Mannheim. Herr Christ, Sie spenden auf einen Schlag 253 000 Euro an CDU, SPD, Grüne und FDP, weil Sie damit die demokratischen Parteien finanziell stärken wollen. Sind die Parteien unterfinanziert?
Harald Christ: Demokratie kostet Geld und geht uns alle an, gerade in Zeiten einer laut Umfragen immer stärker werdenden AfD. Als ehemaliger FDP-Bundesschatzmeister weiß ich sehr gut: Die Parteien finanzieren sich aus Mitgliedsbeiträgen und ganz bewusst auch aus Spenden.
Aber auch aus Steuern.
Christ: Auch aus Steuern. Aber die Ausgaben der Parteien werden immer größer. Es wird immer schwieriger, die parteipolitische Infrastruktur zu finanzieren. Wahlkämpfe kosten viel Geld. Ich will starke demokratische Parteien, die ihre tägliche Arbeit in der Fläche wahrnehmen können. Mir ist klar, dass ich mit 253 000 Euro die Demokratie nicht von heute auf morgen verbessere. Ich will aber ein Zeichen setzen: Ohne privatwirtschaftliches Engagement von Spendern und Unterstützern wird unsere Demokratie immer schwieriger zu organisieren. Deswegen habe ich diese Spenden öffentlich gemacht und wollte damit auch transparent sein. Ich bekomme dafür auch keine hohe Steuerrückzahlung, wie einige Kritiker fälschlicherweise verbreiten.
Warum gehen AfD und die Linke leer aus? Sind die außerhalb des demokratischen Spektrums?
Christ: Die AfD ist keine Alternative für Deutschland, weil sie inhaltlich nichts anzubieten hat, einen rechtsextremen Kern hat und bewusst die populistische Ansprache wählt und Menschen „vergiftete“ Angebote macht. Ich verurteile niemanden, der diese Partei in einer Demokratie wählt, aber ich lehne die Partei als Ganzes ab. Die Linke ist noch immer eine SED-Nachfolgeorganisation, sie verteidigt in wesentlichen Teilen noch zu oft das Unrecht der DDR. Die Partei stellt sich nicht konsequent genug ihrer Geschichte, weshalb ich sie nicht unterstützen kann.
Christ: Manager und Gründer
- Harald Christ, geboren am 3. Februar 1972 in Worms, bekleidete verschiedene Führungspositionen bei Banken und Versicherungen.
- Darüber hinaus gründete er eigene Unternehmen.
- Er war Mitbegründer des Wirtschaftsforums der SPD.
- Nach seinem Austritt aus der Partei wurde Christ FDP-Mitglied.
- Von 2020 bis 2022 war er Bundesschatzmeister der Liberalen.
Nach Bekanntmachung der Spenden wurden Sie umgehend in den sozialen Netzwerken beschimpft - und spenden jetzt für jeden Hasspost 10 Euro an HateAid. Was für eine Organisation ist das?
Christ: Diese Organisation engagiert sich gegen Hass im Internet, kommt Opfern zu Hilfe. Ich wusste vorher, was passieren würde mit dem Öffentlichmachen der Spende. Die dummen und hasserfüllten Kommentare einzelner plus die bewussten Fake-News-Kampagnen sind umgehend gekommen. Mit dieser Flut an Angriffen habe ich gerechnet - und ich habe sie sogar so gewollt.
Gewollt? Warum das bitte?
Christ: Ich will, dass diese destruktiven Kräfte, die jeden Tag im Netz Menschen angreifen und Hass schüren, ein Gesicht bekommen. Ich will, dass diese Leute öffentlich werden und ihre wahre Gesinnung öffentlich wird. Ich habe daher gesagt, für jeden Hasskommentar zum Zeitpunkt der Veröffentlichung spende ich 10 Euro. Jetzt habe ich pauschal schon mal 5000 Euro überwiesen.
Erleben Sie den Hass nur im Internet?
Christ: Ich habe in diesem Fall unglaublich viel Zuspruch erhalten. Aber von Menschen, die eher nichts posten. Die schreiben lieber E-Mails oder Briefe. Jeder Hasskommentar stärkt mich in meinem Einsatz für die Demokratie. Die breite Öffentlichkeit muss verstehen: Es kommt auf jeden einzelnen an. Die Menschen in unserem Land dürfen nicht auf die populistischen Verführer hereinfallen, unsere Demokratie muss wehrhaft bleiben.
Sie sind als Vertreter der Bundesregierung in den Aufsichtsrat der Commerzbank eingezogen. Stehen Sie als Reserve-Minister bereit?
Christ: Nein. Ich bin auch nicht für die Bundesregierung tätig, sondern gewähltes Mitglied im Aufsichtsrat als Vertreter der Anteilseigner und dazu zählt der Bund. Ich kümmere mich um diese Bundesbeteiligung. Ich stehe sicher nicht für eine hauptberufliche Rolle in der Politik zur Verfügung, auch nicht für die Neuauflage einer Vorstandskarriere. Das habe ich schon lange hinter mir gelassen. Ich habe andere Lebensziele.
Der Bund besitzt 15,6 Prozent der Anteile an der Commerzbank. Wie lange braucht es das Investment noch?
Christ: Da muss ich Ihnen leider jetzt sagen: Dieses Interview führe ich mit Ihnen als Unternehmer und Mensch Harald Christ. Ich bin nicht autorisiert als Mitglied des Aufsichtsrates, mit Ihnen über die Commerzbank zu sprechen. Das ist die Aufgabe des Aufsichtsratsvorsitzenden Jens Weidmann.
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