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Burgruine Münzenberg - Symbol kaiserlicher Macht

Die Burgruine Münzenberg gilt als Wahrzeichen der Wetterau und als bedeutendes Beispiel romanischer Baukunst. Ihre Geschichte ist eng mit den staufischen Herrschern verbunden

Von 
Klaus Backes
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Blick auf die Hauptburg vom Ostbergfried: links der romanische Palas, rechts der gotische, dahinter der Westbergfried. © Klaus Backes

Rockenberg. Wer auf der Autobahn 5 nördlich von Frankfurt unterwegs ist, entdeckt in der Ferne die beiden runden Türme der Burg Münzenberg. Errichtet hat die gewaltige Anlage der Reichsministeriale Kuno I. von Hagen-Arnsburg. Nun zählen Reichsministeriale nicht zum Hochadel, sondern im Gegenteil zu den Unfreien, den Hörigen, die als Sache gelten, als Anhängsel an den Grundbesitz. Den Tüchtigsten unter ihnen gelingt es jedoch, sozial aufzusteigen und schließlich den Niederadel zu bilden. Zu dieser Elite zählen die Herren von Hagen und die von Arnsburg, die Vorfahren Kunos. Sie dienen bereits den salischen Kaisern.

Ministeriale treten oft als Burgkommandanten auf, so auch die Münzenberger. Denn dass ein Reichsministeriale eigenständig eine Burg erbaut, die in Größe und künstlerischer Ausstattung einer Kaiserpfalz gleicht, ist im 12. Jahrhundert auszuschließen. Kuno I. muss einen hochrangigen Auftraggeber hinter sich gewusst haben: Kaiser Friedrich Barbarossa. So dient Münzenberg als Symbol des staufischen Machtanspruchs über die Region

Mit Heinrich IV. zur Kaiserkrönung

Im jahr 1162 nennt sich Kuno erstmals nach der Burg, die spätestens 1174 vollendet sein muss, als er seinen bisherigen Sitz Arnsburg an die Zisterzienser abtritt. Der loyale Parteigänger reist oft im Gefolge des Stauferkaisers. Im Mai 1184 nimmt er an dem berühmten Mainzer Hoftag teil, dem größten Ritterfest der Epoche. Auch bei anderen Gelegenheiten sitzt Kuno neben den Großen des Reiches und beglaubigt Urkunden des Kaisers.

Der Ostteil des romanischen Palas mit kunstvollen Säulen und Kapitellen. © Klaus Backes

Eine fast noch bedeutendere Rolle spielt er unter Kaiser Heinrich VI., dem Sohn Barbarossas. Kuno wird von Chronisten als „reich und weise“ beschrieben und dem engsten Umkreis des Herrschers zugeordnet. Er begleitet seinen Herrn zur Kaiserkrönung nach Rom, auf Reisen durch das riesige Reich, auf Kriegszügen in Italien. Bis zu seinem Tod 1207 hält er den Staufern die Treue.

Münzenberg ist damals ein Torso: Vom Westbergfried steht nur ein Stumpf, und die Ringmauer weist Lücken auf. Mit Ulrich II., der in einer Fehde umgekommen sein soll, sterben die Münzenberger 1255 aus. Den Besitz teilen sich seine sechs Schwestern, darunter Isengard, die mit dem Reichsministerialen Philipp I. von Falkenstein verheiratet ist, dem es gelingt, fünf Anteile an sich zu bringen. Das verbleibende Sechstel gehört den Herren von Hanau.

Zwinger soll Feinde auf Distanz halten

Philipp wählt Münzenberg zu seiner Residenz, lässt den Westbergfried vollenden, die Ringmauer schließen und um 1260 den „Falkensteiner Bau“ errichten. Die Kunstgeschichte muss Philipp dankbar sein, weil er nicht die Modernisierung des alten Palas, sondern den Neubau wählte. Denn dank dieser Entscheidung zählt Münzenberg zu den bedeutendsten weltlichen Bauten der Romanik in Deutschland.

