Die Gastgeber auf dem Sofa
Fast 34 Jahre lang waren diese vier Männer an unzähligen Samstagabenden im Wohnzimmer vieler Deutscher zu Gast: Frank Elstner, Thomas Gottschalk, Wolfgang Lippert und Markus Lanz haben Millionen Zuschauern Wettkandidaten mit eigenartigen, kauzigen Hobbys vorgestellt; sie haben mit internationalen Promis geplauscht, die ganz schnell zum Flugzeug mussten, und waren sich selbst nicht zu schade, alberne Wetteinsätze einzulösen.
Der Vater des Samstagsabendklassikers ist Frank Elstner. Er erfand das Konzept zur Show und präsentierte sie in den ersten sechs Jahren. Unvergessen ist die Premierensendung 1981, in der er ausführlich und etwas oberlehrerhaft das Spielprinzip erklärte. 1987 gibt Elstner die Moderation an Thomas Gottschalk ab, um sich neuen Projekten zu widmen. Und Gottschalk macht aus der Sendung eine Gottschalk-Show: Mit seiner charmant-frechen Art und den schrägen Outfits drückt er "Wetten, dass ..?" seinen Stempel auf. 151 Mal gab er den Gastgeber auf dem berühmten Sofa. Für Millionen Deutsche wurde er zum Inbegriff des Showmasters. In der Erinnerung war und ist er "Wetten, dass ..?".
Dass Gottschalk die Sendung zwischen 1992 und 1993 kurzzeitig nicht moderierte, ist fast schon vergessen. Doch für neun Sendungen sprang Wolfgang Lippert ein, während Gottschalk sein Glück bei RTL versuchte. Das bekannte Fernsehgesicht der DDR wurde jedoch vom gesamtdeutschen Publikum nicht angenommen, die Einschaltquote sank deutlich und Thomas Gottschalk übernahm wieder.
Gottschalk sorgte dabei für unvergessene Momente der Fernsehgeschichte etwa, als er versuchte, den pöbelnden Hollywood-Star Mickey Rourke zu bändigen oder sich mit Götz George einen verbalen Schlagabtausch lieferte. Im Oktober 2009 bekam er mit Michelle Hunziker eine Co-Moderatorin zur Seite gestellt, es war ein Versuch den Quotensinkflug zu bremsen. Doch der Unfall von Samuel Koch im Dezember 2010 veränderte alles. Jetzt liege ein "Schatten" auf der Sendung, sagte Gottschalk und verkündete seinen Abschied.
In die großen Fußstapfen Gottschalks trat Markus Lanz, der den Rückgang der Einschaltquote nicht aufhalten konnte und heftiger Kritik an seiner Person und seinem Moderationsstil ausgesetzt war. Das ZDF entschied sich schließlich für das Aus der Sendung: Am heutigen Samstag reitet Lanz den Show-Dino in den Ruhestand.
"Kein Staatsbegräbnis"
Bei der letzten Sendung wird Moderator Markus Lanz die große Bühne ganz alleine gehören. Er wird auf 33 Jahre zurückblicken, skurrile Wetten vorstellen und mit Promis plaudern - fast wie immer.
Die ehemaligen Moderatoren der Sendung, Elstner, Gottschalk und Lippert, bleiben dem Finale fern. Kommentieren wollten sie die letzte Sendung auf Nachfrage unserer Zeitung nicht. Gegenüber der dpa sagte Gottschalk: "Mit dem ZDF habe ich vereinbart dass ich mich zum Ende von ,Wetten, dass ..?' nicht äußere und finde eine Beerdigung im kleinen Kreis auch angemessener als ein Staatsbegräbnis." Auf der Couch neben Lanz werden dafür etwa der Tatort-Ermittler Til Schweiger, Komiker Michael "Bully" Herbig und der amerikanische Schauspieler Ben Stiller sitzen. Zudem kommen Wladimir Klitschko, Sängerin Helene Fischer und die Band "Die Fantastischen Vier".
