Berlin/Mannheim. Wegen Lieferproblemen bei Kleinkind-Medikamenten wie Fiebersäften fordert der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte ein kurzfristiges Einschreiten der Bundesregierung. „Wir brauchen jetzt eine von der Politik angeschobene Beschaffungsaktion, um wie zu Beginn der Corona-Pandemie in einer Notlage schnell an Fiebersaft, bestimmte Antibiotika und andere selten gewordene Präparate für kleine Kinder zu kommen“, sagte Verbandspräsident Thomas Fischbach der „Rheinischen Post“. „Wir erleben eine sehr hohe Nachfrage nach fiebersenkenden Medikamenten wie Ibuprofen oder Paracetamol, weil derzeit extrem viele Kinder erkrankt sind“, schilderte Fischbach. „Es ist ein Armutszeugnis, dass so simple Medikamente wie ein Fiebersaft häufig nicht mehr verfügbar sind.“ Eltern verzweifelten.
Auch in Mannheim hat sich die Situation weiter verschärft. „Wir haben zurzeit 200 Artikel, die gar nicht lieferbar sind“, berichtet Philipp Heldmann, Inhaber von Heldmann’s Apotheke in Q 6/Q7. "Die Lage hat sich eindeutig verschlechtert, sie ist katastrophal", sagt Ralf Busch, Inhaber der Collini-Apotheke, berichtet, dass sich die Lieferengpässe für verschiedene Medikamente in Mannheim verschärft haben. Die Bandbreite der raren Artikel reicht von fiebersenkenden Mitteln über Antibiotika bis hin zu Medikamenten zum Magenschutz oder gegen Bluthochdruck.
Problem: Lieferketten unterbrochen
Besonders Kinder seien betroffen: Zäpfchen oder Säfte mit den Wirkstoffen Paracetamol oder Ibuprofen gebe es - wenn überhaupt - nur in ganz geringen Mengen: „Oft ist um 10.30 Uhr nichts mehr da“, berichtet Busch. Der Personalaufwand sei enorm: Apotheken müssten mit Ärzten sprechen, um Alternativ-Medikamente zu finden, telefonieren mit Kolleginnen und Kollegen, ob diese noch Artikel im Regal haben: „Aber nicht jeder Kunde ist so mobil, dass er nachts ans andere Ende von Mannheim fahren kann.“
Eltern seien von der Knappheit teils so verunsichert, dass sie versuchen, Hamsterkäufe zu tätigen, sollte der Fiebersaft gerade mal vorrätig sein: „Aber das machen wir nicht“, so Busch. Er habe selbst schon Paracetamol-Säfte hergestellt, die im Verkauf freilich teurer seien: „Anfangs waren die Eltern zurückhaltend, doch inzwischen ist der Druck so groß, dass sie mehr bezahlen. Aber das ist nicht Sinn der Sache“, findet Busch. Nicht nur die Lieferketten der Grundstoffe, beispielsweise aus China oder Indien, seien unterbrochen: „Es hängt in manchen Fällen auch an der Verpackung, manchen fehlt Glas, anderen das Papier für die Verpackung, wieder anderen Ersatzteile für die Maschinen zur Herstellung.“
Mannheimer Apotheke berichtet über fehlende Artikel
Philipp Heldmann von Heldmann’s Apotheke in Q6/Q7 berichtet von rund 200 Artikeln, die derzeit nicht oder kaum lieferbar seien. „Das sind vor allem die Artikel, die in Deutschland wenig kosten.“ Die Knappheit habe sich in den vergangenen Jahren abgezeichnet, nun aber verschärft: „Einen solchen Zustand hatten wir noch nie.“ Er habe seine Apotheke bislang gut bevorraten können, doch jetzt gebe es Medikamente, die nicht mehr zu haben seien. Er appelliert an die Politik, hier einzugreifen: „Die Hersteller verkaufen ihre Ware in andere Länder, da können sie für Fiebersäfte das Vielfache verdienen.“
Auch bei Medikamenten für Erwachsene hatte es zuletzt Lieferengpässe gegeben. Die Bundesregierung will als Reaktion das Vergaberecht ändern. Ziel sei, Lieferketten breiter anzulegen, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums Ende November. (mit dpa)
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