Besser wie statt besser als?

Gyöngyi Knupfer kam einst vor über 30 Jahren als junges Mädchen aus Schwetzingens ungarischer Partnerstadt Pápa in die Kurpfalz und ist immer noch hier. Im Gespräch erzählt sie, wie sie sich damals dem Dialekt angenähert hat und was sie in ihren Sprachgeb

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Im Schwetzinger Förderverein für Städtepartnerschaften war Gyöngyi Knupfer (l.) jahrelang sehr engagiert. Dafür wurde sie – wie hier bei der Feier zum 30-jährigen Bestehen des Vereins – auch ausgezeichnet. © SZ-Archiv

Gyöngyi Knupfer stammt aus Schwetzingens ungarischer Partnerstadt Pápa – seit 1993 gibt es diese Freundschaft offiziell. In den Anfangsjahren war der Austausch von Praktikanten eine der Säulen dieser Städtebeziehung. Gyöngyi war eine der Ersten, die damals nach Schwetzingen kam – es war schon im Dezember 1992. Die damals 23-Jährige aus der ungarischen Partnerstadt Pápa hatte gerade ihr Lehramtsstudium beendet und sich für eine Au-pair-Stelle in Deutschland entschieden.

Damals kam der Entschluss, nach Deutschland zu gehen, eher zufällig zustande. Gyöngyi hatte nach dem Staatsexamen eigentlich eine Stelle fest in Aussicht. Doch kurzfristig platzte diese Zusage. Genau da hörte sie, dass in der neuen Partnerstadt in Deutschland eine Au-pair-Stelle angeboten würde. Reinhard Jäntsch, der zweite Vorsitzende des Fördervereins für Städtepartnerschaften, und einer der Väter der Beziehung mit Pápa, kannte die Schwetzinger Familie gut und versprach, sich in Ungarn umzuhören. So fiel die Wahl auf Gyöngyi.

Dann trat sie die Stelle an und war damit das allererste Au-pair-Mädchen, das aus Pápa hierherkam. Und sie lebte sich relativ schnell ein. „Es hat eigentlich von Anfang an funktioniert, ich wurde lieb und nett aufgenommen“, erinnert sie sich, auch wenn sie zu Beginn noch sehr zurückhaltend gewesen sei: „Es hat vier, fünf Monate gedauert, bis ich richtig geredet habe, vorher hatte ich mich nicht getraut“, lacht sie. Das Schuldeutsch, das sie in Pápa gelernt hatte, war zwar eine ordentliche Grundlage, aber es musste sich im Alltag entwickeln. Dabei half ihr die Gastgeberfamilie, die glücklicherweise nicht viel Dialekt sprach.

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Und nicht nur die deutsche Sprache wurde ihr beigebracht, sondern auch einiges an Kochkenntnissen: „Ich konnte vorher kaum kochen.“ Inzwischen kann sie längst auch ungarische Gerichte zubereiten. Schnell entstand zu den beiden Töchtern der Familie – damals fünf und 19 Monate alt – ein inniges Verhältnis. Heute sind die beiden jungen Damen von Anfang 20 und sie hatten lange Kontakt. Kein Wunder, denn aus dem geplanten einem Jahr in Schwetzingen wurden für Gyöngyi drei, ehe sie zurück nach Ungarn ging und dort eine Stelle als Assistentin der Geschäftsleitung annahm.

An die erste Zeit konnte sie sich jetzt spontan gar nicht mehr so gut erinnern, erst nach einigem Überlegen fiel ihr ein: „Ich konnte damals noch nicht so gut Deutsch, dazu kam der Dialekt.“ Einiges habe sie dann schnell verstanden: „Morsche“ zur Begrüßung, „net“ statt nicht, „Aämer“ anstelle von Eimer, „Gell“ statt nicht wahr oder die Ortsbezeichnungen wie „Mannem“ oder „Ofdasche“, wo die heutige Lehrerin heimisch wurde. In einem Wörterbuch fand sie diese Begriffe nicht, auch nicht „Zwoo“, „Fuffzehn“, „veschpern“ oder „babbeln“.

„Aber mit der Zeit habe ich den Dialekt verstanden“, blickt sie zurück. Geholfen hatte ihr auch die Sprachschule, die sie einst besuchte und wo sie regionale Sprachbesonderheiten wie „besser wie“ als „besser als“ lernte. Das alles sei aber kein Vergleich zu dem Dialekt auf der schwäbischen Alb gewesen, den sie über ihre neue Familie kennenlernte. „Da habe ich noch nach drei Tagen kein Wort verstanden.“ Denn 1997 kehrte sie endgültig nach Deutschland zurück, gründete mit ihrem damaligen Mann, den sie während ihrer Au-pair-Zeit kenngelernt hatte, eine Familie.

Bis Gyöngyi Knupfer wieder in ihrem ursprünglichen Beruf als Lehrerin arbeiten durfte, war es ein weiter Weg: „Denn mein Staatsexamen war hier nicht anerkannt.“ Deshalb arbeitete sie erst als kaufmännische Angestellte. Sie musste ein deutsches Sprachdiplom machen, dann einen Anpassungslehrgang. Nach zwei Jahren am Hebel-Gymnasium Schwetzingen war sie dann endlich Gymnasiallehrerin. Und sie ist immer noch sichtlich stolz darauf, dass sie das geschafft hat.

Was ihr – neben der Familie – am meisten fehlte, war die ungarische Spontaneität, erzählte sie vor Jahren unserer Zeitung: „Man kommt einfach vorbei und muss sich nicht vorher anmelden. Das musste ich erst lernen.“ Apropos Lernen: Die deutsche Sprache spricht sie zwar perfekt, aber eine grammatikalische Achillesferse gibt es doch: „Mit den Artikeln habe ich heute noch Probleme“, sagte Knupfer, die jahrelang im Vorstand des Schwetzinger Fördervereins für Städtepartnerschaften wirkte.

Die Uhrzeiten waren übrigens weniger ein Problem für sie als für andere „Neigeblaggte“, die mit Viertel Neun oder Dreiviertel Neun so ihre Probleme haben. „Das ist so wie in Ungarn.“ Auch bei den kulinarischen Bezeichnungen war ihr vieles vertraut, denn das kannte sie aus Österreich. Übernommen in ihren eigenen Wortschatz hat sie auch nach rund 30 Jahren nur wenig, das „net“ kommt ihr ab und zu über die Lippen.

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