Interview

Guns n'Roses-Bassist Duff McKagan über sein neues Album "Lighthouse"

Duff McKagan ist Bassist der Hardrock-Band Guns n’Roses. Nebenher nimmt er aber auch vorzügliche Folk-Rock-Alben auf. Das dritte heißt „Lighthouse“ und erscheint am 20. Oktober. Ein Gespräch nach dem Konzert in Frankfurt

Von 
Steffen Rüth
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Michael Andrew „Duff“ McKagan veröffentlicht am 20. Oktober sein drittes Album. © picture alliance/dpa/Charles Peterson

Herr McKagan, früher lautete die Devise „Sex, Drugs & Rock’n’Roll“. Gilt das für Musiker heute noch?

Duff McKagan: Ab einem gewissen Alter packst du das sonst nicht. Ich war heute Morg

en zum Beispiel auch im Fitnessraum des Hotels, habe vor allem was für meine Beinmuskeln getan. Die Beine und der Rücken sind entscheidend für die gesamte Konstitution, denn so ein Bühnenboden ist wirklich verdammt hart. Aber vor dreißig oder vierzig Jahren war mir das natürlich komplett egal mit dem Ausgleichssport. Ich war 15, 16, als ich anfing, in Seattle in Punkbands zu spielen. Die Gesundheit war das Letzte, worauf ich geachtet hatte. Das änderte sich erst, als ich 30 war und mit dem Alkohol und den Drogen aufhörte, und zwar konsequent. Ich habe eine Kehrtwende um 180 Grad gemacht. Seitdem ist mir die Fitness, vor allem die mentale Fitness, superwichtig.

Sie betreiben auch asiatischen Kampfsport. Sind Sie körperlich besser in Schuss als die meisten Mittzwanziger?

McKagan: Das kann sogar gut sein. Wobei ich festgestellt habe, dass die Fittesten fast immer die Enddreißiger sind. Die achten bereits sehr auf ihren Körper, haben aber noch keine Verfallserscheinungen. Aber auch ich kann mich echt nicht beklagen. Ich erinnere mich an meinen Vater, der war mit 59 ein alter Mann. Es war einfach eine andere Zeit damals. Heute sind die meisten meiner Freunde genauso aktiv wie ich.

Hätten Sie als Jugendlicher geglaubt, mit 59 noch die Stadien zu rocken?

McKagan: Ach, nein, null. Meine Philosophie lautet: Das Leben führt dich dahin, wo es dich hinführt. Wir wissen nicht, wie lange es währt und wo es uns hinführt. Wir sollten uns nur im Klaren darüber sein, dass anschließend wohl nichts mehr kommt. Also nutzen wir doch dieses Leben aus und füllen es mit positiven Erlebnissen und schönen Erfahrungen. Mein großes Bestreben ist es, das Leben auszuschöpfen.

„I Just Don’t Know“ heißt das letzte Lied auf Ihrem neuen Album. Im Text sinnieren Sie darüber, was wohl passieren mag, wenn wir sterben.

McKagan: Ich würde mich freuen, wenn meine Seele nach dem Tod über den Ozean fliegt, aber niemand weiß es. Was mir zugeflogen kam, war der Refrain, und zwar während ich mit unserer Hündin draußen war. Plötzlich musste ich ganz schnell heim, um die Melodie festzuhalten. Die Hündin war nicht sehr glücklich (lacht).

Heute ist es Mode, den Weltuntergang herbeizureden. Sie sagen im Song „Hope“ das Gegenteil, nämlich, dass das Ende der Welt überhaupt nicht nah ist. Ein Pfeifen im Walde?

McKagan: Nein, ich bin wirklich der Überzeugung, dass überhaupt nichts den Bach runtergehen muss, wenn wir uns als Menschheit mal ein bisschen zusammenreißen würden. Ich glaube an die Kraft der positiven Veränderung. Ich muss mich auch nicht zwingen, hoffnungsvolle Texte zu schreiben. Ich glaube einfach, dass wir Menschen, wenn wir uns in dunklen Ecken wiederfinden, alles daransetzen, um da rauszukommen und uns an einen helleren Ort zu retten. Das Licht ist auf Dauer einfach gesünder als die Höhle.