1418 sterben die Falkensteiner aus, und wieder kommt eine Erbengemeinschaft zum Zug. Diese verstärkt die veralteten Befestigungen, lässt einen Zwinger, einen vorgelegten Mauerring, errichten, um Feinde auf Distanz zu halten. Geschütztürme und für Feuerwaffen ausgelegte Schießscharten tragen der aktuellen Kriegstechnik Rechnung.

Infos und Tipps

  • Anfahrt von Mannheim: auf der A67 in Richtung Frankfurt, am Darmstädter Kreuz auf die A5 Richtung Hannover/Dortmund/Frankfurt), Abfahrt 12 (Butzbach/Rockenberg) nehmen, weiter nach rechts Richtung Rockenberg. Durch den Ort in Richtung Münzenberg. Parken im Ort oder am Hattsteiner Hof.
  • Fahrstrecke: etwa 120 Kilometer
  • Fahrzeit: ungefähr 70 Minuten
  • Öffnungszeiten: März: Dienstag bis Sonntag 10 - 16 Uhr; April, Oktober: Dienstag bis Samstag 10 - 16 Uhr Sonntag 10 - 17 Uhr, Mai bis September: Dienstag bis Sonntag 10 - 18 Uhr; November: Samstag und Sonntag 11 - 16 Uhr, von Dezember bis Februar: Winterpause.
  • Eintrittspreise: Erwachsene 3,50 Euro, Kinder/Ermäßigte: zwei Euro, Familien (Eltern mit maximal zwei Kindern bis 16 Jahre): acht Euro. Schulklassen pro Person 1,50 Euro (zwei Begleitpersonen sind frei)
  • Internetseite: https://www.schloesser-hessen.de, an den Fuß der Seite scrollen. Dort steht links klein „Unsere Kulturschätze“. Runterscrollen bis Burg Münzenberg.
  • Literatur: Günther Binding: Burg Münzenberg (ohne Jahresangabe); Bettina Jost: Burgruine Münzenberg, Broschüre 9 der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen, 1. Auflage, Regensburg 2000.
  • EBIDAT – Die Burgendatenbank des Europäischen Burgeninstitus (http://ebidat.de). Christian Ottersbach: Frankfurt & Rhein-Main. Burgen und Schlösser in und um Aschaffenburg, Darmstadt, Mainz, Taunus und Wetterau, Petersberg 2010. kba

Doch rasch macht der Fortschritt der Artillerie diese Bemühungen obsolet. Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) bringt auch Münzenberg Not und Zerstörung. So beschießen und verwüsten kaiserliche Truppen 1628 die Burg.

Der Verfall schreitet voran, wird beschleunigt durch Steinraub. 1846 schließlich beginnen Erhaltungsarbeiten. Glücklicherweise scheitern Pläne zum Wiederaufbau der gesamten Anlage. Großartig dagegen eine Pioniertat: Ab 1894 werden durch Witterungseinflüsse bedrohte Architekturteile durch Kopien ersetzt und in einem Steinlager aufbewahrt. Wer sieht, wie rasch alte Sandsteinplastiken zerbröseln, kann das nur zur Nachahmung empfehlen. Seit 1935 gehört Burg Münzenberg dem Land Hessen, das sich vorbildlich um die Erhaltung dieses Bauwerkes kümmert.

Ostseite des Palas beherbergt Festsaal

Zuerst durchquert der Besucher die Vorfeldbefestigungen des Spätmittelalters und kommt dann – aufgehalten nicht von Musketenkugeln, sondern nur vom freundlichen Kassenwart – vor das Tor der 120 mal 40 Meter messenden Hauptburg.

Der Blick des Betrachters schweift über die Südseite der Anlage, die Schauseite mit den grandiosen Fensterarkaden des Palas. Unübersehbar die für Burgen der Stauferzeit charakteristischen Buckelquader. Sie hatten keine praktische Funktion, sondern sollten Wehrhaftigkeit signalisieren.

