Berlin. Google ist seit Jahren bei Suchen im Internet das Maß der Dinge – noch. Der Multimilliarden-Markt bewegt sich. Microsoft greift den Konkurrenten mit einem neuartigen Programm an, das von künstlicher Intelligenz (KI) gesteuert wird. Die Technik begeistert – und wird die Arbeit vieler Menschen verändern.
Was ist seit November des vergangenen Jahres passiert?
Im vergangenen November machte ein US-Unternehmen namens OpenAI ein neuartiges Chatprogramm öffentlich. ChatGPT kann – richtig aufgefordert – Texte erstellen, Computercode tippen, Argumente liefern. Inzwischen haben mehr als 100 Millionen Menschen das Programm ausprobiert. Es nutzt KI. Experten sehen eine technische Revolution. Das Besondere: Microsoft unterstützt OpenAI mit Rechenleistung und will um die zehn Milliarden Dollar (9,3 Milliarden Euro) in das Unternehmen stecken. Mit der KI-Technologie greift Microsoft jetzt den US-Suchmaschinen- und Softwarekonzern Alphabet (Google, Youtube, Android) an.
Wie geht Microsoft in Sachen KI-Technologie vor?
Der US-Software-Konzern Microsoft will die KI-Technologie hinter ChatGPT in seine Cloud-Produkte für Unternehmen einbauen. Zudem wird die Suchmaschine Bing aufgewertet. Auch der eigene Internetbrowser Edge bekommt KI-Technologie. Google reagierte umgehend und verkündete, seine Suche durch eigene KI-Technologie aufzurüsten. Das Programm heißt Bard.
Worum geht es Microsoft bei dem offensiven Vorgehen?
Es sind große Summen im Spiel. Denn eine Suchmaschine zu betreiben, bringt Geld. Microsoft erklärte bei der Präsentation der überarbeiteten Suchmaschine Bing, dass ein Prozent mehr Marktanteil zusätzlichen Milliardenumsatz bringe. Bisher dümpelt Bing nach Daten von Similarweb weltweit bei einem Marktanteil von drei Prozent herum, Google liegt bei knapp 91,1 Prozent. In Deutschland sind es knapp fünf zu knapp 90 Prozent. Ähnlich sieht es beim Umsatz aus: Microsoft setzte mit Anzeigen im Suchumfeld zuletzt weltweit 3,2 Milliarden Dollar um, Google 42,6 Milliarden Dollar. Mit der KI in der Suche will Microsoft also vor allem Menschen dazu bewegen, Bing zu nutzen, um dann die Werbeerlöse zu steigern.
Wie wichtig sind die Neuerungen?
Um das einschätzen zu können, lohnt ein Blick auf die Finanzmärkte. Der Börsenwert der Unternehmen bildet in der Regel ab, wie die Anleger die Zukunftschancen sehen. Als Google Bard vorstellte, gab der Chatbot in einem Werbevideo an, das James-Webb-Teleskop sei das erste, das einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems fotografiert hat. Die Antwort ist falsch. In der Folge verlor der Aktienkurs von Googles Mutterkonzern Alphabet um mehr als sieben Prozent – erholt hat sich der Kurs bisher nicht.
Microsoft oder Google – wer gewinnt?
Schwer zu sagen. Dank ChatGPT sieht Microsoft plötzlich öffentlich als technologisch führend aus. Außerdem kann der Konzern ein funktionierendes Programm verfügbar machen. Allerdings ist der Marktanteil von Bing verschwindend. Alphabet hat mit der Google-Suchmaschine eine marktbeherrschende Position mit entsprechend hohen Einnahmen. Völlig unvorbereitet ist das Unternehmen nicht, es hat eine eigene Technologie, die aber wohl noch nicht völlig marktreif ist. Entscheidend wird sein, wie einfach die Programme bedient werden können und wie frei verfügbar sie sein werden.
Was unterscheidet ChatGPT und Bard?
Microsoft lässt eine neuere Version von ChatGPT in seine Internetsuche Bing einfließen. Sie wirft dann nicht nur klassische Antworten als Liste aus, sondern liefert in einem Kasten zum Beispiel noch eine Zusammenfassung. Wie es aussieht, wird nur eine begrenzte Zahl an Anfragen in einem bestimmten Zeitraum möglich sein. Über Bard ist nur bekannt, dass es in den kommenden Monaten nach intensiven Tests in die Google-Suche integriert werden soll.
Wie funktionieren ChatGPT und Bard?
ChatGPT nutzt ein Programm namens GPT, das die Firma OpenAI entwickelt hat. Googles Bard fußt auf Lamda. Beide Programme nutzen neuronale Netze, angelehnt an das menschliche Gehirn. Die jeweilige KI wird mit Daten aus dem Internet trainiert und nutzt dazu ein statistisches Modell. Weder Lamda noch GPT sind intelligent, sie können nur sehr genau vorhersagen, wie wahrscheinlich welche Worte eine sinnvolle Antwort ergeben. GPT-3, das ChatGPT nutzt, wurde mit 175 Milliarden Daten trainiert. Bing soll eine neuere Version nutzen.
Wie genau sind die KI-Programme?
Sie sind nur so gut, wie die Datenbasis, mit denen sie trainiert werden. Alle Fehler und Verzerrungen der Datenbasis übernimmt die KI. Sie weiß auch nicht was richtig und was falsch ist.
Wie kann ich die neue Bing-Suche nutzen? Und wann Bard?
Um die Künstliche Intelligenz in der Suche nutzen zu können, muss man sich anmelden. Unter www.bing.com/nextgibt es eine entsprechende Schaltfläche. Microsoft informiert dann per Mail, wann man Zugriff hat. Für ChatGPT kann man sich einfach unter https://chat.openai.com/auth/login anmelden. Wegen der großen Nachfrage ist das Programm allerdings oft nicht erreichbar. Bard von Google ist derzeit nur für Profitester freigegeben. Das Programm soll noch intensiv auf Fehler getestet werden.