Musiker und Vermögensberater

  • Michael Andrew „Duff“ McKagan kommt 1964 in Seattle zur Welt. Er spielt in diversen Punk- und Hardrock-Bands, bevor er 1985 nach Los Angeles zieht und als Bassist bei der Band Guns N’Roses einsteigt, die zwei Jahre später mit dem Album „Appetite For Destruction“ weltberühmt wird und nach volatilen Zeiten wieder regelmäßig um die Welt tourt.
  • Zusätzlich nimmt McKagan Soloalben auf, schreibt Kolumnen für diverse Medien, ist Autor zweier Bücher und Vermögensberater.
  • Am 20. Oktober 2023 erscheint sein drittes Solo-Album "Lighthouse".

Sie sprechen aus Erfahrung?

McKagan: Ja, klar. Zu wissen, was in den dunklen Ecken liegt, motiviert dich sehr, nicht wieder dorthin gehen zu wollen. Ich wäre vielleicht nicht mehr am Leben, wenn ich meine Sucht nicht erfolgreich bekämpft hätte. Ganz sicher hätte ich meine Frau Susan nicht kennengelernt, mit der ich zwei wunderbare, mittlerweile erwachsene Töchter habe. Wir feiern im kommenden Jahr Silberhochzeit.

Sie sagen, der Titelsong „Lighthouse“ ist Ihrer Frau gewidmet?

McKagan: Ja, das ist so. Wir lernten uns bei einem Blind Date kennen, und seither haben wir diese tiefe Verbindung. Wir verlassen uns aufeinander, wir wissen, dass wir beim anderen sicher und geborgen sind. Wir geben uns Stabilität. Wir tun einander einfach gut.

Lässt sich das auch über das Verhältnis zu Ihren Bandkollegen sagen? In der Vergangenheit hat es vor allem zwischen Axl Rose und Slash immer wieder gekracht, Guns n’Roses standen nicht selten vor dem endgültigen Aus, Sie haben sich aber immer wieder berappelt. Wie kommen Sie heute miteinander zurecht?

McKagan: Sehr viel besser. Wir reisen zusammen, nicht jeder einzeln, auf so einer Tournee verbringen wir einfach sehr viel Zeit miteinander.

Führen Sie tiefgründige Gespräche miteinander?

McKagan: Das auch nicht. Unsere Kommunikation konzentriert sich auf die drei Stunden, die wir abends gemeinsam auf der Bühne stehen. Slash ist eh kein großer Redner, er kommuniziert mit seiner Gitarre. Ich stimme ein, und das ist dann unsere Unterhaltung. So rede ich mit Slash, seit wir 19 sind.

Ihr vorheriges Soloalbum „Tenderness“ bestand durchweg aus ruhigen, akustischen Songs. Auf „Lighthouse“ bieten Sie mehr Varianz, es gibt auch rockige Nummern wie „Hope“ oder „Holy Water“. Gab es für die Platte ein bestimmtes Konzept?

McKagan: Das nicht, aber es gab sehr viel Zeit zum Nachdenken und Ausprobieren während der Pandemie. Ich schrieb sechzig Songs, das erste Bündel besteht nun aus musikalisch diversem Material, das aber inhaltlich sehr gut zusammenpasst: Es geht auf „Lighthouse“ durchweg um Hoffnung und ums Durchhalten in harten Zeiten. Und um die Liebe.

Iggy Pop taucht auf der Platte auch auf. Ein Freund von Ihnen?

McKagan: Ein Freund und ein echtes Vorbild. Iggy ist ein Punk fürs Leben. Ich habe mit dem Produzenten Andrew Watt und dem Schlagzeuger Chad Smith eine kleine Hobbyband, wir spielten auf Iggys aktuellem Album „Every Loser“, das Andrew produziert hat, und währenddessen bot Iggy an, auf meinem Album mitzumachen und auf „Lighthouse Reprise“ ein paar Zeilen zu rezitieren.

Ungewöhnlich: Sie haben Ahnung von Geld. Sie haben Wirtschaft studiert und mit Meridian Rock eine Vermögensverwaltung speziell für Musiker gegründet. Können Sie ein paar Tipps verraten?

McKagan: Ganz wichtig bei der Geldanlage ist, was immer wichtig ist im Leben: neugierig sein, beobachten, keine Scheuklappen haben, nicht der Herde hinterherlaufen. Ich bin in Seattle aufgewachsen, ich habe den Aufstieg von Microsoft frühzeitig miterlebt, bin dort eingestiegen, habe immer an diesem Aktieninvestment festgehalten und es nie bereut. Der zweite Tipp lautet: Verkaufe niemals das Haus, in dem du lebst. Denn langfristig wird es im Wert steigen.

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