Arbeitswelt

Warum Frauen im Schnitt noch immer weniger verdienen als Männer

In allen modernen Industrieländern verdienen Frauen immer noch weniger als Männer. Doch zu der Ungleichheit tragen sie zum Teil selbst bei, wie eine Studie ergibt. Und: Etwas machen Frauen in Ostdeutschland wohl besser

Von 
Sabine Rößing
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Frauen verdienen im Schnitt noch immer deutlich weniger als Männer. Immerhin: In vergleichbaren Jobs haben die Unterschiede abgenommen. © Amelie Breitenhuber/dpa

Frankfurt. In allen modernen Industrieländern verdienen Frauen immer noch weniger als Männer. Deutschland zählt sogar zu den Ländern mit den größten Einkommensunterschieden. Zu dieser Erkenntnis gelangten Wissenschaftler der renommierten Frankfurt School of Finance & Management.

Die Frankfurter Wissenschaftler arbeiteten zusammen mit Kollegen aus 15 internationalen Hochschulen. Erschienen ist das Ergebnis unlängst im Wissenschaftsmagazin Nature Human Behavior. Die Erhebung vergleicht die Einkommenssituation von Frauen in 15 Ländern, darunter – neben Deutschland – die USA, Kanada, Dänemark, Südkorea, Japan oder Israel.

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Das Ausmaß der Einkommensunterschiede reicht laut Studie von zehn Prozent in Ungarn bis zu 41 Prozent in Südkorea. In Deutschland verdienen die Frauen im Durchschnitt immerhin 24 Prozent weniger als Männer. Damit liegen wir im weltweiten Negativ-Vergleich auf Rang sechs, in Europa sogar an dritter Stelle.

Teilweise tragen die Frauen zur finanziellen Ungleichbehandlung aber auch selbst bei: Noch immer wählen sie häufig Berufe mit begrenzten Einkommens- und Entwicklungsmöglichkeiten. In den tendenziell eher gut bezahlten technischen Berufen sind sie nach wie vor unterrepräsentiert. In allen 15 untersuchten Ländern habe man Unterschiede in der Berufswahl festgestellt, registriert Studien-Autor Halil Sabanci.

Annäherung bei ähnlichen Jobs

Abgenommen haben die Gehaltsunterschiede bei Jobs vergleichbarer Position und Qualifikation. Auch hier ist die Spannweite aber immer noch beachtlich und reicht von sieben Prozent in Dänemark bis zu 26 Prozent in Japan. Mit 13 Prozent erreicht Deutschland einmal mehr einen unrühmlichen vorderen Platz im Länder-Vergleich. In Europa gibt es nur in Slovenien noch größere Unterschiede in der Bezahlung bei gleicher Tätigkeit, gleichen Arbeitszeiten und vergleichbarer Verantwortung.

„Es ist wichtig, dass wir die Gründe und Mechanismen erkennen“, betont Sabanci. Wenn Frauen zu wenig in gut bezahlte Jobs mit hoher Verantwortung streben, müsse an den (gesellschaftlichen) Strukturen angesetzt werden, die dafür verantwortlich sind, argumentiert Sabanci. Immerhin habe die Tendenz, weiblichen Mitarbeiterinnen weniger zu bezahlen, obwohl sie den gleichen Job machen, über die Zeit etwas nachgelassen, so die Studie.

Noch nicht verschwunden ist überdies ein deutliches Ost-West-Gefälle. Nach wie vor gilt: In Ostdeutschland fällt die Ungleichheit geringer aus, Frauen trauen sich hier offenbar auch in den Naturwissenschaften mehr zu als im Westen. In den alten Bundesländern bevorteilten überdies offenbar auch Auswahlprozesse männliche Kandidaten. Auch diese Basis ist in Ostdeutschland weniger ausgeprägt.

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