Finanzen

Wohnungen als Geldanlage ?

Deutschland ist das Land der Kleinvermieter. Wie sicher der Immobilienkauf in Zeiten der Zinswende noch ist

Von 
Tobias Kisling
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Die Zinswende mischt die Karten auf dem Immobilienmarkt neu – hier eine Aufnahme aus Stuttgart. © Marijan Murat/dpa

Berlin. Wer sich in den vergangenen Jahren eine Immobilie angeschafft hat, konnte sich über kontinuierliche und teils kräftige Wertsteigerungen freuen. Und weil sichere Geldanlagen wie das Festgeld- oder Tagesgeldkonto keine Zinsen abwarfen, stellte auch der Kauf und das Vermieten einer Wohnung oder eines Hauses einen interessanten und auch beliebten Baustein zur eigenen Altersvorsorge dar – 5,2 Millionen Privatvermieter gibt es hierzulande, zwei Drittel aller Mieterhaushalte wohnen in einer solchen Wohnung.

Die Zinswende allerdings hat die Karten neu gemischt. War jahrelang die Fremdfinanzierung günstig und zeitweise deutlich unter einem Prozent abschließbar, liegen die Bauzinsen mittlerweile wieder bei rund vier Prozent. Das mag zwar historisch gesehen immer noch preiswert erscheinen – vor 30 Jahren waren Zinsabschlüsse mit zehn Prozent keine Seltenheit. Grundlegend geändert haben sich die Finanzierungsbedingungen dennoch. Der Eigenkapitalanteil wird wichtiger, Banken zu finden, die in diesem Zinsumfeld eine 100-Prozent-Finanzierung anbieten, deutlich schwieriger.

Also, Finger weg von der Wohnung als Geldanlage? „Eine Immobilie ist das größte Investment des Lebens. Wenn Zweifel bestehen, sollte man auf einen Kauf verzichten“, sagt Jens R. Rautenberg, Geschäftsführer der Conversio Gruppe, eines auf Immobilien spezialisierten Analysehauses. Nur rund jedes fünfte angebotene Projekt würde Conversio zum Kauf empfehlen, so Rautenberg – und nennt typische Probleme: „Viele Kapitalanleger machen den Fehler, dass sie eine Wohnung kaufen, die sie selbst bewohnen würden. Diese fällt dann meistens zu groß aus.“ Am besten für die Geldanlage seien Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern und einer Wohnfläche von 40 bis 100 Quadratmetern. „Außerdem neigt der Deutsche dazu, immer nur vor der Haustüre zu investieren, ungeachtet der Zukunftsaussichten dort“, erklärt Rautenberg.

Immer etwas zu tun

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Von
Philipp Laage
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Allerdings gibt es Gründe, eine Wohnung in der Nähe zu kaufen. „Eine Wohnung ist keine passive Geldanlage – es gibt immer etwas zu tun“, sagt Immobilienökonom Philipp Deschermeier vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Sind Reparaturen zu erledigen oder wird ein Gespräch mit dem Mieter fällig, ist man schnell vor Ort. Solche weichen Faktoren sollten bei der Entscheidung berücksichtigt werden, betont Deschermeier. „Natürlich kann das die Rendite schmälern. Auf der anderen Seite kann es Stress ersparen.“

Mit Blick auf die Chancen für Kapitalanleger stellt die Immobilienbewertungsplattform PropRate derzeit ein Nord-Süd-Gefälle fest. So würden die Metropolregionen Stuttgart und München ein Missverhältnis zwischen Kaufpreis und Miete aufweisen. „Die Folge: eine vergleichsweise niedrige Mietrendite“, sagt PropRate-Prokurist Johannes Müller. Es sei ein aktuell „anspruchsvoller Markt“ für Anleger. Und doch: Wer einiges beachte, für den könne die aktuelle Phase durchaus interessant sein, meint Sebastian Eraghi, verantwortlich für das operative Geschäft beim Schweizer Hybridmakler Neho: „Die aktuellen Mietentwicklungen bei gleichzeitig stagnierenden Preisen lassen die Renditen für Kapitalanlageimmobilien erstmals seit Jahren wieder steigen.“

In den ersten drei Monaten des aktuellen Jahres sind die Preise für Wohnimmobilien im Vergleich zum Vorjahresquartal um 6,8 Prozent gesunken, ermittelte das Statistische Bundesamt. Einen stärkeren Rückgang hat die Wiesbadener Behörde seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 noch nicht feststellen können. Vermeintliche Schnäppchen können aber schnell zum Kostentreiber werden, wenn sie kernsaniert werden müssen. „Kleinanleger, die handwerklich begabt sind und Freude an Reparaturen und Ausbesserungen haben, können aktuell sehr gute Preise erzielen“, sagt IW-Ökonom Deschermeier. Auf der anderen Seite hätten Projektentwickler derzeit Schwierigkeiten, ihre Neubauten loszubekommen. Auch hier könnten sich interessante Verhandlungsoptionen ergeben.

Auch Eraghi rät, sich Zeit mit der Verhandlung zu lassen. Während noch vor ein bis zwei Jahren die Kaufentscheidung binnen weniger Tage getroffen werden musste, dauere die Vermarktung einer Immobilie heute drei bis sechs Monate. „Preisnachlässe von mindestens 10 bis 15 Prozent sollte man meistens durchsetzen können.“. Nur: Warum sollte man in eine Wohnung investieren, wenn selbst das Tagesgeldkonto mehr als drei Prozent Zinsen abwirft?

Höhere Renditen als beim Riestern

Deschermeier sieht einen Vorteil in der inflationären Phase. „Es lassen sich häufig höhere Arbeitslöhne durchsetzen, was bei der Tilgung hilft. Nach zehn Jahren, wenn das Sonderkündigungsrecht greift, kann man mit etwas Glück womöglich günstiger weiterfinanzieren“, sagt der IW-Ökonom. Als Altersvorsorge erziele eine Wohnung in der Regel höhere Renditen als beispielsweise die staatlich geförderte Riester-Rente. Und: Man sehe im Gegensatz zu Aktien oder Anleihen nicht täglich die Wertschwankungen, müsse also nicht überlegen, ob man kaufen oder verkaufen wolle.

Hinzu komme: Bei der Immobilienfinanzierung gebe es durch die Fremdfinanzierung einen zusätzlichen Hebeleffekt. Wer eine Immobilie vermiete, könne zudem die Zinsen für den aufgenommenen Kredit steuerlich abschreiben.

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