Internet - Während viele US-Haushalte bereits Angebote wie Alexa nutzen, sind deutsche Kunden noch zurückhaltend

Stotterstart der Sprachassistenten

Von 
Tanja Tricarico
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Berlin. Leyre Olavarria ist naturgemäß begeistert von Autos, aber ihre jüngste Ankündigung war geradezu überschwänglich emotional. "Dein Auto wird dich erkennen und grüßen, es wird deine Vorlieben kennen und dich zu deinen favorisierten Orten und Restaurants führen", sagte die bei Seat für Infotainment und vernetzte Autos zuständige Managerin. Anlass war die Ankündigung, dass Amazons digitale Sprachassistentin Alexa in einzelne Modelle einzieht. Über Alexa könne der Anwender vom Auto aus zu Hause das Licht ausmachen, Einkäufe online erledigen oder die aktuelle Wettervorhersage abrufen.

Digitale Unterstützung

In den USA sind das Echo-Gerät von Amazon mit dem Dienst Alexa und die Konkurrenzangebote von Google, Apple sowie Microsoft längst fester Bestandteil im Alltag. In Deutschland hinken die Nutzer noch hinterher. Doch auch hierzulande werden die digitalen Helfer aller Voraussicht nach keine Spielerei für Technik-Fans bleiben. "Sprache ist die natürliche Kommunikationsform des Menschen. Jeder nimmt digitale Unterstützung gerne an", sagt Robert Spanheimer vom Branchenverband Bitkom.

Die Technologie soll das Leben erleichtern, zum Beispiel bei der Steuerung der Haustechnik, beim Kochen, bei der Urlaubsplanung, bei der Freizeitgestaltung. "Überall dort, wo wir einen kurzen Befehl oder eine Frage loswerden wollen und die Antwort unmittelbar brauchen, springen die Assistenten ein", sagt der Experte für Smart-Home-Anwendungen, wie übers Internet gesteuerte Haustechnik auch genannt wird. Die Assistenten präsentieren aber nicht nur Antworten, sie kommunizieren auch mit anderen Geräten und präsentieren beispielsweise Zutaten für das Sushi-Rezept auf dem Tablet oder schicken das Kinoprogramm aufs Smartphone.

Spanheimer vergleicht die Entwicklung der digitalen Sprachassistenten denn auch mit dem Smartphone. Ohne kommen die meisten heute nicht mehr aus. Es geht längst nicht mehr nur ums Telefonieren oder darum, Nachrichten zu versenden oder Fotos zu machen. Termine werden über das Smartphone verwaltet, die Gesundheit mit Apps gefördert, das Auto durch den Stadtverkehr geleitet. Die Geräte sind im Alltag angekommen.

Doch Alexa ist keine Wundermaschine und versteht auch bei weitem nicht alles. Derzeit kursiert im Netz ein Video, in dem ein kleines Kind verzweifelt versucht, Alexa dazu zu bringen, ihr Lieblings-Kinderlied zu spielen. Doch so sehr sich das Mädchen abmüht: Alexa erfüllt ihr den Wunsch nicht. "Unfälle" wie diese gibt es etliche. Undeutliche Aussprache oder unklare Befehle - der digitale Assistent muss passen, wenn der Nutzer sich nicht Mühe gibt.

Mit konkreten Marktdaten hält sich Amazon bedeckt. Das Unternehmen nennt auf Anfrage weder Verkaufs- noch Umsatzzahlen. Ein Indiz dafür, dass die Nachfrage zumindest anzieht, sind die vielen technischen Verbesserungen und neuen Anwendungen, die Amazon auf den Markt wirft. Erst vor kurzem wurden mehrere neue Alexa-fähige Geräte vorgestellt.

Lautsprecher hören mit

Um die Anforderungen der Nutzer zu erfüllen, brauchen Alexa, Siri und Co. jede Menge Daten. Die holen sie sich aus dem Netz. Datenschutz ist vor allem auch für die deutschen Nutzer ein Thema. Die Sorge vor dem Missbrauch der Informationen, von der Weitergabe persönlicher Daten an Dritte ist groß. Die Geräte sind mit Servern in den USA verbunden. Welche Daten abgegriffen werden könnten und wo diese landen, kann keiner genau sagen. Amazon beteuert, dass niemals Kundendaten freigeben würden, ohne dass eine gültige, rechtlich verbindliche Anforderung erlassen und an das Unternehmen übermittelt wurde.

Zudem verweist Amazon darauf, dass die Echo-Geräte mit dem Weck-Wort "Alexa" aktiviert werden müssen. Dann leuchtet der Lichtring am Gerät blau. Er zeigt dem Kunden, dass das Gerät nun Audioaufnahmen in die Cloud sendet. "Der Nutzer hat also einen klaren visuellen Indikator, wann aufgezeichnet wird. Wir geben Kunden die volle Kontrolle über Äußerungen", heißt es aus dem Unternehmen. Ein Fehler bei einigen Testgeräten von Googles neuem vernetzten Lautsprecher unterstreicht die Datenschutz-Risiken der Technik jedoch: Einige der an Journalisten ausgegeben Geräte hörten ständig ihrer Umgebung zu, weil der Aktivierungsmechanismus defekt war.

Verbraucherschützer verfolgen die Entwicklung der digitalen Sprachassistenten dementsprechend kritisch. Alle verwendeten Informationen kommen nicht nur dem Nutzer zugute, sondern sind auch für Gesundheitsunternehmen, für Versicherungen, für Banken, für etliche andere Dienstleister interessant. "Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Daten auch an Dritte weitergegeben werden könnten", sagt Julian Graf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Das ist bei allen technischen Geräten der Fall, über die eine Software läuft, die mit dem Internet verbunden ist."

Korrespondent

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