Mannheimer Gemeinderat

SPD nominiert Riehle als neuen Wirtschaftsbürgermeister: Welche Folgen hat das für die Partei?

Die SPD-Fraktion in Mannheim hat mit Thorsten Riehles Nominierung als neuer Wirtschaftsbürgermeister die erwartete Entscheidung getroffen - damit aber schwierigere Personalfragen aufgeworfen

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Steffen Mack
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Thorsten Riehle (r.) mit Ehemann Markus Schwarz-Riehle und Hund Fee im Januar am Rheinauer See, als er seine OB-Kandidatur bekanntgab. © Christoph Blüthner/SPD

Mannheim. Es soll ja abergläubische Menschen geben, die an einem Freitag, dem 13., allen potenziellen Risiken aus dem Weg gehen. Aber auf die Mannheimer Sozialdemokraten, so stolz wie sturmerprobt, dürfte das kaum zutreffen.

Dass da nun manche Anrufe und Anfragen unbeantwortet bleiben, liegt wohl eher an einer morgens um 9.59 Uhr verschickten Pressemitteilung. Darin wird offiziell bekanntgegeben, was nicht mehr das allergrößte Geheimnis war: Die SPD-Fraktion will ihren Chef Thorsten Riehle zum Bürgermeister für Wirtschaft und Kultur machen, die Amtszeit von Michael Grötsch (CDU) läuft Ende Februar 2024 aus.

Wer ersetzt Thorsten Rhiele als SPD-Fraktionsvorsitzenden? 

So erwartbar die Nominierung ist, wirft sie andere Personalfragen auf. Über die womöglich, es wäre beileibe nicht das erste Mal, innerparteilich noch Stillschweigen verabredet ist. Vor allem die, wer Riehle an der Fraktionsspitze ersetzt. Geschäftsführerin Lena Kamrad, die am Freitag löblicherweise als Einzige und schon nach kurzer Zeit zurückruft, kündigt an, die Entscheidung werde noch im Oktober bekanntgegeben.

Nazan Kapan soll in den Mannheimer Gemeinderat zurückkehren. © Archiv

Aber Kamrad bestätigt eine weitere Personalie: Wenn Riehle Mitte Dezember zum Dezernenten gewählt wird, was wegen des Vorschlagsrechts der SPD ziemlich wahrscheinlich ist, soll für ihn im Frühjahr Nazan Kapan  in den Gemeinderat zurückkehren. Sie ist nun auf der SPD-Liste die Nächstplatzierte.

SPD nominiert Thorsten Rhiele einstimmig als Wirtschaftsbürgermeister

Aber zunächst richtet sich fast alle Aufmerksamkeit auf den Mann, der Kapan Platz machen will. In ihrer Pressemitteilung begründet die SPD-Fraktion ihr einstimmiges Votum mit seiner hohen Kompetenz. „Wir haben mit Thorsten Riehle nicht nur einen politisch und gesellschaftlich vielfach engagierten Menschen, sondern auch einen anerkannten Fachmann in den Tätigkeitsfeldern des Dezernats II nominiert“, wird Vize Reinhold Götz zitiert.

Kommentar Thorsten Riehle ist als Bürgermeister sehr geeignet

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Riehle habe als Unternehmer Personalverantwortung für bis zu 100 Menschen getragen, sei als Zweiter Vorsitzender der Mannheimer Runde bestens vernetzt, engagiere sich seit mehr als 30 Jahren bei Wohlfahrtsverbänden und Hilfsorganisationen, die Expertise des langjährigen Capitolchefs im Bereich Kunst und Kultur sei unbestritten.

Götz ist - außer Riehle, versteht sich - der Einzige, der in der SPD-Mitteilung genannt und ausgiebig zitiert wird. Immerhin hat die Fraktion neben ihm noch eine Stellvertretende Chefin, Heidrun Deborah Kämper. Aber womöglich ist sie als Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde angesichts der furchtbaren Ereignisse in Israel auch einfach gerade mit anderen Dingen beschäftigt.

Was sagt Thorsten Riehle zur Nominierung? 

Riehle wiederum wird in der Mitteilung so zitiert: „Ich bin sehr dankbar für das große Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde. Nach Abgabe meiner Bewerbung werde ich bei den anderen Fraktionen um deren Unterstützung werben.“

Im Gemeinderat wollten Mannheimer Liste, FDP und AfD vergeblich verhindern, dass ausgerechnet jetzt die Regeln für Dezernenten geändert wurden. Ein abgeschlossenes Hochschulstudium ist nun nicht mehr nötig, nur „wünschenswert“. Riehle wurde nach einem Grundstudium in Politologie, Betriebswirtschaft und Erziehungswissenschaften bei der „Schwetzinger Zeitung“ zum Redakteur ausgebildet.

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Er wird künftig nicht nur an der Fraktionsspitze fehlen, sondern auch bei der nächsten Kommunalwahl. Von denen, die 2019 auf den ersten fünf Plätzen standen, ist dann nur noch Götz da. Neben Kamrad haben ja auch Ralf Eisenhauer als Baubürgermeister und Isabel Cademartori als Bundestagsabgeordnete längst andere Aufgaben.

Jusos in Mannheim wollen junge Kandidaten bei Kommunalwahl

Auf eine Verjüngung drängen vor allem die Jusos. Sie wollen ihre Spitzenkandidaten unter den ersten Zehn wissen. Das sind Cademartoris Büroleiter Kai-Uwe Herrenkind, für seine organisatorischen Verdienste bei ihrem Wahlsieg 2021 intern hoch angesehen, sowie Annalena Wirth. Die gilt als große Nachwuchshoffnung, wurde zuletzt aber bei ihrer sehr knappen Nominierung für die Europawahl abgestraft. Offensichtlich gedacht als Warnung für die Jusos, nicht zu forsch aufzutreten.

Wobei die Fraktion schon sehr gereift ist. Zweitjüngster nach der 39-jährigen Melanie Seidenglanz - für die noch vier Jahre jüngere Cademartori nachgerückt - ist Riehle mit 53, es folgt der Kreisvorsitzende Stefan Fulst-Blei mit 55. Der Altersdurchschnitt liegt aktuell bei 60,9. Bei den Grünen beträgt er 48,6, bei der CDU 56,5, wie auf Anfrage Alexander Mieske und Matthias Sandel mitteilen, Geschäftsführer der beiden anderen größeren Fraktionen.

Altersschnitt bei SPD im Gemeinderat in Mannheim bald noch höher

Folgt die 61-jährige Kapan auf Riehle, wird sich der Altersschnitt bei der SPD sogar auf 61,7 erhöhen. Aber da kann sie natürlich am wenigsten dafür. Sie hat auch einen guten Grund, nicht ans Handy zu gehen. Laut Kamrad ist Kapan auf Reisen.

Ein bisschen bitter dürfte sich Riehles Nominierung indes für jemand anderen anfühlen. Es ist jetzt schon das dritte Mal, dass Stefan Fulst-Blei vergeblich auf ein Dezernat gehofft hat. 2011 bevorzugte die SPD für seinen Lieblingsbereich Bildung Ulrike Freundlieb. Als die acht Jahre später aufhörte und der Kreisvorsitzende ihr Nachfolger werden sollte, fiel das Vorschlagsrecht kurzfristig an die Grünen, gerade stärkste Fraktion geworden. Die SPD als zweitstärkste bekam dafür in den Verhandlungen auch mit der CDU das Grötsch-Dezernat zugesagt. Dass es Fulst-Blei bekommen würde, galt vor der OB-Wahl als quasi ausgemacht. Nun ist da Riehle.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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