Mannheim. Für viele Senioren ist es eine gute Nachricht: Am 1. Juli steigen die Renten deutlich - auch wenn das Plus von 4,39 Prozent im Westen und 5,86 Prozent im Osten nicht ausreicht, um die derzeit hohe Inflation auszugleichen. Allerdings hat die Erhöhung für manchen unerwartete Konsequenzen: Etwa 109 000 Rentner werden steuerpflichtig, schätzt das Bundesfinanzministerium (BMF). Daher müssen sie eine Steuererklärung abgeben. Gleichzeitig fallen jedoch in diesem Jahr 195 000 Senioren aus der Steuerbelastung heraus, sagte ein Ministeriumssprecher gegenüber dieser Redaktion. Denn der Grundfreibetrag wurde für 2023 deutlich erhöht. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.
Muss die Rente voll versteuert werden?
Nein, nur ein Teil. Der genaue Prozentsatz hängt davon ab, wann erstmals Rente bezogen wurde. Wer sie schon seit 2005 oder früher bekommt, muss 50 Prozent versteuern. Dieser Anteil steigt mit jedem neuen Rentnerjahrgang. Beim Rentenbeginn 2022 lag er bei 82 Prozent, in diesem Jahr bei 83 Prozent. Allerdings wird nicht dieser Prozentsatz festgeschrieben. Vielmehr errechnet das Finanzamt für das erste volle Jahr des Rentenbezugs einen festen Freibetrag. Dieser bleibt das ganze Leben lang konstant. Die Folge: Die jährliche Steuererhöhung muss voll versteuert werden.
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Welche Rentner müssen Steuern zahlen?
Das hängt von den gesamten Einkünften ab. Dabei zählt auch, wenn noch ein Beruf ausgeübt wird, daneben Betriebs- oder andere private Renten, die teilweise nur zu einem kleineren Prozentsatz zu versteuern sind. Die Riester-Rente wird immer voll herangezogen. Berücksichtigt werden zudem weitere Einnahmen etwa aus Vermietung. Wer mehr bekommt als die Rente, muss in der Regel in jedem Fall eine Steuererklärung abgeben.
Ab welcher Grenze fallen Steuern an?
Der Grundfreibetrag, also das steuerfreie Existenzminimum, wird jedes Jahr neu festgelegt. In diesem Jahr sind es 10 908 Euro, also gut fünf Prozent mehr. Hinzu kommen noch die Werbungskostenpauschale von 102 Euro und der Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36 Euro im Jahr. Zudem können die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgesetzt werden, daneben auch Spenden, die gezahlte Kirchensteuer oder eine außergewöhnliche Belastung etwa durch Krankheitskosten.
Wie kann ich herausfinden, ob ich über der Grenze liege?
Die Stiftung Warentest bietet unter www.test.de einen kostenlosen Steuerrechner für Rentner, um dies abzuschätzen. Darin werden auch weitere Einkünfte berücksichtigt. Allerdings weist sie ausdrücklich darauf hin, dass der Rechner nur Standardfälle berücksichtigt, nicht aber Dinge wie haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen, die Steuern sparen.
Erfährt das Finanzamt überhaupt, wie viel Rente ich bekomme?
Ja. Die Rentenversicherer sind verpflichtet, die genauen Daten im folgenden Jahr an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Das gleiche gilt für private Rentenversicherungen einschließlich der Riester-Rente. Die Krankenkassen melden ebenfalls die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.
Fordert mich das Finanzamt auf, eine Steuererklärung abzugeben?
Darauf sollte keiner warten, denn das kann teuer werden: Es droht ein Verspätungszuschlag von 25 Euro für jeden zu spät abgegebenen Monat. Innerhalb von 14 Monaten nach Ablauf des Steuerjahrs kann das Finanzamt den Zuschlag verlangen, danach muss es ihn erheben. „Es darauf ankommen zu lassen, ist keine gute Idee“, warnt die Stiftung Warentest. Bei Rentnern läuft es anders als bei Arbeitnehmern: Die Rentenversicherung führt keine Steuer ab. Jeder muss sich selbst um seine Steuererklärung kümmern.
Woher bekomme ich die nötigen Daten?
Die gesetzliche Rentenversicherung stellt eine „Rentenbezugsmitteilung“ aus, die alle steuerlich relevanten Daten enthält. Sie kann per Telefon oder im Internet beantragt werden. Ist dies einmal geschehen, kommt sie in den folgenden Jahren automatisch. Auch private Versicherer und Versorgungsträger versenden in der Regel eine Mitteilung über die gezahlten Leistungen. Wer sich bei Elster online für die vorausgefüllte Steuererklärung registrieren lässt, bekommt die dem Finanzamt gemeldeten Daten automatisch übermittelt.
Wann muss ich die Steuererklärung abgeben?
Immer im Jahr danach. Für 2022 also in diesem Jahr, und zwar spätestens am 2. Oktober 2023. Für 2023 ist der Stichtag im nächsten Jahr einen Monat früher.
Wer hilft mir bei der Steuererklärung?
Es ist auch weiter möglich, sie auf Papier abzugeben. Wer sich am Computer fit fühlt, kann direkt die Elektronische Steuererklärung (Elster) nutzen oder ein Steuerprogramm wie etwa Wiso Steuer. Zudem können ein Lohnsteuerhilfeverein oder ein Steuerberater eingeschaltet werden, die allerdings einen Mitgliedsbeitrag beziehungsweise Honorar verlangen. Rentner in Baden-Württemberg können „EinfachElster“ nutzen. Dieses Onlineprogramm führt sie Schritt für Schritt durch die Erklärung. „Klare Fragen und eine Auswahl an Antwortmöglichkeiten machen die Erstellung besonders einfach“, verspricht der Präsident der Oberfinanzdirektion Karlsruhe, Hans-Joachim Stephan. Zur Registrierung unter www.einfach.elster.de sind nur Geburtsdatum und Steuer-Identifikationsnummer erforderlich. Dann wird die Zugangsnummer per Post zugeschickt.
Mit wie viel Steuer ist zu rechnen?
Finanztest hat das für ein Zwillingspaar aus Erfurt für das Jahr 2022 vorgerechnet. Beide bekamen im Juni 1679 Euro Rente - was etwa der Rente eines Durchschnittsverdieners nach 45 Berufsjahren entspricht - und im Juli eine Erhöhung um 103 Euro. Der eine ist allerdings schon im Januar 2020 in Rente gegangen und hat daher einen Rentenfreibetrag von 4016 Euro. Der andere bezieht sie erst seit Januar 2022 und hat nur 3739 Euro Freibetrag. Folge: Der erste muss 729 Euro Steuer für das Jahr 2022 zahlen, der zweite 793 Euro.
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