Rom. Giovanna Bonazzi, Eismacherin aus Verona, hat derzeit alle Hände voll zu tun: Erst vor wenigen Wochen ist sie zur besten italienischen Eisproduzentin des Jahres 2024 in der Rangliste des „Gelato Festivals“ gekürt worden. Ein Wettbewerb, bei dem jährlich der beste Eismacher oder die beste Eismacherin Italiens und der Welt gekürt wird.
Bonazzi, die auf eine 20-jährige Erfahrung als Eisherstellerin zurückblickt, behauptete sich mit einer Eiskreation, die sich an der Tradition ihrer Heimatstadt inspiriert. „Bacio di Romeo e Giulietta“ (Romeos und Julias Kuss) heißt die Köstlichkeit aus Creme, Mandeln und Schokolade mit einem Hauch Amaretto - und bezieht sich somit auf die süße und bittere Story der beiden Liebenden aus Verona. Doch trotz ihres Erfolgs plagen sie Sorgen.
Bonazzis Familienbetrieb, den sie mit ihrem Ehemann Roberto führt, hat sich trotz der Auszeichnungen in den letzten Jahren kaum verändert. Er ist ein Magnet für die Eisgourmets der ganzen Stadt und der Region. Giovanna kämpft, damit sich trotz Inflation auch die Preise nicht ändern. Die kleinste Portion mit einer Eissorte, die sie kunstvoll in die Waffel spachtelt, kostet 2,20 Euro. Für ein „Cono con due gusti“, die italienische Standard-Portion mit zwei verschiedenen Eissorten, sind es 3,20 Euro.
„Gemessen an der Qualität ist das nicht viel, denn alles kostet inzwischen mehr: die Milch, die Sahne, der Zucker und vor allem der Strom für die Eismaschinen“, seufzt die 58-Jährige. Auch das Obst für ihre Sorbets ist viel teurer geworden. Die Preise des Kakaos für die Produktion ihres beliebten Schokoladeneises haben sich in wenigen Wochen verdoppelt. „Auf einige Eissorten habe ich ganz verzichten müssen, wie zum Beispiel auf Vanille-Eis, weil die Kosten für diese Zutat enorm gestiegen ist. Zum Glück sind die Preise für die Haselnüsse zuletzt leicht gesunken, denn sie sind ein wichtiger Bestandteil unserer Produktion“, erklärt Bonazzi.
So stark hat sich der Eispreis verteuert
Die italienische Beobachtungsstelle für die Lebensmittelbranche CRC meldet, dass die Preise des handwerklich produzierten „Gelato“ in drei Jahren um insgesamt 29,6 Prozent gestiegen sind - das ist immerhin fast doppelt so hoch wie die Inflationsrate, die im Dreijahreszeitraum zwischen 2021 und 2023 bei 15,7 Prozent lag. Der Preis für handwerklich hergestelltes Speiseeis liegt bei 28 Euro pro Kilogramm. In Roms Stadtzentrum, in den kleinen Gassen unweit des Trevi-Brunnens, kostet eine kleine Tüte inzwischen schon fünf Euro.
„Wird die süße Leckerei jetzt zum Luxusgut?“, fragen sich viele Italiener besorgt. Denn auch das industriell hergestellte Eis, das man in jedem Supermarkt bekommt, ist überdurchschnittlich weit über die Inflationsrate hinaus teurer geworden. So muss man dafür in Italien 5,86 Euro pro Kilo zahlen, im Jahr 2021 waren es noch 4,52 Euro. „Der starke Anstieg des Speiseeispreises ist nur zum Teil auf die Teuerung bei den Rohstoffen, von Kakao bis Zucker, zurückzuführen. Die ständig wachsende Nachfrage, die auch von ausländischen Touristen angetrieben wird, spielt ebenfalls eine Rolle. In diesem Sommer wird mit einem Konsumanstieg von insgesamt sechs Prozent gerechnet, mit Spitzenwerten von zwölf Prozent in den Kunststädten“, erklärt CRC-Sprecher Furio Truzzi.
Das Geschäft mit dem Speiseeis in Italien beläuft sich auf fast zwei Milliarden Euro für industrielles Speiseeis, mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 2,14 Kilo und erreicht drei Milliarden für handwerklich hergestelltes Speiseeis. Wobei die jährlichen Ausgaben der Italiener dafür auf etwa 43 Euro pro Kopf geschätzt werden.
Die insgesamt 37 000 Eisdielen im Land sind wichtige Abnehmer für die Landwirtschaft: Sie verarbeiten pro Jahr immerhin 220 Millionen Liter Milch, 64 Millionen Kilo Zucker und Tausende Tonnen von Früchten aller Art. Mit 170 000 Beschäftigten sind die „Gelaterien“ ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das Urlaubsland Italien.
Auch die hohen Mietkosten wirken sich negativ auf die Preise aus
Laut Claudio Pica, Präsident des Verbands der „Gelatieri“, der handwerklichen Eisproduzenten, wirken sich auch die hohen Mietkosten in negativ auf die Preise aus. „In Roms Stadtkern zahlen einige Läden bis zu 35 000 Euro monatlich Miete: Das ist enorm. Natürlich belastet das den Endpreis der Tüte“, so Pica, der selbst Eishersteller ist.
Gern hebt er die Unterschiede zwischen dem von kleinen Eisgeschäften produzierten „Gelato“ und dem Supermarkteis hervor: Weil die Eisdielen ihr „Gelato“ täglich frisch und in kleinen Mengen herstellen, können sie auf Konservierungsmittel und andere Chemikalien verzichten. Außerdem enthält ein „Gelato Artigianale“ viel weniger Luft als das „Industrieeis“: Der Anteil beträgt zehn bis 20 Prozent, während er bei den Supermarkt-Produkten meist bei rund 40 Prozent liegt.
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