Interview

Das denkt Rhein-Neckar Löwe Späth über seine Zukunft

Torwart David Späth ist der Senkrechtstarter bei den Rhein-Neckar Löwen. Vor der Junioren-WM spricht er über seinen steilen Aufstieg, die Perspektive bei der Nationalmannschaft und seine Zukunftspläne

Von 
Marc Stevermüer
Lesedauer: 
„Wir haben eine überragende Saison gespielt“, sagt Löwen-Torwart David Späth. © Sascha Klahn

David, wir gehen zurück in den Sommer 2020. Damals sind Sie unverhofft in der European-League-Qualifikation zum Debüt bei den Profis der Rhein-Neckar Löwen gekommen. Mit welchen Gefühlen haben Sie die Reise ins dänische Holstebro angetreten?

David Späth: Mit einer Mischung aus Vorfreude und Ungläubigkeit. So richtig konnte ich das gar nicht realisieren. Das ging sehr schnell. Im Abschlusstraining hat sich unserer dritter Torwart Niklas Gierse verletzt. Mikael Appelgren war noch nicht fit und Andreas Palicka angeschlagen. Plötzlich war ich dabei und saß im Bus nach Dänemark.

Und wie sind Sie damit umgegangen, auf einmal neben Clublegenden wie Andy Schmid, Patrick Groetzki und Uwe Gensheimer zu sitzen?

Ich kann mich noch erinnern, mit Uwe Gensheimer in der letzten Reihe des Busses Mario Kart gespielt zu haben. Da war die Anspannung schnell weg
David Späth Torwart Rhein-Neckar Löwen

Späth: So viel Zeit für irgendwelche Gedanken blieb gar nicht. Natürlich war ich ein wenig aufgeregt und hatte einen gewissen Respekt, aber die Jungs haben mich super aufgenommen. Ich kann mich noch erinnern, mit Uwe Gensheimer in der letzten Reihe des Busses Mario Kart gespielt zu haben. Da war die Anspannung schnell weg (lacht).

Drei Jahre nach Ihrem Debüt trainieren Sie mit der A-Nationalmannschaft und sind Pokalheld der Löwen. Klingt fast ein bisschen kitschig, oder?

Späth: Wenn ich mal von dem größeren Dämpfer zwischendurch mit dem Kreuzbandriss absehe, ist es natürlich super gelaufen. Die vergangenen drei Jahre sind ein Ansporn für mich, genauso weiterzuarbeiten, damit es in den nächsten drei Jahren weiter kontinuierlich nach oben geht.

Sie haben den Kreuzbandriss angesprochen. Was hat diese Zeit mit Ihnen gemacht?

Späth: Diese Monate haben mich geprägt. Sie waren die schlimmsten in meinem Leben. Die Verletzung war ein Schock. Denn bis dahin lief alles super für mich. Ich habe als 18-Jähriger in der Bundesliga gespielt. Es folgte die erfolgreiche U-19-Europameisterschaft, bei der es genauso weiterging (Späth gewann mit Deutschland den Titel und wurde zum besten Torwart des Turniers gewählt; Anmerkung der Redaktion). Und dann plötzlich diese Verletzung. Es hat sich so angefühlt, als ob man mir den Boden unter den Füßen weggezogen hätte. Wirklich alles ging auf einmal schief.

David Späth

  • David Späth wurde am 29. April 2002 in Kaiserslautern geboren.
  • Als 16-Jähriger wechselte der Handball-Torwart im Jahr 2018 in die Jugendakademie der Rhein-Neckar Löwen.
  • 2020 folgte das Debüt in der Bundesliga. Mit den Löwen gewann der Schlussmann 2023 den DHB-Pokal.
  • Statistisch betrachtet ist er in dieser Saison mit einer Fangquote von 36 Prozent zweitbester Bundesliga-Torwart. Vor ihm liegt nur der dänische Weltklassekeeper Niklas Landin (37 Prozent).
  • 2021 wurde der 1,97-Meter-Hüne mit der deutschen U-19-Auswahl Europameister und zum besten Torwart des Turniers gekürt.

Inwiefern?

Späth: Erst war ich krank und konnte nicht operiert werden. Dann bekam ich eine Thrombose und es war unklar, ob ich überhaupt in den nächsten fünf Monaten operiert werden kann. In diesem Augenblick dachte ich, alles geht den Bach runter. Ich war mit der Situation total überfordert. Denn bis zu diesem Zeitpunkt gab es für mich nur Handball. Ich hatte nichts anderes im Kopf. Dieser Sport ist das, was ich liebe.

Wie ging es weiter?

