Mobilität

Kein Umweltbonus für Gewerbekunden mehr - E-Auto-Nachfrage sinkt

Bislang hat es beim Kauf der meisten E-Autos den Umweltbonus gegeben. Doch nun ist der Kreis der Anspruchsberechtigten geschrumpft. Wie sich das auf Autohändler in der Region auswirkt

Von 
C. Schall, A. Jungert
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Der Umweltbonus für gewerblich genutzte Elektroautos ist seit 1. September abgeschafft. © istock

Berlin. Bislang hat es beim Kauf der meisten E-Autos den Umweltbonus gegeben. Doch nun ist der Kreis der Anspruchsberechtigten geschrumpft: Seit 1. September können nur noch Privatkunden davon profitieren. Gewerbliche Kunden hingegen müssen den vollen Preis zahlen, das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) akzeptiert keine Anträge mehr. Die Industrie schimpft, das Handwerk auch. „Die Abschaffung des Umweltbonus für gewerblich genutzte Pkw wird einen negativen Effekt auf deren Zulassungen und damit den Elektro-Pkw-Markt insgesamt haben“, sagt Hildegard Müller, die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie. Und für Holger Schwannecke, Generalsekretär beim Zentralverband des Deutschen Handwerks, ist das Auslaufen der Prämie „angesichts des Förderbedarfs wie der klimapolitischen Zielsetzungen unverständlich“.

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Die Entscheidung ist Teil der neugefassten Richtlinie zum Umweltbonus des Bundeswirtschaftsministeriums, die schon seit Jahresanfang gilt und auch andere Fördermöglichkeiten des Staates für Elektrofahrzeuge eingeschränkt hat. Folgen sind unmittelbar bei Autohändlern in der Region zu spüren.

„Der Ansturm war enorm in den letzten Monaten“, sagt Jessica Hill, Marketingmanagerin der Torpedo-Gruppe, die mehrere Autohäuser bundesweit, darunter in Mannheim, betreibt. „Viele Gewerbekunden sind noch aufgesprungen, um die Prämie zu erhalten.“ Andere Firmen bestätigen den Trend: „Die Einstellung der Förderung ist deutlich zu spüren, die Nachfrage geht zurück“, erklärt Kurt Müller von der Scherer Gruppe, die in den Autohäusern der Region vor allem Marken aus dem Volkswagen-Konzern (VW, Audi, Skoda, Seat, Cupra) vertreibt. Ähnliches sei schon beim Wegfall der Prämie für Plug-in-Hybride zu spüren gewesen. „Die Nachfrage nach Plug-ins ist danach komplett eingebrochen.“ Jetzt verschiebe sich das Interesse wieder hin zu Verbrennern. „Die Tendenz geht auch wieder zum Diesel“, so Müller. Die könnten mit einer hohen Reichweite punkten.

Leasingraten steigen sprunghaft

„Wir haben im August noch ordentlich ausgeliefert“, beschreibt Tanja Ivancan den Endspurt vor dem Ende der Prämie. Die Geschäftsführerin des gleichnamigen Autohauses mit Sitz in Heidelberg meint, dass der Zuschuss vor allem für kleinere Gewerbekunden interessant war: „Die haben sich noch mal eingedeckt.“ Nach ihrer Einschätzung seien größere Firmen dagegen weniger abhängig vom Zuschuss über 4500 Euro. „Für große Unternehmen war das kein Grund, vorher zu bestellen.“ Die Nachfrage habe sich zuletzt verlagert und sei wieder „privatkundenlastiger“.

Auch André Gauch berichtet davon, dass in seinem Mannheimer Autohaus im August noch viele Elektrofahrzeuge an Gewerbekunden ausgeliefert wurden: „Viele wollten noch auf den Zug aufspringen.“ Damit die Aufträge nicht weiter zurückgehen, „müssen jetzt die Hersteller agieren“, sagt Gauch. „Wenn sie attraktive Leasingraten oder Nachlässe bieten, dann glaube ich, dass die Nachfrage zurückkommen wird.“

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In der Region hat der Softwarekonzern SAP den größten Fuhrpark an Dienstwagen, allein der Stammsitz Walldorf zählt 18 000 Autos. Davon sind 16 Prozent vollelektrisch mit Batterie und 24 Prozent Plug-in-Hybride, also Modelle mit Batterie und Verbrennungsmotor. „Die Mobilitätswende und die Reduktion des CO2-Ausstoßes im Mobilitätsbereich ist nur mit den Unternehmen zu erreichen. Die Entscheidung, die Förderung nicht weiterzuführen, wird deshalb zunächst hemmend wirken“, erklärt ein Sprecher.

Keine verstärkte Eindeckung mit E-Autos

Der Pharmakonzern Roche, der in Mannheim einen Fuhrpark von 800 Dienstwagen unterhält, hat eine interessante Beobachtung gemacht: Durch das Auslaufen der Bafa-Prämie seien die Leasingraten sprunghaft gestiegen. „Wir gehen davon aus, dass sich dieser Effekt aufgrund des erhöhten Preisdrucks durch neue Hersteller wieder relativiert“, sagt eine Sprecherin. Grundsätzlich befürworte man die Förderung von nachhaltigen Technologien, „wobei bei Roche der Pkw nicht an erster Stelle steht“. SAP hebt hervor, ab 2025 vollständig auf Verbrennermotoren verzichten zu wollen. Roche will bis dahin die Flotte der leitenden Angestellten umgestellt haben. Viele Unternehmen dürften sich ähnliche Ziele setzen, zumal es politisch gewollt ist, den CO2-Ausstoß im Verkehr zu reduzieren.

Tatsächlich haben sich SAP, Roche und auch die BASF vor dem Auslaufen der Prämie nicht verstärkt mit E-Autos eingedeckt. „Unser üblicher Bestellprozess war von der Beendigung der staatlichen Förderung nicht beeinflusst, da wir aufgrund der laufenden Leasingverträge an die Laufzeiten gebunden sind“, teilt ein Sprecher der BASF mit. Zudem steht es den Dienstwagennutzern frei, welche Antriebsart sie für ihr Fahrzeug wählen. In den letzten Jahren ist die Nachfrage nach nachhaltiger Mobilität stetig gestiegen, aber eine Zunahme der E-Fahrzeugbestellungen aufgrund des Wegfalls des Umweltbonus war hier definitiv nicht zu verzeichnen.“ Beim Chemiekonzern befinden sich 1600 Fahrzeuge in der Ludwigshafener Flotte, davon sind den Angaben nach 300 Elektroautos und 500 Hybridmodelle.

Neues Förderkonzept

Zu Jahresbeginn wurde bereits die Förderung für Plug-in-Hybridfahrzeuge komplett gestrichen. Für batterieelektrische und Brennstoffzellenfahrzeuge wurden die Fördersätze reduziert. Diese sind nach dem Nettolistenpreis des Fahrzeugs gestaffelt: Unter 40 000 Euro Anschaffungspreis sind bis zu 4500 (vorher 6000) Euro Zuschuss möglich, bei Preisen über 40 000 Euro bis zu 3000 (zuvor 5000) Euro.

Die nächste Änderung bei den Zuschüssen kündigt sich auch schon an. Laut Bafa können ab dem 1. Januar 2024 nur noch für solche Fahrzeuge Anträge gestellt werden, deren gemeldeter Basislistenpreis maximal 45 000 Euro beträgt. Dafür gibt es nur noch bis zu 3000 Euro Prämie vom Staat, bei jungen Gebrauchtfahrzeugen bis zu 2400 Euro.

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