Vatikan

„Ein treuer Diener der Kirche“ –Abschied von Benedikt XVI.

Der verstorbene emeritierte Papst soll am Donnerstag beigesetzt werden. Sein Kurs als Kirchenoberhaupt war umstritten

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dpa
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Menschen stehen am Neujahrstag in einer Kirche in Altötting vor einem Bild des verstorbenen emeritierten Papstes Benedikt XVI. © Sven Hoppe/dpa

Rom. Er war der erste deutsche Papst seit mehr als 480 Jahren – nach dem Tod von Benedikt XVI. nehmen Gläubige in dieser Woche Abschied. Der emeritierte Pontifex starb am Samstag im Alter von 95 Jahren im Kloster Mater Ecclesiae im Vatikan, knapp zehn Jahre nach seinem spektakulären Rücktritt. Ab Montag wird er im Petersdom in Rom öffentlich aufgebahrt, Trauerfeier und Beisetzung sind für Donnerstag geplant.

Papst Franziskus nannte seinen Vorgänger am Sonntag beim wöchentlichen Angelus-Gebet im Vatikan einen „treuen Diener des Evangeliums und der Kirche“. Geistliche und Politiker würdigten den gebürtigen Bayern als klugen Theologen. Kritiker beklagten jedoch den konservativen Kurs Benedikts in seiner Zeit als Kirchenoberhaupt.

Joseph Ratzinger, wie sein bürgerlicher Name lautete, war 2005 als Nachfolger von Johannes Paul II. zum Papst gewählt worden. Benedikt führte den Kurs seines polnischen Vorgängers fort. Er stemmte sich gegen eine Modernisierung der Kirche, was ihm viel Kritik einbrachte. Seine Amtszeit wurde von dem Missbrauchsskandal überschattet, der die katholische Kirche in eine tiefe Krise stürzte. 2013 erregte Benedikt größtes Aufsehen, indem er als erster Papst seit mehr als 700 Jahren freiwillig zurücktrat.

Anteilnahme, aber auch Kritik

Die Todesnachricht sorgte für große Anteilnahme in Deutschland und weltweit, vor allem unter den etwa 1,4 Milliarden Katholiken. Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf Twitter, dass die Welt eine prägende Figur der katholischen Kirche verliere. „Als „deutscher“ Papst war Benedikt XVI. für viele nicht nur hierzulande ein besonderer Kirchenführer“, so der SPD-Politiker.

Für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, war Benedikt XVI. „ein beeindruckender Theologe und erfahrener Hirte“. Die Katholiken trauerten um eine Persönlichkeit, die der Kirche auch in schwierigen Zeiten Hoffnung und Richtung vermittelt habe.

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Die Reform-Initiative „Wir sind Kirche“ beschrieb Benedikt dagegen als einen „von Misstrauen getriebenen und in Angst erstarrten Theologen“, der die Kirche „in rückwärtsgewandter Weise“ geprägt habe.

2010 war der Missbrauch an unzähligen Kindern durch katholische Geistliche ans Licht gekommen – und wie dies jahrzehntelang vertuscht worden war. Mit der Forderung nach „null Toleranz“ gegen die „Sünde in der Kirche“ und der Bitte um Vergebung positionierte sich Benedikt in dieser Krise eindeutig. Anfang 2022 geriet Benedikts eigener Umgang mit Missbrauchsfällen in seiner Zeit als Erzbischof von München und Freising in die Schlagzeilen. Ein vom Münchener Erzbistum in Auftrag gegebenes Missbrauchsgutachten warf ihm Fehlverhalten in vier Fällen vor. Benedikt war von 1977 bis 1982 Erzbischof von München und Freising gewesen. In einem öffentlichen Brief entschuldigte sich Benedikt etwas später bei allen Opfern sexuellen Missbrauchs.

Kritik kam von der Opfer-Initiative „Eckiger Tisch“. „Den Tausenden von Missbrauchsopfern seiner Kirche in aller Welt wird er in unguter Erinnerung bleiben als langjähriger Verantwortlicher jenes Systems, dem sie zum Opfer fielen“, sagte der Sprecher der Initiative, Matthias Katsch, der dpa.

Gläubige pilgern nach Rom

Zu dem Requiem am Donnerstag werden in Rom bis zu 60 000 Besucher erwartet. Bis Mittwoch dürften täglich bis zu 35 000 Gläubige in den Petersdom kommen. Die Trauerfeiern für Papst Johannes Paul II. hatten 2005 ganz andere Dimensionen: Damals wollten mehrere Millionen Pilger in Rom dabei sein. Benedikt wünschte sich bescheidene Feiern.

In seinem vom Vatikan veröffentlichten geistlichen Testament dankte Benedikt Gott, der ihm das Leben geschenkt und ihn durch vielerlei Wirrnisse hindurchgeführt habe. „Betet für mich, damit der Herr mich trotz all meiner Sünden und Unzulänglichkeiten in die ewigen Wohnungen einlässt“, bat er.

Seine letzten Worte sollen „Jesus, ich liebe dich“ gewesen sein, wie die argentinische Zeitung „La Nación“ berichtete. Benedikts Privatsekretär Georg Gänswein informierte gleich nach Benedikts Tod Papst Franziskus, wie das Blatt weiter schrieb. Der 86 Jahre alte Argentinier sei zehn Minuten später im Kloster Benedikts gewesen und habe dort schweigend an dessen Körper gebetet. dpa

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