen und immer feucht halten. Alle zwei Jahre sollte sie umgetopft werden. Dazu benutzen Anfänger am besten eine Fertigmischung aus dem Handel.
Zu guter Letzt treibt mein Sohn noch eine Frage um: Muss man denn eine fleischfressende Pflanze auch füttern? „Noch so ein Klassiker“, freut sich Marco Ebert und schüttelt den Kopf. Im Gegenteil. In die Klappe einer Venusfliegenfalle etwa mit der Pinzette eine tote Stubenfliege zu legen, täte der Pflanze gar nicht gut. Selbst wenn sie zuschnappt, würde die Pflanze registrieren, dass sich das Beutetier in ihrer Falle gar nicht bewegen würde. „Dann hätte die Karnivore nur unnötig Energie verbraucht“, meint der Kenner. Die Kinder brauchen also nicht zur Jagd losziehen, sondern können die fleischfressenden Pflanzen beim Fliegenfang einfach ganz in Ruhe betrachten.
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