Kommentar

Wirecard-Skandal: Finanzminister Scholz fehlt das Pflichtgefühl

Von 
Finn Mayer-Kuckuk
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fmk halbernst gut © Picasa

Der Finanzminister weist alle Verantwortung für den Wirecard-Skandal von sich. Für die Lücken bei der Überwachung sei allein die Finanzaufsicht Bafin zuständig gewesen; deren Chef hat Olaf Scholz vorsorglich bereits entlassen. Beim deutsch-chinesischen Finanzdialog habe er das Unternehmen kaum erwähnt – obwohl sein chinesischer Kollege danach den Weg für einen Markteinstieg Wirecards freigemacht hat. Stattdessen bescheinigt Scholz sich und seinen Mitarbeitern exzellente, fleißige Arbeit ohne Versäumnisse.

Scholz agiert hier auch als Wahlkämpfer. Der Spitzenkandidat der SPD kann nicht mit Büßermiene auftreten. Ebenso unklug wäre für die Führungsfigur der Sozialdemokraten das Eingeständnis, von Wirtschaftsbossen geleimt worden zu sein. Doch auch mit diesem Wissen bleibt ein ungutes Gefühl zurück. Wenn der Verantwortliche für die Finanzaufsicht nicht den Hauch von Verantwortung für ein Versagen der ihm unterstellten Behörden übernimmt, was bedeutet das Wort dann noch?

Für das Vertrauen in die politische Führung wäre es besser, die Vorstellung wieder zu stärken, dass Spitzenpolitiker im Amt mehr Pflichtgefühl zeigen. Ein „ich übernehme die Verantwortung“ und eine Benennung der (auch indirekten) Mitschuld – das werden wir jedoch nicht bekommen.

Hoffentlich wird immerhin Wirecard-Chef Markus Braun angemessen bestraft.

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