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Was macht . . . Eternit?

Von 
Gabriel Schwab
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Die Fassade des Festspielhauses in Erl (Österreich) ist mit Faserzementplatten von Eternit verkleidet. © Eternit AG

Heidelberg/Mannheim. Enorme Festigkeit, Resistenz gegen Hitze, hervorragende Dämmung. Es gab eine Zeit, da wurde Asbest als wahre Wunderfaser bezeichnet. Eternit und andere Hersteller hatten vielfältige Produkte aus Asbestzement auf den Markt gebracht. Bis klar wurde: Asbest ist massiv gesundheitsschädlich. Seit 1993 ist es in Deutschland verboten. Eine Sprecherin von Eternit am Hauptsitz Heidelberg erklärt heute: „Die Asbest-Thematik ist und bleibt Teil unserer Historie.“ Dessen sei sich das Unternehmen bewusst.

Besser Name ändern?

„Rückwirkend kann man schon die Frage stellen, ob man die Marke Eternit nicht lieber aufgegeben hätte“, findet Florian Stahl, Marketing-Professor an der Universität Mannheim. Das Image sei für ein Produkt „elementar wichtig“, erklärt er. Da Kunden oft nicht selbst die Qualität bewerten können, stehe der Name für die Güte der Ware.

Kommt es zu einem Imageverlust, gebe es im Wesentlichen zwei Strategien. „Eine Möglichkeit ist, Fehler einzugestehen und durch neue Produkte neue Qualitätsstandards zu setzen.“ In schwerwiegenderen Fällen mache es Sinn, die Marke umzubenennen. „Auch, wenn das extrem kostspielig ist“, sagt Marketing-Experte Stahl.

Die mineralische Naturfaser Asbest wurde erstmals im 19. Jahrhundert verwendet. 1900 erhielt der Österreicher Ludwig Hatschek, der Erfinder des Faserzements, als Besitzer einer Asbestwarenfabrik ein Patent für Eternit. 29 Jahre Später gründete sich die Eternit AG in Berlin. In den 1950er und 1960er Jahren erlebte Asbestzement einen großen Boom in der Baubranche.

Mitte der 1970er Jahre der Schock: Wissenschaftler fanden heraus, dass Asbest erhebliche – mitunter tödliche – Gesundheitsrisiken birgt. Wenn sich Fasern lösen und in die Lunge geraten, besteht die Gefahr von Krebs und Lungenkrankheiten. Eternit selbst sprach damals von einem „Erdbeben“. Und die Empörung bei der Bevölkerung war groß. In Heidelberg stellten Mieter einer mit Asbestzement verkleideten Wohnsiedlung aus Protest gegen die tödliche Gefahr 1981 gar die Zahlung der Monatsmieten ein. Wenig später trafen das Bundesinnenministerium und der Wirtschaftsverband Asbestzement eine Vereinbarung, wonach Asbest in Produkten nach und nach ersetzt werden sollte. Erst Anfang der 1990er Jahre kam es zum grundsätzlichen Verbot in Deutschland. Dass so viel Zeit verstrichen ist, schieben Kritiker auf die Lobbyarbeit der Industrie.

Umfangreiche Prüfungen

Nach Angaben der Eternit-Sprecherin setzt das Unternehmen seit den 1980ern auf eine Technologie, die ohne Asbest auskommt. „Dafür wurden über 200 Fasern und Fasermischungen erprobt, bevor sich erste Erfolge einstellten. Umfangreiche Prüfungen waren notwendig, um das Langzeitverhalten des neuen Stoffes zu untersuchen.“ Dazu habe auch die Überprüfung auf gesundheitliche und baubiologische Unbedenklichkeit gehört. Letztlich habe sich eine Faser aus Polyvinylalkohol (PVA) durchgesetzt. „Sie wird in ähnlicher Form auch für medizinische Nähfäden eingesetzt“, so die Sprecherin. Dieser Faserzement wird ihren Angaben nach mittlerweile wieder breit verwendet. Bei Ein- und Mehrfamilienhäusern, bei Kitas und Schulen, unter anderem verarbeitet in Dächern, Fassaden und Innenräumen. Der Hochbau bleibt das Hauptgeschäft von Eternit.

Generell ist der Wettbewerb schärfer geworden. Durch neue Hersteller und Materialien hat Faserzement sein Alleinstellungsmerkmal verloren. Eternit hat sich trotzdem weiteres Wachstum vorgenommen.

Tochtergesellschaft von Etex

  • Eternit ist der Markenname für Faserzement. Der Name ist eine Wortschöpfung in Anlehnung an das lateinische Wort „aeternus“ (ewig).
  • Das Tochterunternehmen der Etex-Gruppe mit Sitz in Brüssel wurde 1929 in Berlin gegründet. Hauptsitz ist seit 2003 Heidelberg.
  • Während sich die Komponenten von Faserzement geändert haben, ist die eigentliche Herstellung seit mehr als 100 Jahren gleich.
  • Die Produkte werden auf der Hatschek-Maschine hergestellt – benannt nach dem Erfinder des Baustoffs Ludwig Hatschek.
  • Eternit hat mehr als 15 000 Mitarbeiter weltweit. 2018 betrug der Umsatz mit Eternit-Produkten rund 263 Millionen Euro. gs

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