Berlin. Die umstrittenen Heizungspläne der Ampelkoalition treiben nicht nur viele Eigentümerinnen und Eigentümer um. Ratlos stehen Mieterinnen und Mieter dem Vorhaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) gegenüber. Noch immer ist völlig unklar, welche Förderung es für große Wohnungsunternehmen und deren Mieter geben wird. „Das neue Gebäudeenergiegesetz schützt Mieterinnen und Mieter weder vor Mieterhöhungen infolge des Heizungswechsels noch vor hohen Heizkosten nach der Umstellung auf erneuerbare Energien“, klagt Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes.
Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW, der 3000 Firmen von kommunalen Vermietern bis zum Vonovia-Konzern unter seinem Dach vereint, hat nun erstmals die konkreten Folgen für Mieterinnen und Mieter errechnet, die aus dem Heizungsgesetz entstehen.
Schutz durch Kappungsgrenzen
Erhalten die Wohnungsunternehmen keine Förderung, würde sich die Miete bei einer Umstellung von einer Gasheizung auf eine Wärmepumpe durchschnittlich um mindestens 1,87 Euro pro Quadratmeter erhöhen müssen, um die Investition auszugleichen, rechnet der GdW vor. Bei der für Deutschland durchschnittlichen Wohnfläche von 92 Quadratmetern würde dies 172 Euro pro Monat mehr als bisher betragen. Entscheidet sich die Ampelkoalition dazu, Wohnungsunternehmen zumindest in die Grundförderung von 30 Prozent miteinzubeziehen, was wahrscheinlich ist, wären es noch 1,21 Euro pro Quadratmeter oder umgerechnet auf die Durchschnittswohnung 111 Euro im Monat.
Bei einer Förderung von bis zu 50 Prozent, wie sie die Ampelkoalition für Kleinvermieter und Eigentümer plant, würde sich die Mieterhöhung der Wohnungsunternehmen den Berechnungen zufolge auf 77 Cent pro Quadratmeter begrenzen – was etwas mehr als 70 Euro an höherer Miete bedeuten würde.
Entsprechend fordert GdW-Präsident Axel Gedaschko, dass die großen Vermieter den kleinen bei der Förderung gleichgestellt werden. „Es kann nicht sein, dass im Mieterland Deutschland die Mehrzahl der Haushalte – und ausgerechnet diejenigen mit niedrigeren Einkommen – bei den Kosten des Klimaschutzes komplett im Stich gelassen wird“, sagt Gedaschko.
Grundsätzlich sind Mieter durch die Kappungsgrenzen vor hohen Modernisierungskosten geschützt. Acht Prozent der Modernisierungskosten darf der Vermieter auf die Jahresmiete umlegen, allerdings um nicht mehr als drei Euro pro Quadratmeter innerhalb von sechs Jahren erhöhen.
Was die Berechnung zeigt: Am kostengünstigsten wäre es, wenn nicht nur das einzelne Mehrfamilienhaus, sondern gleich das gesamte Wohnquartier mit mehreren Gebäuden beim Heizungstausch bedacht werden würde. Die Umstellung von einer Gaszentralheizung mit Heizkörpern in der Wohnung und einer zentralen Wasserversorgung auf eine besonders effiziente Wasser-Wasser-Wärmepumpe würde bei einem Zehnfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 650 Quadratmetern demnach Investitionskosten von rund 320 000 Euro auslösen.
Auf den Quadratmeter gerechnet wären das – ohne Förderung – Kosten von 500 Euro. Bei einem 24-Familienhaus wären die Investitionskosten zwar doppelt so hoch, pro Quadratmeter käme man allerdings mit 400 Euro aus. Würden im Quartier mit fünf Gebäuden und insgesamt 100 Wohnungen mehrere Wärmepumpen zusammengeschaltet, wären Investitionskosten von 2,1 Millionen Euro nötig – auf den Quadratmeter gerechnet wären es aber nur noch 330 Euro.
Bei der etwas weniger effizienten Luft-Wasser-Wärmepumpe würden die Kosten zwischen einem Quartier mit 100 Wohnungen und einem Zehnfamilienhaus zwischen 100 und 280 Euro pro Quadratmeter variieren, bei einer Holzpelletheizung zwischen 85 und 190 Euro pro Quadratmeter. Am günstigsten für den Einbau wäre aber der Berechnung zufolge eine Wärmepumpe-Gas-Hybridheizung, die zwischen 70 und 150 Euro pro Quadratmeter kosten würde.
Lücke zwischen Theorie und Praxis
Allein der Heizungstausch würde laut GdW-Berechnungen in den kommenden 20 Jahren Investitionen von 61 Milliarden Euro erfordern. Hinzu kämen noch fünf bis sieben Milliarden Euro pro Jahr, die für Effizienzmaßnahmen an Gebäuden aufgebracht werden müssten.
Hier klafft eine Lücke zwischen Theorie und Praxis. Theoretisch ist die Erhöhung der Sanierungsquote ein seit Langem von der Politik angestrebtes Ziel. Praktisch haben Energiekrise und steigende Zinsen dazu geführt, dass reihenweise Wohnungsunternehmen ihre Pläne auf Eis legen. Laut GdW sei fast jede fünfte geplante Modernisierung nicht mehr umsetzbar – für die GdW-Unternehmen würde dies rund 53 000 Wohnungen betreffen.
„Alles, was von uns refinanziert werden muss, bedeutet am Ende eine höhere Miete“, sagt Gedaschko. Viele Mieter könnten sich aber keine höhere Miete mehr leisten, warnt Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten. „Wer schon 50 Prozent in seine Nettokaltmiete stecken muss, der kann und darf nicht noch mehr bezahlen.“
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