Kultur

Zwischenzeitfestival in Mannheims Innenstadt nutzt Leerstände

Von 
Sebastian Engelland
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„Bring die Innenstadt an den Start“: das Motto des von Next Mannheim organisierten Zwischenzeitfestivals. © Sebastian Engelland

Daheim Brot backen statt Kneipenbummel, Ausstellungsbesuch oder Konzertgenuss; Lebensmittelvorräte horten statt lustvolles Shopping-Erlebnis: Die Corona-Krise veränderte bekanntermaßen auf einen Schlag das urbane Leben. Viele, vor allem kleine Ladenlokale, Ausstellungsräume und Gastro-Betriebe konnten nicht durchhalten, Leerstände in einst belebten Straßen sind die Folge.

Diese Lücke will die kulturelle Stadtentwicklung schließen: Mit dem von der städtischen Startup-Plattform Next Mannheim ausgerichteten „Zwischenzeitfestival“ sollen Kreative, Gewerbetreibende und Besitzer leerstehender Räumlichkeiten zusammengebracht werden. Das unter der Projektleitung von Julian Maier-Hauff stehende Festival bietet bis 30. September diversen Kreativen die Möglichkeit, leerstehenden Gewerberaum für ihre Zwecke zu nutzen.

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Andreas Zidek ist einer der Betroffenen. Er betreibt eine Goldschmiedewerkstatt in G 7,12 und besitzt angrenzend an die Werkstatt ein Atelier, welches er bereits im Winter 2019 an eine Hutmacherin vermietete. „Mit Beginn der Coronakrise im März 2020 war es ihr jedoch nicht mehr möglich, den Showroom zu halten“, so der Goldschmied. Die Hutmacherin kehrte in ihre bayerische Heimat zurück, Andreas Zideks Raum stand wieder leer.

Es gelang ihm im darauffolgenden Sommer 2020, seinen Raum wieder zu vermieten, doch im Herbst machte ihm die Pandemie abermals einen Strich durch die Rechnung. So kam die Anfrage von Next Mannheim, dem Initiator des Zwischenzeitfestivals, sehr gelegen.

Projektleiter Maier-Hauff sieht das Zwischenzeitfestival als „Win-Win-Win-Situation“. Es gehe vor allem darum, dass es nicht zum Leerstand komme, so der gebürtige Schwarzwälder, „Leerstand ist in unseren Augen verschenktes Potenzial“, dagegen würden vom Festival im besten Fall drei Parteien profitieren.

Zunächst die Zwischennutzerinnen und Zwischennutzer, welchen die Möglichkeit gegeben werde, in teils höherpreisigen Umgebungen ihre Kunst oder Güter zu präsentieren. Zweitens biete das Festival für Besitzende die Chance, ihren leerstehenden Raum nicht als Bürde, sondern viel mehr als Gelegenheit wahrzunehmen, mit neuen Zwischennutzern in Kontakt zu kommen, leerstehender Gewerberaum werde somit enttabuisiert. Und schließlich komme das Festival vor allem der Stadtgesellschaft als Ganzes zu Gute: Durch Zwischennutzungen finde eine soziale, kulturelle und gastronomische Diversifizierung statt.

Keramik und Gebäck

In der Goldwerkstatt Andreas Zideks ist unterdessen die Bespielung durch Akteurinnen aus dem Künstlerhaus „barac“ umgesetzt. Die Künstlerinnen Laura Sacher und Rosa Zettl nutzen die Gelegenheit, ihre Keramiken in Szene zu setzen. Die Umnutzung gipfelt in einem russischen Kulturabend am 23. September, an dem Musik und russisches Gebäck zusammenkommen. Valentina Batura und das Valeria Maurer Quartett kümmern sich um die Musik, das Gebäck wird von Elena Kelim auf Keramiken von Laura Sacher und Rosa Zettl gereicht.

Im Mafinex auf dem Lindenhof wird die Zwischenzeit vor der Eröffnung eines Cafés verwertet und unter anderem Caroline Keller mit ihrem Pflanzen&Designprojekt eine Bühne geboten. Der letzte Ort, dem im Rahmen des Festivals neues Leben eingehaucht werden soll, ist die alte Pizzeria in J 6,7, die unter anderem vom Verein Kulturkram um Malte Appel bespielt wird. Malte Appel erhofft sich für den noch recht jungen Verein Aufmerksamkeit durch das Festival. „Durch Corona waren uns in der Vergangenheit die Hände gebunden“. Umso vielfältiger fiel und fällt das Programm aus, das der der Verein für die Zeit der Zwischennutzung vom 16. bis 30. September realisiert hat. Neben einer komplett durch den Künstler Sketjet gestalteten Wand gibt es etwa Ausstellungen von Fotografen, eine Pop-Up Bar lädt ein – und für Samstag, 24. September, ist ein Kopfhörer-Konzert geplant.

Mehrwert für die Stadt

Der Projektmanager Julian Maier-Hauff erhofft sich von dem Festival einen Mehrwert für die gesamte Stadtkultur. „Fürs Erste geht es darum, Aufmerksamkeit auf das Thema Zwischennutzungen zu lenken und Bewusstsein für das Thema zu schaffen. Uns geht es nicht nur um die Zahl der Besuchenden, sondern wir wollen Räume für kreative, soziale und kulturelle Prozesse schaffen. Wir wollen die vielfältigen Potenziale von Zwischennutzungen sowohl für Kreative, Besuchende und Immobilieneigentümer erfahr- und erlebbar machen.“

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