Späth: Die Operation haben die Ärzte erfreulicherweise doch noch zeitnah machen können. Und rückblickend bin ich mir sicher, dass ich mental und physisch gestärkt aus dieser Situation hervorgegangen bin. In meiner weiteren Karriere wird mir diese Erfahrung helfen. Ich weiß jetzt: Was auch immer passiert, es gibt stets einen Weg zurück und ein Licht am Ende des Tunnels.

Was ist das Schöne am Job zwischen den Pfosten?

Späth: Jeder Wurf ist wichtig, jede Parade kann entscheidend sein. Dieses Wissen treibt mich an. Außerdem kann ein Torwart seinen eigenen Stil, seine Idee vom Torwartspiel einbringen. Das finde ich richtig cool.

Aber sich Bälle mit 120 Stundenkilometern um die Ohren werfen zu lassen oder sie sogar abzubekommen – das klingt jetzt nicht nach Traumjob.

Eigentlich fühlt es sich ganz gut an, wenn ich den Ball abbekomme. Denn im Moment einer Parade spüre ich keinen Schmerz, sondern pures Glück.
David Späth Torwart Rhein-Neckar Löwen

Späth: Eigentlich fühlt es sich ganz gut an, wenn ich den Ball abbekomme. Denn im Moment einer Parade spüre ich keinen Schmerz, sondern pures Glück. Schließlich weiß ich dann, dass ich etwas richtig gemacht habe.

Wer ist Ihrer Meinung nach gerade das Maß aller Dinge im Torwartspiel?

Späth: Da führt kein Weg an Niklas Landin vorbei. Er ist der Beste der Welt. Vor allem in wichtigen Spielen liefert er immer ab, hat eine unfassbare Präsenz und Konstanz. Seine Statistiken sind seit Jahren überragend. Für mich steht fest: Wenn ich jemandem erklären müsste, wie denn ein Handballtorwart im Idealfall so spielen sollte, würde ich ihm Videos von Niklas Landin zeigen. Denn von welcher Position auch aufs Tor geworfen wird, er macht immer das Richtige. Niklas ist der Prototyp eines Torwarts.

Wie viel Intuition und Vorbereitung gehören dazu, einen Ball zu halten?

Späth: Ich gucke auf jeden Fall Videos. Das ist mir sehr wichtig, weil ich nicht unvorbereitet sein, sondern eine Orientierung haben möchte und ein Gefühl für die Gegenspieler und ihre Lieblingswürfe. Aber man darf sich in der stärksten Liga der Welt nicht auf diese Videos verlassen. Die Spieler sind so unfassbar gut und sehen natürlich ganz genau, wenn ein Torwart zu früh in eine Ecke geht. Dann werfen sie einfach in die andere.

Deutschland ist traditionell eine große Torwartnation. Was macht das Wissen um die große Konkurrenz mit Ihnen?

Späth: Es motiviert mich. Ich fühle mich jedes Mal geehrt, wenn ich in meinem Alter bei der A-Nationalmannschaft dabei sein darf. Auch weil ich weiß, welch tolle Torhüter wir aktuell wieder haben. Wir müssen uns doch nur Andreas Wolff anschauen. Der gehört momentan zu den drei besten Torhütern der Welt. Für mich ist es eine super Erfahrung, überhaupt mit ihm trainieren zu dürfen. Dann gibt es noch Till Klimpke, Joel Birlehm oder Christopher Rudeck. Das sind alles Topleute.

Mehr zum Thema

Handball

Wie sich die Löwen mit Unzulänglichkeiten um Punkte bringen

Veröffentlicht
Von
Marc Stevermüer
Mehr erfahren
Handball

Rhein-Neckar Löwen mit Tor-Gala in die Hauptrunde

Veröffentlicht
Von
Marc Stevermüer
Mehr erfahren

Wie hat es sich überhaupt angefühlt, als Sie das erste Mal mit Bundestrainer Alfred Gislason und der A-Nationalmannschaft in der Trainingshalle gestanden haben?

Späth: Ich war schon sehr nervös, aber zum Glück waren viele Löwen dabei. Das hat den Einstieg erleichtert, wenngleich ich auch vom Rest des Teams sofort toll aufgenommen wurde. Ich wurde nicht wie ein Neuling behandelt.

Es gibt Torhüter, die wollen unbedingt die Nummer eins sein, weil sie diese Sicherheit brauchen. Bei den Löwen gibt es Mikael Appelgren, Joel Birlehm und Sie. Wie schwierig ist das?

Späth: Es ist eine ungewöhnliche und ehrlich gesagt auch keine ganz einfache Situation. Denn am Ende möchte jeder immer spielen und ist ein wenig frustriert, wenn es anders kommt. Beides ist im Profisport aber völlig normal. Meiner Meinung nach bekommen wir das in dieser Dreier-Konstellation bei den Löwen sehr gut hin, weil sich jeder für den anderen freut. Ich bin wirklich sehr froh, zwei solche Teamkollegen zu haben. Denn ich glaube, dass so etwas auch anders ablaufen könnte.

