Berlin. Die Kfz-Versicherung wird teurer. Steigende Kosten für Reparaturen gelten als der größte Kostentreiber: Für viele sichtbare Teile wie Scheinwerfer, Scheiben oder Karosserien haben Hersteller praktisch ein Monopol. Laut Versicherungsverband GDV stiegen die Preise seit 2013 um 44 Prozent. Bis die strengeren europäischen Wettbewerbsregeln wirken, dürfte es dauern. Auch moderne Fahrzeugtechnik und steigende Löhne treiben Werkstattrechnungen und damit die Kosten für Autoversicherer.
Billigversicherungen werden zur Kostenfalle für Kunden
Der Teufel liegt also im Ersatzteil – und dessen Einbau. Doch es gibt auch hausgemachte Gründe, weshalb Kfz-Versicherer ihre Beiträge erhöhen. Den Nachklang früherer Fehlkalkulationen etwa. Jahrelang waren Kfz-Versicherungsverträge zu billig und die Sparte schrieb regelmäßig Verluste. Das haben Versicherer hingenommen. Denn die Autoversicherung gilt als Türöffner, um Kunden für weitere, auch teurere Verträge zu gewinnen – Hausrat, Haftpflicht oder Altersvorsorgeprodukte. 2023 noch lag das Minus bei rund 3,3 Milliarden Euro, auch 2024 droht ein Milliardenloch.
Für Autofahrerinnen und Autofahrer schlägt sich das ganz konkret in höheren Beiträgen nieder. Laut einer aktuellen, repräsentativen Umfrage des Geldratgebers Finanztip berichten fast drei Viertel (72 Prozent) der deutschen Autofahrer, dass ihre Beiträge im vergangenen Jahr gestiegen sind – acht Prozentpunkte mehr als 2023. Und 40 Prozent empfinden die Kosten inzwischen als echte finanzielle Belastung.
Familien können Kosten ihrer Kfz-Versicherung halbieren
Gerade deshalb lohnt es sich, den eigenen Vertrag genau anzuschauen. Schon kleine Anpassungen können die Beiträge deutlich senken. Besonders zwei Faktoren machen den Unterschied: Fahrerkreis und Fahrleistung – am besten im Doppelpack.
Wenn sich die Lebensumstände ändern, lohnt ein Blick in den Vertrag. Ist das Kind zum Studieren weggezogen oder fährt man dank Homeoffice weniger, sind schnell mehrere Hundert Euro Einsparung im Jahr drin – sofern man diese Änderungen seiner Kfz-Versicherung mitteilt. Bei den meisten Anbietern ist das unkompliziert über die App oder das Kundenportal möglich. Für das Doppelpack Fahrende und Laufleistung bedeutet das: Wer zentrale Tarifmerkmale wie Fahrerkreis und Kilometerleistung realistisch anpasst, kann seine Ausgaben deutlich senken, und zwar schnell um mehr als die Hälfte.
Finanztip hat die Effekte anhand von fiktiven Beispielfällen durchgerechnet: Im Beispiel einer Golf-Fahrerin mit Teilkaskovertrag sinkt der Beitrag um 53 Prozent – von 1260 auf 595 Euro –, indem sie zwei Anpassungen vornimmt: Ihr Sohn als Fahranfänger ist nicht mehr im Fahrerkreis, schließlich ist er ohnehin zum Studium weggezogen. Nur noch sie und ihr Partner dürfen hinters Steuer, die jährliche Fahrleistung konnte sie daher von 20.000 auf 15.000 Kilometer reduzieren.
Ein vollkaskoversicherter Fahrer eines Hybrid-SUV spart 61 Prozent, der Beitrag sinkt von 3622 Euro auf 1405 Euro, ebenfalls durch die Anpassung von Fahrerkreis und Kilometerleistung.
Eine Rentnerin mit Kleinwagen reduziert ihre Teilkaskokosten mit Fahrerkreis-Einschränkung und weniger Kilometern um 55 Prozent, das brachte rund 1100 Euro Ersparnis im Jahr.
Sparpotenzial ausschöpfen – eine Kombination hilft dabei
Die Kombi der beiden Stellschrauben macht den Unterschied: Wer den Fahrerkreis verkleinert, kann meist auch die Kilometerleistung reduzieren – und so doppelt sparen. Aber: Viele Versicherungsnehmer lassen dieses Potenzial ungenutzt.
Dabei gibt es vor allem bei den zugelassenen Fahrern einiges zu sparen. Besonders Fahranfänger, aber auch Senioren oder ein zu großer Fahrerkreis treiben die Kosten für die Kfz-Versicherung. Nach Finanztip-Analysen ist es im Schnitt am günstigsten, wenn Versicherungsnehmer plus Partner als Fahrer eingetragen sind.
Auch mit den richtigen Kilometerangaben lässt sich optimieren. Künftig heißt es: defensiv schätzen. Eine Beitragsreduzierung wegen geringerer Fahrleistung bringt ordentlich Geld, es gibt sie jedoch meist nur stufenweise. Die meisten Kfz-Versicherer arbeiten mit festen Kilometerklassen, meist in 5000-Kilometer-Schritten. Bedeutet: Nur wer unter die nächste Stufe rutscht, zahlt weniger – dann deutlich.
Kilometerangaben lassen sich rückwirkend anpassen
Bei vielen Versicherern ist eine Anpassung der Kilometer auch für das laufende, teils sogar für bereits abgelaufene Jahre möglich. Wer also jetzt merkt, dass er bereits länger weniger hinterm Steuer sitzt, sollte bei seiner Versicherung anklopfen.
Einer Änderung für die Vergangenheit mit Beitragsrückerstattung müssen die Unternehmen nicht zustimmen. Spätestens seit Corona aber sind Autoversicherer kundenfreundlicher geworden und akzeptieren auch für vergangene Jahre Kilometerkürzungen.
Blind unterschreiben sollten Versicherte dennoch nichts. Vor allem zwei Punkte sind abzuklopfen. Erstens: mit der Änderung keinen neuen Vertrag abschließen. Denn wer eine neue Vereinbarung eingeht, statt die alte nur anzupassen, verpflichtet sich eben auch, ein weiteres Jahr beim bisherigen Versicherer zu bleiben.
Zweitens: Ähnliche Wirkung hat es, wenn der Versicherer statt einer echten Beitragserstattung eine Gutschrift für das kommende Versicherungsjahr locker macht. Davon profitiert eben nur, wer tatsächlich verlängert. Verbraucher, die kündigen oder wechseln, gehen leer aus.
Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit finanztip.de. Deutschlands führender Geldratgeber für Verbraucherinnen und Verbraucher ist Teil der gemeinnützigen Finanztip-Stiftung.
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