Der Sturz ändert alles
Es ist ein Unglück vor Millionen Augenzeugen: Der 23 Jahre Samuel Koch will am 4. Dezember 2010 auf Sprungstelzen über mehrere ihm entgegenkommende Autos springen. Beim vierten Versuch streift Koch den Wagen, an dessen Steuer ausgerechnet sein Vater sitzt. Der Hobby-Kunstturner stürzt mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden und bleibt reglos liegen.
In der Halle in Düsseldorf herrscht Entsetzen, viele Zuschauer springen von ihren Sitzen auf, halten sich die Hand vor den Mund. Acht Millionen Menschen am Fernseher dürften in diesen Sekunden genauso fühlen. Thomas Gottschalk und seine Co-Moderatorin Michelle Hunziker eilen zu dem Verletzten.
Nach einigen Augenblicken unterbricht das ZDF die Sendung. Gottschalk verkündet wenig später den Abbruch der Show und findet dabei die richtigen Worte für Kochs geschockte Familie und das fassungslose Publikum in der Halle und zu Hause.
Mit dem Unfall von Samuel Koch, der querschnittsgelähmt bleibt, verliert die Sendung seine Leichtigkeit. Gefährliche Wetten werden nicht mehr angenommen. Gottschalk verkündet bei der nächsten Ausgabe im Februar 2011 seinen Rückzug.
Bei der letzten Sendung am heutigen Samstag wird Koch noch einmal dabei sein. Auch wenn er sich erst mit seinem Vater beraten musste, bevor er zusagte. "Das Ende von ,Wetten, dass ..?' ist auch das Ende für einen Lebensabschnitt von mir. Wir verabschieden uns voneinander", sagte Koch der Bild-Zeitung.
Erotik und nackte Knie in Mannheim
Ein Moderator, der schmachtend vor Madonna auf den Boden sinkt und der sich von Steffi Graf das nackte Knie massieren lässt: Das sind Geschichten, die von "Wetten, dass ..?" in Mannheim hängenbleiben.
1997 grüßte Thomas Gottschalk erstmals aus der Mannheimer Maimarkthalle. Unter den Gästen war auch Steffi Graf, die den sichtlich angetanen Moderator nach einer verlorenen Wette bei heruntergelassenen Hosen das Knie massierte - ein unvergesslicher Moment.
Auch James Bond-Darsteller und Frauenheld Pierce Brosnan saß auf dem äußerst fragwürdig getigerten Sofa. Seine Womanizer-Fähigkeiten waren bei der Saalwette dann auch gleich gefordert: 22 Chefsekretärinnen in "Miss Moneypenny"-Robe, denen sogar ein Kuss von ihrem James in Aussicht gestellt wurde, mussten die Mannheimer auf die Bühne bringen - und scheiterten. Ein herber Schlag für Brosnans Ego.
Die Schmach ließen die Quadratestädter nicht auf sich sitzen. Bei der Stadtwette 2005 wettete Gottschalk, dass es nicht gelingt, 250 Gitarristen am Wasserturm zu versammeln, die das berühmte Riff von "Smoke on the Water" spielen. In kurzer Zeit war die Marke erreicht - einige Möchtegern-Rockstars mussten wegen des Andrangs sogar draußen bleiben, was allenthalben für hängende Köpfe sorgte.
Die Wettschuld verbüßte "Tommy" am folgenden Morgen, als er im Landesmuseum für Technik und Arbeit (LTA) Eintrittskarten abriss - ganze 400 Tickets gingen während seiner sehr kurzen Arbeitszeit weg.
Am Vorabend zog die Sängerin Madonna eine gekonnt erotische Show ab und bestieg zu guter Letzt den begeisterten Moderator, der nur noch die Worte "I love you, Madonna" über die Lippen brachte.
Das sollte die letzte Visite des Show-Dinos in der Quadratestadt bleiben.
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