Mannheim. Vor der Christuskirche in der Oststadt parkt zurzeit ein blau-weißer Doppeldeckerbus mit der Aufschrift „Café“ und Santiago de Compostela als Ziel in der Anzeige. An der Seite sind Lämpchen montiert, kleine Klapptische und Stühle stehen davor. „Doppellecker“ steht groß unter den Fenstern.
Man wird neugierig und kommt einfach nicht an dem Bus vorbei, man muss herausfinden, was es mit dem spektakulären Gefährt auf sich hat. Hier gibt es Kaffee und kalte Getränke zu einem Preis, den man sich aussuchen kann – es gibt nur Preisempfehlungen als Richtwert. Der Bus ist ein Gesamtkunstwerk, von innen mindestens genauso großartig wie von außen.
Im Untergeschoss befindet sich eine Küche mit Profi-Kaffeemaschine und ein paar Sitzbänken mit kleinen Tischen, im Obergeschoss sind weitere Sitzmöglichkeiten und ein abgetrennter Wohnbereich. Richtig gelesen, hier wohnt jemand – und zwar Michel Malcin und Helene Volkensfeld, die Betreiber des Cafés.
Inspiration durch das Buch „Das Café am Rand der Welt“
Das Interieur ist besonders detailreich und nostalgisch gestaltet, zum Teil mit originalen Sachen aus den 1950er Jahren. Im Hintergrund läuft die dazugehörige Musik, was das Ganze noch flauschiger macht.
Der Bus der Marke Büssing ist Baujahr 1959. Die Frage stellt sich, wie man an ein solches Exemplar kommt. „Internet, Kleinanzeigen, Schrottplatz“, meint Malcin. „Der Bus war bis 1970 in Berlin als Linienbus unterwegs, innerhalb der Mauer.“ Jetzt kommt er durch ganz Europa. Inspiriert wurde Malcin durch das Buch „Das Café am Rande der Welt“ von John Strelecky, das 2012 erschien. „Das ist eine fiktive Geschichte, bei der die Leute Fragen ans Leben stellen. Fragen stehen auch bei uns in der Speisekarte.“
Was macht dich lebendig? Wovor hast du Angst? Damit kann man sich auseinandersetzen, während man seinen Kaffee oder Cappuccino trinkt. Der Anstoß, sich im kunterbunten Bus über tiefgründige Themen zu unterhalten, kommt nicht von ungefähr. Malcin war 15 Jahre lang Pastor im Münsterland, erlitt einen Burnout und wagte einen Neuanfang. Er kaufte 2019 den historischen Bus, baute ihn um, gestaltete ihn mit Deko, die ausschließlich vom Flohmarkt stammt und wollte nach neun Monaten durchstarten.
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Dopelleckerbus bis Freitag in Mannheim, danach in Gernsheim und Mainz
„Dann kam Corona. Ich habe in dieser Zeit den Kaffee aus dem Fenster heraus verkauft. Nach Corona bin ich in den Bus eingezogen.“ Vor zwei Jahren kam Helene mit dazu. Mit der Bürokratie, zum Beispiel wegen des Standorts des Busses oder der Postadresse, haben die beiden keine Probleme. „Wir stehen einfach irgendwo, meistens dürfen wir bleiben. Wir standen eine Woche vor dem Eiffelturm und zwei Wochen vor der Kathedrale in Santiago de Compostela.“ Den Jakobsweg begannen sie in Osnabrück.
Viele Leute, die vorbeikommen, nehmen im Bus oder davor Platz, um spontan etwas zu trinken. „Mir ist der Bus aufgefallen, er ist superschön und urgemütlich. Ich probiere gerne Foodtrucks aus“, sagt eine Kundin. „Dass man sich den Preis aussuchen kann, ist nebensächlich.“ Die Reise wurde bereits in einer ARD-Dokumentation festgehalten, im Herbst nächsten Jahres erscheint ein Buch. Der Dopellecker-Bus steht noch bis Freitag, 27. September, vor der Christuskirche, geöffnet ist von 10 Uhr bis 13 Uhr und 15 Uhr bis 21 Uhr. Dann geht es weiter nach Gernsheim, danach nach Mainz. Den jeweiligen Standort findet man unter www.doppellecker.com.
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