Mannheim. Heftige Kritik an dem bekannten Mannheimer Lebensmittelhändler Suntat: Nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) soll ein Unternehmen der Gruppe versucht haben, die Gründung eines Betriebsrats in Mannheim zu behindern. Die NGG vermutet sogar, dass zwei Mitarbeiter fristlos entlassen wurden, weil sie sich für die Betriebsratswahl eingesetzt haben. Sie klagen vor dem Arbeitsgericht gegen ihre Kündigung. Das Unternehmen lässt die Vorwürfe unterdessen über eine Anwaltskanzlei strikt zurückweisen.
„Mitarbeiter unter Druck“
NGG-Geschäftsführer Elwis Capece zufolge waren im Spätsommer 2019 Beschäftigte der BLG Kardesler GmbH - ein Unternehmen der Suntat-Gruppe - auf ihn zugekommen, weil sie einen Betriebsrat gründen wollten. Geschäftsführer der Mannheimer Firma sind die Brüder Mustafa und Kadir Baklan. Sie hatten 1986 gemeinsam mit weiteren Brüdern den Grundstein für Suntat gelegt und die Gruppe seither zu einem der größten Anbieter türkischer Lebensmittel in Deutschland ausgebaut. Am Standort Mannheim arbeiten laut Firmen-Homepage rund 100 Beschäftigte.
„Während der Vorbereitungen für die Betriebsratswahl haben wir Rückmeldung aus der Belegschaft bekommen, dass sich mehrere Mitarbeiter sehr unter Druck gesetzt fühlen, unter anderem durch Gespräche mit Vorgesetzten in verschiedenen Konstellationen“, sagt Capece. Auch die Gewerkschaft habe „intensive Gespräche mit der Geschäftsleitung führen müssen“.
„Konstruktive Zusammenarbeit“
Aus Mitarbeiterkreisen heißt es, Vorgesetzte und Mitglieder der Unternehmerfamilie Baklan hätten Beschäftigte in Einzelgesprächen aufgefordert, sich nicht für die Betriebsratswahl einzusetzen. Eine erste Informationsveranstaltung der Gewerkschaft im Dezember hätten sie nicht besuchen sollen. Kollegen, die sich für die Wahl engagiert hätten, seien abgemahnt oder von einem Tag auf den anderen intern versetzt worden.
Wenige Tage nach der NGG-Veranstaltung im Dezember seien zudem die Regeln im Betrieb verschärft worden: Mitarbeiter hätten sich nun beim Vorgesetzten abmelden müssen, wenn sie zur Toilette wollten, außerdem hätten sie die Büroküche nicht mehr zum Essen und Trinken nutzen und dort kein heißes Wasser mehr für Kaffee oder Tee nehmen dürfen. Die Nutzung privater Han-dys während der Arbeitszeit sei verboten worden.
Michael Eckert, Anwalt für Arbeitsrecht in Heidelberg, widerspricht den Vorwürfen im Namen des Unternehmens entschieden. „Es gibt keinerlei Versuche, die Betriebsratswahl zu behindern“, schreibt er in einer Stellungnahme auf Anfrage. Vielmehr würden die Mitarbeiter ermutigt, sich dabei zu engagieren.
Auch die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft beschreibt Eckert als konstruktiv. So habe der Arbeitgeber im Betrieb Einladungen der NGG zu einer Wahlveranstaltung im Februar verteilt und einen Raum zur Verfügung gestellt, obwohl die NGG den Termin überraschend und ohne Abstimmung vorgezogen habe.
Der Vorwurf, Mitarbeiter seien unter Druck gesetzt oder benachteiligt worden, sei ebenfalls falsch. Der Arbeitgeber wisse gar nicht, wer sich für die Betriebsratswahl einsetze - zumal die Initiative dafür nicht aus der Belegschaft, sondern allein von der NGG gekommen sei. „Es gab daher auch keine Einzelgespräche, da man auf Arbeitgeberseite gar nicht wüsste, mit wem man solche Gespräche führen sollte“, so Eckert.
Auch seien in Zusammenhang mit der Betriebsratswahl keine Regeln verschärft worden. Der Arbeitgeber habe lediglich bestehende Vorgaben schriftlich zusammengefasst, weil einzelne Mitarbeiter zum Beispiel gegen das Verbot verstoßen hätten, ihr privates Handy während der Arbeitszeit zu nutzen. Toilettengänge würden aber in keiner Weise reglementiert. Bei der Nutzung der Teeküche habe es Kollisionen gegeben, da manche Beschäftigte dort größere Mahlzeiten zubereitet hätten. Dafür könnten sie künftig die Küche der Betriebskantine nutzen.
Klagen vor dem Arbeitsgericht
Der Rechtsanwalt weist auch die Vermutung zurück, die fristlosen Kündigungen stünden in Zusammenhang mit der Betriebsratswahl. Dafür gebe es andere Gründe. So sei in einem der Fälle einer der Geschäftsführer bedroht worden. Mit den Kündigungen wird sich nun das Arbeitsgericht Mannheim befassen, beide Beschäftigte haben gegen ihre Entlassung geklagt. Termine dafür wurden einer Gerichtssprecherin zufolge bereits festgelegt.
Die Betriebsratsgründung kommt unterdessen voran: Anfang Februar wurde auf einer Versammlung im Unternehmen der Wahlvorstand bestimmt. Er ist nun dafür zuständig, die Betriebsratswahl zu organisieren. „Wir hoffen, dass das jetzt in geordneten Bahnen verlaufen kann“, sagt Gewerkschafter Capece.
Suntat
- Zur Firmengruppe Suntat gehören nach Angaben auf der Internetseite 14 Unternehmen mit rund 1800 Beschäftigten.
- Suntat ist auf mediterrane Lebensmittel spezialisiert. Firmenangaben zufolge sind rund 3000 Produkte weltweit in mehr als 50 Ländern erhältlich. In der Türkei hat die Gruppe demnach mehrere Produktionsstandorte.
- Gegründet wurde Suntat 1986 von fünf Brüdern der Familie Baklan.
- Die BLG Kardesler GmbH wird von Mustafa und Kadir Baklan geführt.
- Mustafa Baklan gründete 1995 auch den Verband türkischer Unternehmen Rhein-Neckar, heute ist er dort Ehrenvorsitzender.
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