Welche Rolle wollen Sie in Zukunft bei den Löwen einnehmen?

Späth: In der neuen Saison werde ich auf jeden Fall hier spielen und ich bin mir sicher, dass wir in dieser Dreier-Konstellation eine gute Lösung finden werden. Ich kann von Joel und Mikael noch sehr viel lernen. Mein Ziel ist es allerdings, mich hier klar durchzusetzen. Ich will bei den Löwen eine Ära prägen.

Die Löwen wurden Pokalsieger und Bundesliga-Fünfter, wie bewerten Sie die Runde?

Späth: Wir haben eine überragende Saison gespielt. Natürlich hatten wir zwischendurch einen kleinen Negativlauf, aber als Team haben wir uns unfassbar weiterentwickelt. Wenn man diese Mannschaft mit der von vor einem Jahr vergleicht – das ist ein Klassenunterschied. Wir sind auf dem richtigen Weg und müssen genauso weitermachen.

Damit künftig was mit den Löwen möglich ist?

Späth: Es ist wichtig, jetzt nicht zu viel zu wollen. Aber es sollte unser Ziel sein, in drei, vier Jahren wieder um die Meisterschaft zu spielen. Den Grundstein dafür haben wir bereits gelegt.

Jetzt steht die Junioren-WM im eigenen Land an. Welchen Stellenwert genießt dieses Turnier bei Ihnen?

Späth: Ich finde diese Weltmeisterschaft total wichtig, weil ich letztmalig mit Gleichaltrigen zusammenspiele. In dieser Mannschaft kann ich eine Führungsrolle einnehmen, die ich auch haben möchte. Dieser Aufgabe möchte ich mich stellen.

Welche Ziele verfolgt die deutsche Mannschaft bei der Junioren-WM?

Späth: Wir haben viele Bundesligaspieler in unserem Kader und wollen jedes Spiel gewinnen. Aber ich finde es schwer, sich vor einem Turnier auf etwas festzulegen. Bei den Portugiesen haben beispielsweise die Brüder Francisco und Martin Costa schon eine WM für die A-Nationalmannschaft gespielt. Thomas Arnoldsen war bereits bei der dänischen A-Nationalmannschaft dabei. Diese Gegner sollte niemand unterschätzen.

Zuletzt gewann Ihre Mannschaft aber alle Freundschaftsspiele klar – auch gegen große Nationen. Dazu kommt der Heimvorteil. Die Erwartungen sind groß.

Späth: Das verstehe ich. Aber eine WM ist einfach etwas anderes. Ich bin gespannt, wie wir mit diesem Druck umgehen oder wie wir reagieren, wenn es Widerstände gibt oder wenn wir uns zurückkämpfen müssen. Zuletzt lief immer alles glatt. Aber das bedeutet nicht, dass es nun genauso weitergeht. Dieses Turnier wird eine Aufgabe für uns als Mannschaft. Aber wir freuen uns alle darauf und nehmen diese Herausforderung an. Jeder will schließlich solch ein Turnier auch mal für die A-Nationalmannschaft spielen.

Und wann passiert genau das bei Ihnen?

Späth: Puh, am liebsten so früh wie möglich. Aber ganz ehrlich: Damit befasse ich mich momentan nicht. Ich weiß, dass ich mich beweisen muss. In der Bundesliga, bei der U 21 und auch in jedem Freundschaftsspiel. Und dann wird man sehen, ob ich gut genug bin.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

Thema : Rhein-Neckar Löwen

  • Rhein-Neckar Löwen Rhein-Neckar Löwen bald auch mit Team in Frauen-Bundesliga?

    Auf die HSG Bensheim/Auerbach kommt ein Hallenproblem zu. Vielleicht sind die Rhein-Neckar Löwen die Lösung. Gespräche laufen. Der Stand der Dinge.

    Mehr erfahren
  • Rhein-Neckar Löwen Kassenwart Kohlbacher: Die Rhein-Neckar Löwen fürchten ihn

    Löwen-Trainer Maik Machulla lobt Leistung und Führungsqualitäten von Jannik Kohlbacher. Einen Namen macht sich der Kreisläufer aber nicht nur als Spieler.

    Mehr erfahren
  • Rhein-Neckar Löwen Dank David Späth: Rhein-Neckar Löwen besiegen Minden

    Die Rhein-Neckar Löwen gewinnen 28:24 gegen GWD Minden. Sie brauchen aber eine Galaleistung ihres Torhüters. Trainer Machulla wird deutlich.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen