Kommentar

Der neue Nebenkanzler heißt Friedrich Merz

Olaf Scholz hat der Ampel-Koalition ein unwürdiges Ende bereitet. Bis zu Neuwahlen braucht der Kanzler die Union. Auf die Wähler kommt daher ein erhellendes Experiment zu, kommentiert MM-Chefredakteur Karsten Kammholz

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Karsten Kammholz
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Wir sind von Olaf Scholz einiges gewohnt. Als Bundeskanzler zaudernd und zögernd, wegduckend im Ampel-Dauerstreit, in der Rezession ideenlos. Ein Regierungschef, der nicht führt. Der Olaf Scholz, den man am späten Mittwochabend in seiner offensichtlich lang vorbereiteten Rede zum Koalitionsbruch erleben durfte, zeigte weitere Eigenschaften, die – zurückhaltend formuliert – interessant sind: Dieser Olaf Scholz trat beleidigt und beleidigend auf, versuchte mit allen rhetorischen Mitteln, den geschassten Finanzminister Christian Lindner die alleinige Schuld am vorzeitigen Regierungsende in die Schuhe zu schieben. Dies tat er mit Formulierungen, die eines Staatsmannes unwürdig sind. Sie hatten zum Ziel, den FDP-Chef charakterlich zu vernichten. Wenn es so viel Schmutz braucht, um die Deutungshoheit über ein kolossales Versagen zu erlangen, sind Zweifel angebracht.

Allerdings, und das muss man dem Kanzler zugutehalten, ist die Beendigung dieser dem Land schadenden Koalition richtig. Insbesondere in den vergangenen Monaten prallten zu häufig Ideologien und Egoismen aufeinander, gegenseitige Brandmauern wurden errichtet, die Regierung verlor das Wohl der eigenen Bevölkerung aus den Augen.

Nun eskaliert die Schuldsuche und überlagert eine der spannendsten Fragen für die kommenden Wochen: Wie will Scholz ohne Mehrheit im Bundestag noch Gesetze durchbringen? Es geht immerhin um steuerliche Entlastungen, das Rentenpaket, Hilfen für die Industrie und einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr. Der Kanzler ist ab sofort auf die Union angewiesen, wenn er tatsächlich erst am 15. Januar die Vertrauensfrage stellen will. Schneller als erwartet zeigt sich, wie es um die strategischen Fähigkeiten und die staatspolitische Verantwortung von CDU-Chef Friedrich Merz bestellt ist. Er ist jetzt Nebenkanzler. Für den anstehenden Wahlkampf kann diese Konstellation erhellend sein: Bis auf weiteres tragen die Verantwortung für das Land: Scholz, Habeck – und Merz.

Ehemalige Mitarbeit ehem. Chefredakteur

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