Mannheim. Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaftsunternehmen in Deutschland 2020 auf eine harte Probe gestellt. Normalerweise läge die Vermutung nahe, dass die Platzhirsche sich damals besser auf die Notlage eingestellt hätten als die Newcomer am Markt. Eine aktuelle Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) kommt indes zu einem anderen Ergebnis.
Staatliche Hilfen für viele Unternehmen
Demnach haben junge - also bis zu vier Jahre alte - Unternehmen in der Pandemie besonders anpassungsfähig reagiert und sich auf die neue Situation eingestellt. Interessant ist auch, dass durch häufigeres Homeoffice die Innovationstätigkeit im Durchschnitt nicht behindert wurde. Der Anteil der Start-ups mit Prozessinnovationen nahm laut Studie sogar zu.
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Außerdem halfen ihnen die fortgesetzten Innovationsanstrengungen, in der Krise ihre Existenz zu sichern. Die Corona-Soforthilfen konnten dagegen nicht verhindern, dass in Not geratene Betriebe schließen mussten. Die Bundesregierung reagierte mit den Programmen zur finanziellen Unterstützung auch von jungen Unternehmen und Start-ups.
Litten im Frühling 2020 fast 70 Prozent dieser Firmen unter der Krise, war es im Herbst nur noch die Hälfte. Bis Mai 2020 hatten bereits 60 Prozent der Unternehmen staatliche Hilfen beantragt.
„Können Wettbewerb stärken“
Immerhin jedes zehnte junge Unternehmen führte der Untersuchung zufolge im Krisenjahr 2020 eine Marktneuheit ein. Ein Wert, der drei Prozentpunkte höher liegt als bei den etablierten Unternehmen. „Der überdurchschnittliche Innovationsanteil der jungen Unternehmen zeigt, dass sie nicht nur mit den etablierten mithalten können, sondern das Potenzial besitzen, sie zu überflügeln. Damit können sie den Wettbewerb in ihren Branchen stärken“, sagt ZEW-Wissenschaftlerin Sandra Gottschalk.
Hinzu kommt ein im Berichtsjahr auffälliger Anstieg der Prozessinnovationen. Jedes vierte junge Unternehmen war hier aktiv. Das ist ein Plus von fünf Prozentpunkten gegenüber dem Referenzjahr 2018 - also vor der Corona-Pandemie. „Der Anstieg könnte darauf hindeuten, dass die Corona-Krise und die damit einhergehenden Einschränkungen Prozessinnovationen nötig machten“, sagt Gottschalk.
Gewinner und Verlierer
Insgesamt hat die Corona-Pandemie unterschiedliche branchenspezifische Effekte auf das Gründungsgeschehen in Deutschland ausgelöst. Die Anzahl neuer Unternehmen ist 2020 im Vergleich zu 2019 nur leicht gesunken und 2021 sogar wieder angestiegen. Dabei gibt es eindeutige Gewinner- und Verliererbranchen der Krise.
Wenig überraschend brach 2020 die Gründungstätigkeit im Gastgewerbe und im Tourismus mit 25 Prozent gegenüber 2019 am deutlichsten ein. Dagegen verzeichnete die Chemieindustrie ein Plus von fast 16 Prozent, und in der Branche Software und Games stiegen die Neugründungen sogar um 31 Prozent.
Rund 6000 Unternehmen befragt
Unterm Strich überstieg sowohl 2020 als auch 2021 die Zahl der Gründungen die der Schließungen. Dies sei vermutlich weitgehend auf die ausgezahlten Wirtschaftshilfen, die Regelungen zur Kurzarbeit und die zeitweise Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zurückzuführen, lautet die Analyse der Forscherin.
Die Studie stützt sich auf die Auswertung des Gründungspanels. Hierzu werden im Auftrag des ZEW und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) jedes Jahr rund 6000 Unternehmen telefonisch befragt.
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