Tradition

Staatssekretärin eröffnet in Neckarau Schildkrötpuppen- Ausstellung

Die Puppen mit der Schildkröte im Nacken eroberten von Neckarau aus die Welt. Der Verein Geschichte Alt Neckarau bewahrt sie und macht sie jedes Jahr Besuchern zugänglich

Von 
Sylvia Osthues
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Marga Steiner hegt und pflegt ihre Lieblinge. © Sylvia Osthues

Mannheim. Sie heißen Bärbel, Erika, Inge oder Hans: Die beliebten Puppen mit der Schildkröte im Nacken eroberten von Neckarau aus Kinderherzen weltweit. Aus Celluloid gefertigt, waren sie bis in die 1960er Jahre der Verkaufsschlager der Rheinischen Gummi- und Celluloid-Fabrik in Neckarau - auch bekannt als die Schildkrötfabrik. Anlässlich der Eröffnung der beliebten weihnachtliche Schildkrötpuppen-Ausstellung im Wappensaal des Neckarauer Rathauses gingen der Vorsitzende des Vereins Geschichte Alt Neckarau, Wolfgang Reinhard, und sein Stellvertreter, Norbert Staab, auf Spurensuche.

„Seit Gründung des Vereins 1983 kümmert sich Puppenmutti Marga Steiner, unterstützt von Irene Gärtner und Gerhard Ruf, um die Puppensammlung“, berichtete der Vorsitzende. Seitdem begeisterte die Ausstellung in der Weihnachtszeit nicht nur Tausende Kinder, sondern auch Erwachsene. Die diesjährige Ausstellung zeigt über 200 Puppen aus der 800 Exemplare umfassenden Sammlung nebst historischen Puppenwagen und Puppenküchen. Die Vielfalt der Puppen und die Liebe zum Detail begeisterten die zahlreichen Gäste, darunter auch Lore Herbert, deren Vater den Verein mitbegründet hatte und die heute selbst den Verein unterstützt.

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Bezaubernd, bildhübsch und natürlich: Jede Puppe hat ihren besonderen Liebreiz. Ihre Namen sind verbunden mit Mode, mit Stil, Zeitgeist und Kultur. Die Schildkrötfabrik reagierte auf Veränderungen der Gesellschaft und der Wirtschaft. Die Puppen sind ein Spiegelbild ihrer Zeit. Weil ihre zwei Mitstreiter erkrankt waren, hatte Marga Steiner die diesjährige Ausstellung allein organisiert. „Das ist nicht in einer Woche aufgestellt, sondern bedeutet wochenlange Arbeit“, lobte Staab.

Rund 800 Puppen in der Sammlung bedeuteten an sich immer Arbeit. „Die Puppen, die schlummern, zum Leben erwecken, kostet viel Arbeit und Hirnschmalz“, weiß der Zweite Vorsitzende. Sein Rückblick drehte sich zum einen um die Schildkrötpuppen und zum anderen darum, die Hersteller in Erinnerung zu rufen. Die Rheinische Gummi- und Celluloid- Fabrik wurde 1873 gegründet von vier jüdischen Kaufleuten. Die später auch Schildkröt genannte Fabrik hieß in Neckarau nur die „Gummi“ oder die „Knall“, wegen des Materials, das brennbar war, und auch schon mal explodierte. Bis 1893 wurden nur Porzellankopfpuppen hergestellt. „Celluloid ist wie der Panzer einer Schildkröte, da geht wenig kaputt“, erklärte Staab.

Ab 1895 wurden die Schildkrötpuppen serienmäßig hergestellt. Gastarbeiter kamen hauptsächlich aus Bayern, weil sie schon Porzellanköpfe anmalen konnten. „Die Gummi, die 1914 rund 6000 Mitarbeiter zählte, hat viel für Neckarau getan, was den Stadtteil noch heute prägt, wie die Häuser am Marktplatz für die leitenden Angestellten, der Wasserturm und das Badehaus im historischen Ensemble des Alten Rathauses“, zählte Staab auf.

Verein macht Geschichte erlebbar und schafft Begegnungen

„Das ist Teil der Mannheimer Geschichte“, betonte Staatssekretärin Elke Zimmer, die die Ausstellung eröffnete. Sie fand es „schön, dass die Menschen hierbei zusammenkommen“. Ein weihnachtlicher Zauber für Kinder, der auch bei Erwachsenen noch besonders spürbar sei. Zimmer dankte den Organisatoren, die die Ausstellung jedes Jahr so zauberhaft zusammenstellten. „So wird Geschichte erlebbar“, sagte sie. „Was der Verein in besonderer Weise erfüllt, ist unglaublich wichtig, das ist Heimat, versammelt sein ist gerade in heutiger Zeit wichtig“, betonte die Staatsekretärin. Wichtig sei persönliches Erleben.

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Über das ganze Jahr verteilt würde der Verein Geschichte erlebbar machen und Raum für Begegnungen schaffen. „Das ist es, was wir brauchen - ein Beitrag zur Demokratie im Land“, erklärte die Staatssekretärin „Heute stehen die Puppen im Mittelpunkt, der Neckarauer Heimatverein ist im Besitz einer der weltweit größten Sammlungen von Schildkrötpuppen aus der Herstellung der Neckarauer Rheinischen Gummiwaren- und Celluloid -Fabrik“, so Zimmer weiter.

Die Staatssekretärin dankte auch für deren Konservierung. „Die Puppen müssen gehegt und gepflegt werden, sie werden gezeigt in einer Pracht, das weckt Erinnerung und lässt gerade in der Adventszeit den Zauber der Kindheit aufleben“, sagte sie.

Freie Autorin

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