Berlin/Mannheim. Angesichts rasant gestiegener Energiepreise sollen Gas- und Fernwärmekunden nach Empfehlungen der Gaspreiskommission im Dezember mit einer Einmalzahlung entlastet werden. Sie solle als Brücke bis zum Start der regulären Gaspreisbremse im März dienen, schlug das von der Bundesregierung eingesetzte Gremium am Montag vor. Für große Industriebetriebe soll ab Januar eine eigene Gaspreisbremse greifen. Darüber hinaus schlagen die Fachleute einen Härtefallfonds für Mieter und Wohnungseigentümer sowie zusätzliche Hilfen für besonders betroffene Unternehmen vor.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit kündigte an, dass Kanzleramt sowie Wirtschafts- und Finanzministerium nun „sehr zügig“ an der Umsetzung arbeiten würden. „Unser Ziel ist klar: Die hohen Gaspreise zu senken und zugleich eine sichere Versorgung mit Gas zu gewährleisten.“ Dazu gehöre ein sorgsamer Umgang mit dem knappen Gas. Die Einmalzahlung soll auf Basis des Verbrauchs ermittelt werden, der der Abschlagszahlung im September zugrunde lag, schlagen die Fachleute von Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und Bundestag vor.
Die Versorger sollen auf die Abschlagszahlung für Dezember für praktisch alle Haushalts- und Gewerbekunden verzichten und diese vom Staat erstattet bekommen. Zwischen März 2023 und mindestens April 2024 soll dann eine Gas- und Wärmepreisbremse greifen. Diese sieht für eine Grundmenge an Gas einen staatlich garantierten Bruttopreis von 12 Cent pro Kilowattstunde vor – inklusive aller staatlich veranlassten Preisbestandteile wie zum Beispiel Steuern oder Netzentgelte.
Der Zentralverband des Deutschen Handwerks hat die Vorschläge der Expertenkommission kritisiert. Zwar seien eine einmalige Abschlagzahlung und die Gaspreisbremse liquiditätsstärkende sowie entlastende Instrumente, sagte Generalsekretär Holger Schwannecke am Montag in Berlin. Entlastungen griffen aber viel zu spät. Für energieintensive Handwerksbetriebe und Mittelständler tue sich eine deutliche Entlastungslücke auf.
Derweil haben die vier Industrie- und Handelskammern der Metropolregion Rhein-Neckar am Montag ihre Stromstudie vorgestellt. Demnach wird sich der Stromverbrauch in der Region vor allen Dingen aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung der Industrie bis 2045 ungefähr verdoppeln. Doch lediglich etwas mehr als die Hälfte davon kann unter Ausschöpfung aller realistischer Potenziale mit Hilfe von erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind erzeugt werden.
Darum fordern die Wirtschaftsvertreter unter anderem einen schnellen Ausbau der Übertragungsnetze, eine Verkürzung von Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie mehr Anstrengungen beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Werde dies nicht umgesetzt, „besteht die Gefahr, dass die Industrie abwandert“, sagte Manfred Schnabel, Präsident der IHK Rhein-Neckar. „Dem wollen wir entgegenwirken.“
Auch in den Mannheimer Vereinen wird diskutiert, wie die steigenden Energiekosten aufgefangen werden können. Bereits umgesetzte Energiesparmaßnahmen werden aber wohl nicht ausreichen. Darum haben zahlreiche Mannheimer Sportvereine einen Offenen Brief mitgezeichnet, in dem sie schnellstmöglich staatliche Unterstützung fordern. Ansonsten sei es „nur eine Frage der Zeit, bis der erste Verein zu extremen Maßnahmen greifen und den Betrieb in seinen Anlagen entweder erheblich einschränken oder Hallen und Sportzentren gleich ganz schließen muss – weil Gas und Strom unbezahlbar geworden sind“, heißt es in dem Schreiben. mig/vge/dpa
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/deutschland-welt_artikel,-thema-des-tages-zweistufige-entlastung-fuer-die-kunden-_arid,2005361.html