Mannheim. Wohnraum ist knapp. Auch in Mannheim suchen Familien, Paare, Singles und Studierende händeringend ein passendes Zuhause. Gleichwohl stehen Wohnungen leer - weil sie erst gar nicht vermietet werden. Beispielsweise weisen an dem Innenstadtgebäude O 6, 8 Klingelschilder, die keinen Namen tragen, darauf hin, dass Etagen über dem Modegeschäft „American Vintage“ ungenutzt sind. Hinter oberen Fensterfronten kündet seit Jahren nichts von dort lebenden Menschen. Warum? Eine Recherche.
Vermutlich fällt den meisten City-Bummlern gar nicht auf, dass in dem Gebäude zwischen der Flaniermeile Planken und den Kapuzinerplanken zwei Obergeschosse verwaist sind. Blicke zieht das Modegeschäft mit großen Schaufenstern auf sich. In dem Laden vermag niemand Auskunft zu geben, ob eine der über dem Laden liegenden Wohnungen zu mieten ist. Diese stünden „schon eine kleine Ewigkeit“ leer, ist lediglich zu erfahren.
Spur führt nach Köln
Das Objekt gehört der „Aachener Grundvermögen“ mit Sitz in Köln, die in Mannheim insgesamt neun Immobilien besitzt. Laut Homepage handelt es sich bei der 1973 gegründeten Kapitalverwaltungsgesellschaft um eine „langfristig orientierte Immobilieninvestmentgesellschaft für institutionelle Anleger, überwiegend aus dem kirchlichen und gemeinnützigen Bereich“.
Die Redaktion fragt schriftlich nach, was es mit dem Teil-Leerstand des Gebäudes im Herzen der Quadrate auf sich. Die Pressesprecherin bestätigt, dass es in dem Geschäfts- und Bürohaus drei Wohnungen im dritten und vierten Obergeschoss gibt. Davon seien zwei nach dem Auszug der Altmieter im Juni 2018 und September 2019 - also vor fünf beziehungsweise vier Jahren - „aktuell nicht vermietbar“. Aufgrund „ihres Schnitts, ihrer Beschaffenheit, ihrer Ausstattung sowie ihres Zustands“, so heißt es, seien die Räumlichkeiten „nicht mehr für den Mietmarkt geeignet“. Deshalb werde „eine Projektstudie zur Umsetzbarkeit einer Revitalisierung“ erarbeitet. Die Antwort endet: „Wir haben Kontakt zur Stadt Mannheim aufgenommen.“
Vom Rathaus möchte der „MM“ Näheres über die vorgelegten Pläne für die Wohnungen wissen. Die Sprecherin des Fachbereichs für Wirtschaft und Strukturförderung teilt überraschenderweise mit, dass es „in der Angelegenheit keinen Kontakt zur Aachener Grund gab“. Dies gelte auch für das Dezernat IV, zuständig für Planung und Bauen.
Satzung 2021 in Kraft getreten
Ausführlich beantwortet der Fachbereich die Nachfrage zu der im Oktober 2021 in Kraft getretenen Satzung über das Verbot, Wohnraum nicht als solchen zu nutzen. Das Wirtschaftsdezernat führt aus: Unter Zweckentfremdung fallen beispielsweise Wohnungen, bei denen mehr als die Hälfte der Fläche für gewerbliche oder berufliche Zwecke dient beziehungsweise bauliche Veränderungen ein Wohnen unmöglich machen. Und welche Verstöße hat die Stadt bereits verfolgt? Aus „datenschutzrechtlichen Gründen“, so der Fachbereich, könne dazu keine Auskunft erteilt werden. Allerdings wird versichert, dass entsprechende Hinweise, auch zu Vermietungen an Touristen, geprüft und je nach Ergebnis geahndet würden.
Aus „Datenschutzgründen“ erfährt der „MM“ auch nicht, warum im Quadrat Q 3 ein drei Etagen umfassendes Haus mit wunderschönen alten Brüstungen leer steht und dem Verfall preisgegeben wird. Nur so viel ist zu erfahren: Zu dem Objekt in Privateigentum gingen in den vergangenen Jahren „keinerlei „baurechtliche Vorgänge“ ein.
Und dann bekommt die Recherche einen zusätzlichen Schub - weil der „MM“ eher zufällig auf ein verwaistes Doppelhaus an der Dürerstraße in Neuostheim aufmerksam gemacht wird. Dass dieses länger als einige Monate verwaist sein dürfte, davon künden mit Klappläden verschlossene Fenster und an so allerlei Stellen bröckelnder Putz. Und das nach hinten weiträumige Gartenareal präsentiert sich als grüne Wildnis, von Dornen durchzogen. Man mag es kaum glauben: Das Anwesen gehört der Stadt Mannheim.
„Zügige Abwicklung beabsichtigt“
Auf Anfrage lässt der Fachbereich wissen, das Objekt solle an die GBG gehen: Mit der Tochtergesellschaft befinde sich das Bau- und Immobilienmanagement „seit längerer Zeit in engem Austausch“, um die Konditionen der Übertragung festzulegen und „für das Objekt eine für alle Beteiligten sinnvolle Nutzung zu finden.“ Außerdem heißt es: „Eine möglichst zügige Abwicklung ist beabsichtigt.“
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Angesichts dieser Botschaft drängt sich die Frage auf, was unter „zügig“ verstanden wird. Schließlich sind die letzten Mieter bereits vor fünf Jahren ausgezogen. Die Stadt bestätigt: Die Doppelhaushälften stehen seit „circa 2018“ am Eingang von Neuostheim leer.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Leerstands-Verbot auf dem Wohnungsmarkt nur eine Leerformel?