Mannheim. Das letzte Kapitel zur diesjährigen Ausgabe von „Erzähl mir was“ ist vollendet: Die Leserinnen und Leser dieser Zeitung haben abgestimmt und aus den zwölf redaktionell ausgewählten Finalbeiträgen des „MM“-Schreibwettbewerbs zum Thema „Macht und Mensch“ die sechs Gewinner-Geschichten gekürt.
Auf Platz eins wurde Andreas Salewski mit seiner Erzählung „Besser ohne ihn“ gesetzt, ein so schmerzlich eindrücklicher wie zugleich selbstermächtigend nachhallender Text über eine toxische Sohn-Vater-Beziehung.
Darauf entfielen 15,8 der insgesamt 563 abgegebenen Stimmen. Auf Platz zwei folgt – mit denkbar knappem Abstand von 0,3 Prozentpunkten – die Vorjahreszweite Annika Reinhardt mit „Stilles Chaos“, einer hellsichtigen Parabel über geschlechtsspezifische Machtverteilung und -pflege.
Die dritte Position konnte sich Klaus Servene mit seinem Text „Heimreise“ sichern, in dem er sich in tiefgehender Manier auch mit der Mannheimer Amokfahrt und der tödlichen Messerattacke auf Polizist Rouven Laur auseinandersetzt – und mit Glauben und Hoffen. Alle Drei gewinnen ein verlängertes Wochenende im Seminar- und Gästehaus Pfistermühle des Mannheimer Verlegers Ulrich Wellhöfer im elsässischen Wissembourg.
„MM“-Schreibwettbewerb „Erzähl mir was“: Platz 4, 5 und 6 für Regina Rothengast, Peter Mudra und P.M.L. Müller
Auf dem vierten Platz landete die Vorjahressiegerin Regina Rothengast („Müllers Wette“), auf Platz fünf Peter Mudra („Der Frauenbeauftragte“) und auf dem sechsten Rang P.M.L. Müller („Alternativlose Grausamkeiten“). Die Drei, die insgesamt auf 30,8 Prozent der Gesamtstimmen auf sich vereinen konnten, erhalten Büchergutscheine in Wert von 300, 200 und 100 Euro.
Dabei ist der aktuelle ein bereits bekannter Gewinner: Andreas Salewski ist das Pseudonym und zugleich der Geburtsname, unter dem Andreas Haller schreibt. Als solcher hatte der Mannheimer vor zwei Jahren „Erzähl mir was“ zum damaligen Thema KI gewonnen. „Es ist natürlich fantastisch“, sagt er über den neuerlichen Preis. „Es hat mit total gefreut, weil die Geschichte mir auch ein bisschen was bedeutet.“
Schon seit längerer Zeit hatte er einen Text in der Schublade liegen, den er dann noch einmal dem Thema entsprechend überarbeitete, erzählt der 60-Jährige, der im bürgerlich-beruflichen Leben Abteilungsleiter im Amt für Bildung und Sport bei der Stadt Weinheim und außerdem Vorsitzender der Literaturgruppe „Räuber `77“ ist.
„Es ist natürlich eine sehr große Ehre“, bekräftigt die 21-jährige Landauerin Annika Reinhardt, die auch der Preisverleihung mit Lesung am 10. Oktober in der Mannheimer Stadtbibliothek und dem Wochenende in Wissembourg freudig entgegenblickt. „Macht und Mensch“ sei ein sehr aktuelles und vielschichtiges Thema gewesen, rekapituliert die Psychologiestudentin. Weil Geschlechterrollen und Machtstrukturen einerseits im Wandel seien, aber sie zugleich das Gefühl habe, dass „viele Rollenbilder einfach noch sind, wie vor ein paar Hundert Jahren“, obwohl man das vielleicht gar nicht wahrhaben wolle.
Der Hamburger Klaus Servene lebte bis vor acht Jahren noch in Mannheim, wo er 2001 den Andiamo-Verlag mitgegründet hatte. Der 76-Jährige selbst schreibt seit etwa zehn Jahren verschiedenste literarische Texte, hat auch schon einige Ehrungen und Preise damit gewonnen – aber dieses besondere Mal eben in seiner alten Heimatstadt. Der Ex-Verleger wolle auf jeden Fall versuchen, zur Preisverleihung zu kommen, auch „weil ich dann wieder alte Freunde sehe“.
„Ich freue mich total und bin stolz, dass ich es wieder unter die ersten sechs geschafft habe – als Titelverteidigerin“, erklärt Regina Rothengast lachend. „Ich habe gehofft, dass meine Geschichte wieder Anklang findet“, meint die 67-Jährige aus Grünsfeld-Kützbrunn, die auch schon Lyrik und drei Bücher verfasst hat. Das ist ihr offenkundig glänzend gelungen.
Zum Wettbewerb
Die Idee zum „Erzähl mir was“-Wettbewerb (EMW) entstand im ersten Corona-Sommer von 2020. Die Premieren-Ausgabe hatte noch kein vorgegebenes Motto.
Anschließend folgten EMW-Wettbewerbe zu den Themen „Zurück ins Leben“ (2021), „Krieg und Frieden“ (2022), „KI und ich“ (2023) sowie „Hitzebeständig – Leben in Zeiten des Klimawandels“ (2024).
Die Preisverleihung zur sechsten Ausgabe findet am Freitag, 10. Oktober, 18 Uhr, im Dalbergsaal der Mannheimer Stadtbibliothek statt. Dort werden die Texte der sechs Siegerinnen und Sieger gelesen, moderiert wird der Abend von „MM“-Kulturchef Stefan M. Dettlinger. mav
Wie sie hat auch Peter Mudra, bis 2022 Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen, schon einmal - 2023 - das EMW-Finale erreicht. Dies markierte zugleich den Start für das belletristische Schreiben des Wissenschaftlers, nachdem er als „MM-Abonnent“ die Ausschreibung gelesen hatte. „Das hat mir damals Spaß gemacht“, und auch dieses Mal sei das Thema sehr spannend gewesen.
Zum dritten Mal hatte es P.M.L. Müller unter die Finalisten geschafft. „Das Thema fand ich herausfordernd“, resümiert der 67-Jährige aus Hemsbach. „Macht hat ja zwei Seiten. Das eine ist eben die negative Seite“, die auch in vielen der eingesandten anderen Geschichten ihren Niederschlag gefunden hat. Doch: „Macht ist halt auch Verantwortung.“ Und auch für ihn gilt: „Ja, ich glaube, ich wäre wieder dabei“ – wenn es kommendes Jahr in eine weitere EMW-Wettbewerbsrunde gehen sollte.
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