Porträt - Der 73-jährige Hans-Peter Wild findet keinen Nachfolger für sein Lebenswerk / Charmant und widersprüchlich

Streitbarer Herr eines Imperiums

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Hans-Peter Wild bezeichnet sich als "One-Man-Show".

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Eppelheim/Zug. Schon vor dem Verkauf von Wild Flavors an ADM zählte Hans-Peter Wild zu den 100 reichsten Unternehmern Deutschlands. Von Platz 87, auf den ihn das Manager-Magazin noch 2013 mit einem geschätzten Vermögen von 1,4 Milliarden einordnete, wird er nun wohl einen gewaltigen Sprung nach vorn machen. Denn genau diese stolze Summe dürfte ihm die Aromen-Sparte bringen.

Dass sich der Eigentümer der Wild-Gruppe um sein bald verdoppeltes Vermögen ohnehin keine großen Sorgen macht, dokumentierte er ganz lässig als Zeuge im aktuellen Prozess gegen den Reutax-Gründer Soheyl Ghaemian. Wild trat als einer der Hauptgeschädigten auf, den Ghaemian um mehrere Millionen Euro betrogen haben soll. Wild sagte zu den offenbar verlorenen Investments: "Das ist nichts, was mich nachts wachhält, weder in der Größenordnung noch in der Wichtigkeit in der Wild-Gruppe."

Gar nicht verstehen konnte der 73-jährige Förderer Ghaemians dagegen, dass dieser sich immer die größten Mietwagen gönnte. Er selbst miete schließlich immer Mittelklasse, sagte Wild Mitte Juni im Mannheimer Landgericht.

Arrogant also oder doch bescheiden? Er lässt sich nicht so einordnen, dieser trotz seines vermeintlichen Rentenalters noch äußerst agile Patriarch. Der gelernte Jurist baute das in Heidelberg gegründete Unternehmen des Vaters konsequent zu einem global tätigen Imperium aus, dessen bekannteste Marke Capri-Sonne fast in jedem noch so fernen Winkel der Erde bekannt ist. Auch dank Wilds Gespür für cleveres Marketing - so brachte die Werbung mit dem Box-Champion Muhammad Ali für das Kindergetränk jede Menge Aufsehen in den 70er Jahren.

Heftiger Zwist mit Hopp

Manchmal muss sich das unternehmerische Kalkül - Firmensitz zum Beispiel ist das als Steueroase bekannte schweizerische Zug - aber offenbar der Emotion unterordnen. So sorgte in der Region Wilds Streit mit dem SAP-Mitgründer Dietmar Hopp vor einigen Jahren für Aufregung: Es ging um mehrere Äcker gegenüber dem Firmengelände von Wild, Hopp wollte dort ein Fußballstadion bauen (das später in Sinsheim realisiert wurde). Golfpartner Wild wollte sein Werk erweitern. Wild soll damals so wütend gewesen sein, dass er keine Software von SAP mehr im Haus haben wollte - wenige Monate später kam der Wechsel zum SAP-Konkurrenten Oracle in Teilen der Firmengruppe. Drei Jahre später folgte der Wechsel zurück zu SAP. . .

Zahlen zum Imperium verrät der klassische Familienunternehmer nur ungerne. Im direkten Gespräch zeigt sich Wild charmant, während immer wieder der Stolz auf das Erreichte durchblitzt, aber auch die Wehmut eines Patriarchen, der für sein Lebenswerk keinen Nachfolger in der Familie findet. Der Bruder Rainer legte schon 1996 die Geschäftsführung nieder, die Söhne sind nicht im Unternehmen aktiv.

"Ich bin eine One-Man-Show" kommentierte er 2013 die Tatsache, dass die Verantwortung für die Geschäfte und Mitarbeiter alleine auf seinen Schultern ruhte. Einen großen Teil dieser Verantwortung ist er nun los - und dafür um mehr als eine Milliarde Euro reicher. be

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