Entschädigung - Milliardärsfamilie stellt sich Nazi-Vergangenheit

Zwangsarbeiter: Reimanns geben Millionen

Von 
Bettina Eschbacher
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Auch der Kaffeehersteller Jacobs Douwe Egberts gehört der Familie Reimann. © dpa

Berlin/Ludwigshafen. Die Unternehmerfamilie Reimann mit Wurzeln in der Metropolregion Rhein-Neckar zahlt zehn Millionen Euro an ehemalige Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs (1939-45) sowie an Überlebende der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten. Außerdem sollen künftig 25 Millionen Euro pro Jahr an Bildungsprojekte zur Förderung der Demokratie und zur Vorbeugung von Antisemitismus gehen.

Die Mittel werden über die Alfred Landecker Stiftung der Familie mit Sitz in Berlin bereitgestellt. Die Reimanns gelten mit einem Vermögen von 35 Milliarden Euro nach Berechnungen des „Manager Magazins“ als reichste Familie Deutschlands. Die Ursprünge reichen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Aus dem Ludwigshafener Chemieunternehmen Benckiser geht die heutige JAB-Holding der Reimanns hervor, zu der Jacobs-Kaffee oder der Kosmetikkonzern Coty gehören.

Die Familie hatte einen Historiker beauftragt, die Geschichte von Benckiser im Zweiten Weltkrieg aufzuarbeiten. Die Entscheidung für die Millionengabe resultiert „zum einen aus den Erkenntnissen über die Zwangsarbeit bei Benckiser und zum anderen daher, dass Albert Reimann jr. und sein Vater überzeugte Anhänger der NSDAP waren“, sagt David Kamenetzky, Vorsitzender der Familienstiftung, in einer Mitteilung. Der damalige Firmenpatriarch und sein Sohn hatten noch vor der Machtübernahme Adolf Hitlers im Januar 1933 dessen nationalsozialistische Partei unterstützt.

Bis heute sind 838 Namen von ehemaligen Zwangsarbeitern aus mehreren Nationen bekannt. Eine eigens dafür beauftragte Forscherin soll helfen, sich mit möglichst vielen von ihnen in Verbindung zu setzen. Jeder soll eine finanzielle Unterstützung bekommen, dazu hat sich die Familie Reimann laut Mitteilung verpflichtet. Sollten die betroffenen Personen gestorben sein, wird die Unterstützung an direkte Nachfahren vergeben. Dafür stellt die Alfred Landecker Stiftung fünf Millionen Euro zur Verfügung.

Hilfe für Holocaust-Überlebende

Weitere fünf Millionen Euro gehen an die Organisation Claims Conference, die sich weltweit für Überlebende des Holocaust einsetzt. Die Claims Conference soll das Geld an notleidende Betroffene verteilen. Nach Angaben der Stiftung leben von den schätzungsweise 400 000 Holocaust-Überlebenden viele in sehr schwierigen Verhältnissen. „Die von der Alfred Landecker Stiftung bereitgestellten Mittel werden einen spürbaren Unterschied im Leben vieler Überlebender machen, die es so sehr verdienen“, sagte Julius Berman, Präsident der Claims Conference.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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