Die Südseite ist die Schauseite der Burg. © Klaus Backes

Die Gestalt des Tors zeugt von einem Umbau aus der Zeit um 1500, der auch die darüberliegende Kapelle betraf. Der Besucher betritt den großen Hof, der einst mit wesentlich mehr Gebäuden vollgestellt war. Erste Station dann der romanische Palas, das Prachtstück Münzenbergs. Er war durch eine Wand in Ost- und Westteil getrennt.

Wer die etwa 60 Kilometer entfernt gelegene Kaiserpfalz Gelnhausen kennt, dem kommt vieles hier vertraut vor, sowohl die Anlage als auch die Bauplastik. Der besser erhaltene Ostteil des Palas beherbergte einen repräsentativen Saalbau, der stärker ruinöse Westteil vermutlich die Räume des Burgherrn und seiner Familie. Die Untergeschosse dienten als Vorratsräume.

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Der Zugang zu den Obergeschossen beider Gebäudeteile erfolgte über hölzerne Außentreppen, eine ungemütliche Angelegenheit bei schlechter Witterung. Großartig die aufwendigen Schmuckformen des Palas wie Fensterarkaden, Kapitelle, Kaminwangen. Komplett erhalten präsentiert sich die Südfassade des gesamten Gebäudes mit ihrer imposanten Fensterreihe. Im Gegensatz zum romanischen Palas zeichnet sich der gotische „Falkensteiner Bau“ Philipps I. durch schlichte Formen aus. Über einem Keller erheben sich drei Geschosse. Ganz oben der Festsaal mit den Fensterarkaden.

Leichtes Gruseln bei Blick ins „Angstloch“

Während der jüngere westliche Bergfried dem Besucher verschlossen bleibt, steht ihm das östliche Gegenstück offen. Bei einer Höhe von 30 Metern stellt die Besichtigung natürlich eine Herausforderung dar. Der Eingang liegt in zehn Metern Höhe. Im Turm angelangt, steht der Besucher vor dem „Angstloch“, dem Zugang zum Untergeschoss.

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Dieses wurde vermutlich je nach Bedarf als Verlies oder als Vorratsraum benutzt. Und wer in die Dunkelheit hinabschaut, kann nachvollziehen, wie der Begriff „Angstloch“ entstanden ist. Ganz anders oben auf der Plattform. Weit schweift der Blick über die Wetterau und zum Taunus hin. Auf der anderen Seite liegt der Ort Münzenberg, der wohl gleichzeitig mit der Wehranlage entstanden ist.

Welchen Zweck hatte dieser riesige Bergfried? Natürlich können die Wächter von hier das Umfeld optimal beobachten. Und diese Türme sollen Bewohnern als letzte Zuflucht dienen, wenn der Rest der Burg vom Feind erobert ist. Vielleicht kommt daher der Begriff „türmen“. Andererseits sitzen sie hier wie in einer Mausefalle, und wenn kein Entsatz kommt, erzwingt der Hunger irgendwann die Kapitulation.

Wohnlich ist das Innere des Ostbergfrieds ohnehin nicht: kein Kamin, ursprünglich nur eine kleine Lichtöffnung. Die wohl wichtigste Funktion der Türme: weit ins Umfeld wirkende Symbole der Macht. Deshalb gibt es auf Münzenberg gleich zwei dieser Giganten.

Türme als Wahrzeichen der Region

Die beiden Türme sind heute Wahrzeichen der Region, werden in Anlehnung an die alten Behälter zur Aufbewahrung der Schreibflüssigkeit als „Wetterauer Tintenfass“ bezeichnet. Schließlich noch eine Anmerkung zum Burgnamen: Er leitet sich nicht von den vielen Münzen ab, die der Bau der Anlage verschlang, sondern von der Minze, die einst auf dem Berg wuchs.

Heute wirkt Münzenberg imposant. Auf die Menschen des Mittelalters, die meist in kümmerlichen Behausungen lebten, muss die Burg dagegen einen überwältigenden Eindruck gemacht haben. Und das war ihr tieferer Sinn: eine Demonstration der Macht der Münzenberger und vor allem des staufischen Kaiserhauses.

Redaktion

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