Gibt es schon in anderen Ländern eine Zuckersteuer - und was soll diese überhaupt bezwecken?
Großbritannien etwa erhebt schon länger eine Steuer auf Limonaden und andere Getränke mit überhöhtem Zuckeranteil. Die Verbraucherorganisation Foodwatch und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) dringen schon lange darauf, dass so etwas auch hierzulande eingeführt wird. Eine Abgabe auf Süßgetränke würde deren Zuckergehalt reduzieren und somit für eine gesündere Ernährung sorgen, heißt es. Länder wie Großbritannien seien ein gutes Beispiel dafür.
Wie sieht es in Deutschland mit der Einführung einer Zuckersteuer aus?
Direkt nach der Bundestagswahl hat es bei den Ampel-Regierungsverhandlungen konkrete Pläne für eine Zuckersteuer gegeben. Im jüngst geschlossenen Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grüne und FDP ist davon allerdings nichts mehr zu finden. „Hinsichtlich der Einführung einer Zuckersteuer gibt es aktuell noch vertiefenden Forschungsbedarf beispielsweise zu möglichen Ausweich- oder Substitutionseffekten“, erklärt eine Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. „So hat sich in Großbritannien gezeigt, dass nach der Einführung einer Zuckersteuer bei Erfrischungsgetränken mehr Schokoladenerzeugnisse gekauft wurden.“
Was halten Hersteller grundsätzlich von der Idee?
Hersteller wie der Mannheimer Südzucker-Konzern lehnen eine Zuckersteuer strikt ab. „Steuern machen niemanden schlanker, nur ärmer“, teilt ein Sprecher mit. „Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass eine Zuckersteuer das Auftreten von Adipositas und Übergewicht verringert.“ Es sei nicht zielführend, sich ausschließlich auf Zucker zu konzentrieren. Zwar habe eine solche „Strafsteuer“ in Einzelfällen dazu geführt, dass der Zuckerkonsum aus Softdrinks zurückgegangen sei. Teilweise gebe es dennoch mehr Übergewicht. „Die Wissenschaft sagt, entscheidend für das Körpergewicht ist die Kalorienbilanz - wer mehr Kalorien aufnimmt, als er verbraucht, nimmt zu. Woher die Kalorien kommen, ist dabei egal“, so der Südzucker-Sprecher.
Welche Pläne verfolgt die Koalition stattdessen?
Die Regierung will künftig nicht mehr auf Freiwilligkeit der Hersteller setzen, sondern verbindlich festlegen, um wie viel Prozent bestimmte Inhaltsstoffe in Produkten vermindert werden sollen. „Es wird zielgruppenabgestimmte Reduktionsziele für Zucker, Fette und Salz geben“, erklärt die Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Das sei nötig, immerhin seien mehr als 50 Prozent der Erwachsenen hierzulande übergewichtig. Zudem soll an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt künftig bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige verboten werden.
Was sagt die Industrie zu einem geplanten Werbeverbot?
Von Teilen der Politik geforderte Werbeverbote unter anderem für Süßwaren seien nicht geeignet, um einen Beitrag zur Lösung des gesamtgesellschaftlichen Problems des Übergewichts zu leisten, findet der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie mit Sitz in Bonn. „Denn Übergewicht hat viele Ursachen, insbesondere zu wenig Bewegung, eine unausgewogene Ernährung oder genetische Faktoren.“ Generell sei Werbung „ein unverzichtbares Element der freien Marktwirtschaft“ und dabei vor allem Lebensmittelwerbung „bereits heute ausreichend reglementiert“. Für Südzucker spielt ein mögliches Werbeverbot nach eigenen Angaben keine Rolle, denn die Werbung richte sich nicht an Kinder.
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