Finanzen

Vermögen erreichen Rekordstand

Auch weniger wohlhabende Haushalte sparten während der Corona-Pandemie. Im EU-Vergleich bleibt die Ungleichheit aber hoch

Von 
Sabine Rößing
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Während der Pandemie sanken die Konsumausgaben, und die Menschen legten mehr Geld zur Seite. © Arne Immanuel Bänsch/dpa

Frankfurt. Die Nettovermögen der Haushalte in Deutschland nahmen zwischen 2017 und 2021 in der Breite zu – auch Haushalte mit geringen Vermögen konnten zulegen. Das geht aus der aktuellen Studie zur wirtschaftlichen Lage privater Haushalte in Deutschland im Auftrag des Forschungszentrums der Deutschen Bundesbank hervor.

Mit der regelmäßig wiederkehrenden Befragung möchten die Wissenschaftler ein Bild der Situation privater Haushalte in Deutschland zeichnen. Wegen der Pandemie verschob sich der Haupt-Erhebungszeitraum dieses Mal um ein Jahr auf 2021. Das deutsche Panel ist Teil einer europaweiten Erhebung.

In ihrer Aussagekraft müssen die am Montag veröffentlichen Ergebnisse sicherlich mit Vorsicht betrachtet werden. Schließlich haben sich die Rahmenbedingungen durch Zinswende, Energiekrise und Inflation in den vergangen eineinhalb Jahren drastisch verändert. Im gesamten Zeitraum zwischen der letzten Befragung 2017 und 2021 waren die Leitzinsen niedrig, die Inflation stieg erst Mitte 2021 über zwei Prozent-Marke, betonen die Autoren. Aktienkurse und Immobilienpreise stiegen seit 2017 deutlich.

Wie verteilen sich die Vermögen in Deutschland?

Netto, also abzüglich der Schulden, lag der Median-Wert aller Haushalte bei einem Vermögen von 106 600 Euro. Der Median wird verwendet, weil er weniger empfindlich ist für Verzerrungen gegenüber Extremwerten: Er bezeichnet den Wert in der Mitte einer der Größe nach geordneten Reihe. Er stieg seit 2017 deutlich. Im Durchschnitt verfügten die Privathaushalte 2021 über ein Nettovermögen von 316 500 Euro, 83 600 Euro mehr als vier Jahre zuvor und ein Rekordwert.

Absolut gesehen falle der Vermögensanstieg im oberen Teil der Reichtumsverteilung zwar besonders stark aus, erklären die Studien-Autoren. Relativ verzeichneten aber gerade die vermögensärmeren Haushalte die höchsten Zuwächse an Nettovermögen. Die Finanzvermögen – insbesondere die Guthaben auf Spar- und Girokonten – stiegen. Zuletzt unterstützte ausgerechnet die Pandemie mit ihren politisch verordneten Einschränkungen der Bewegungsfreiheit diese Entwicklung. Die Konsumausgaben für Urlaub oder Freizeit sanken, was zusätzliches Sparen ermöglichte. Dennoch besitzen die reichsten zehn Prozent der Haushalte 56 Prozent des gesamten Nettovermögens, die ärmere Hälfte der Bevölkerung bringt es nur auf rund drei Prozent. Diese Unwucht ist auch im europäischen Vergleich hoch.

Wie setzen sich die Nettovermögen der privaten Haushalte zusammen?

In den vermögensärmeren Bereichen der Verteilung macht Finanzvermögen den größten Anteil am Vermögen aus. Darunter versteht man Spar- und Girokonten, Fondsanteile, Schuldverschreibungen oder Aktien und Ansprüche aus privaten oder Rentenversicherungen. Immobilienvermögen und Betriebsvermögen ist vor allem bei den vermögenden Haushalten vorhanden. Der Anteil der Haushalte mit Aktienbesitz stieg von 11 auf 15 Prozent.

Wer konnte überhaupt Geld zur Seite legen?

Der Anteil an Haushalten, der angibt regelmäßig einen festen Betrag zurücklegen zu können, ist zwischen 2017 und 2021 leicht gestiegen, von 43 auf 46 Prozent. Außerdem gaben weniger Haushalte an, gar kein Geld beiseitelegen zu können. Hier wird es darauf ankommen, wie sich die Situation durch die hohe Inflation insbesondere im Bereich der privaten Lebenshaltung verändert. Der enorme Anstieg der Lebenshaltungskosten der letzten Monate belastet vor allem einkommensschwache Haushalte überproportional. Als Sparmotiv überwiegt weiterhin der Wunsch, für Notfälle vorzusorgen.

Wie ist die Schuldenlast in Deutschland verteilt?

Der Anteil der verschuldeten Haushalte ist im Erhebungszeitraum leicht gesunken: von 45 auf 41 Prozent. Für den Schuldendienst – also Zins und Tilgung – wendeten die verschuldeten Haushalte im Jahr 2021 im Mittel 17 Prozent ihres Nettoeinkommens auf. Immerhin 15 Prozent der Haushalte mussten aber mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens zur Schuldentilgung einsetzen. Auch in diesem Bereich dürften sich mittelfristig vor dem Hintergrund drastisch gestiegener Zinsen Veränderungen ergeben.

Wie hat sich die Corona- Pandemie auf die Finanzen der Haushalte ausgewirkt?

Einkommensausfälle oder finanzielle Verluste durch die Corona-Pandemie meldeten 2020 gut ein Drittel der Haushalte, in 2021 lag diese Zahl bei rund 24 Prozent. Etwa 17 Prozent der Haushalte hatten nach eigenen Angaben im ersten Pandemiejahr Schwierigkeiten, finanziell über die Runden zu kommen. Diese Zahl sei im Verlauf der Pandemie sogar leicht gesunken, so die Studie. Allerdings betrifft diese Beobachtung nur den unmittelbaren Pandemie-Zeitraum. Außerdem zeigen sich hier laut Bundesbank einmal mehr deutliche Unterschiede entlang der Vermögensverteilung: 34 Prozent der Haushalte im untersten Fünftel gaben an, mit (großen) Schwierigkeiten zu kämpfen, gegenüber neun Prozent im obersten Fünftel. Hier wirkten sich womöglich unter anderem anhaltende Kurzarbeit in vielen verarbeitenden Betrieben aus.

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