Energie

So soll die Einspeisung von Balkonstrom leichter werden

Verzicht auf spezielle Stecker und Stromzähler, die rückwärts laufen dürfen - für die Besitzer kleiner Solaranlagen sind neue Regeln geplant

Von 
Wolfgang Mulke
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Eine kleine Solaranlage ist an einem Balkon eines Mehrparteienhauses angebracht. Mit dem selbst erzeugten Strom lassen sich Energiekosten sparen. © Sven Hoppe/dpa

Berlin. Erneuerbare Energien sind gefragt. Auch kleine Solaranlagen können ein wenig zur Energiewende beitragen und dazu noch den Geldbeutel der Verbraucher schonen. Tausende Balkon-Solaranlagen hat der Handel bereits verkauft. Deren Prinzip ist leicht verständlich. Auf dem Balkon, der Terrasse oder im Garten werden passende Solarmodule aufgestellt oder auch an die Brüstung gehängt. Sie produzieren Strom, der über einen Wechselrichter per Kabel ins häusliche Stromnetz eingespeist wird.

Doch in der Praxis ist der Betrieb bisher gar nicht so leicht, wie es die Werbung verspricht. Ein Stolperstein ist eine technische Norm, die eine spezielle Einspeisedose anstelle des normalen Schukosteckers vorschreibt, die sogenannte Wieland-Einspeisesteckdose. Der Einbau muss von einem Elektriker vorgenommen werden. Angesichts des Handwerkermangels ist das schon eine gewaltige Hürde, denn ein so kleiner Auftrag lohnt sich für sie nicht.

Die Norm ist schon lange umstritten. Denn eigentlich kann der Strom auch mit einem üblichen Schukostecker ins Netz geleitet werden. Das schließt die Norm nach Einschätzung des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) auch nicht aus. „Ein Verbot gibt es also nicht“, sagt BSW-Chef Carsten Körnig. Doch zumindest einzelne Stromnetzbetreiber bestehen darauf. Spätestens Ende 2023 wird es wohl eine neue Norm geben, die den Schukostecker eindeutig erlaubt.

Das sieht ein Vorschlag des Verbands der Elektrotechnik (VDE) für eine Überarbeitung der Norm für steckerfertige Solaranlagen vor. Darüber hinaus will der VDE den Betrieb von bisher bremsenden Regeln entrümpeln. So sollen die Kleinkraftwerke an jedem Zählertyp verwendet werden dürfen, auch wenn die Zähler damit womöglich beim Einspeisen rückwärts laufen. Bisher bestehen Netzbetreiber auf den Einbau eines Zweirichtungszählers, um das Rückwärtslaufen zu verhindern.

Kommission und Ministerium einig

Beides soll bis zu einer Bagatellgrenze von 800 Watt Leistung möglich werden. Schließlich sieht der Vorschlag noch eine deutliche Vereinfachung bei der Anmeldung vor. Künftig soll es reichen, die Anlage bei der Bundesnetzagentur an- oder abzumelden und die Behörde über Änderungen zu informieren. „Mini-Erzeugungsanlagen sollen sich flächendeckend durchsetzen, ohne Abstriche bei der Sicherheit zu machen“, erklärt der VDE.

Es wird wohl noch einige Monate dauern, bis die Normung alle Prozesse durchlaufen hat und in Kraft tritt. „Die Produktnorm für Steckersolargeräte soll nach Informationen des VDE spätestens bis Ende 2023 fertiggestellt sein“, erläutert eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Bis dahin will das Ministerium auch die gesetzlichen Regeln anpassen. Denn die Deutsche Kommission Elektrotechnik (DGE) ist nur für die technische Normung zuständig – für die Meldepflichten wiederum der Gesetzgeber. Da beide die Änderungen wollen, steht den Plänen nichts im Wege. „Das Bundeswirtschaftsministerium unterstützt diese Vorschläge des Normungsverbandes“, bestätigt die Sprecherin.

Verbraucherfreundliche Regelungen dürften zu einer weiteren Verbreitung der Mini-Kraftwerke führen. Denn damit können Haushalte einen Teil ihres benötigten Stroms selbst erzeugen und so Geld sparen. Die Kosten einer Komplettanlage aus Solarmodulen, Wechselrichter und Kabeln liegen nach Angaben des Verbraucherportals finanztip.de je nach Leistung zwischen 600 und 1300 Euro.

2022 sind die Preise für die Mini-Solaranlagen kräftig gestiegen. Das könnte sich in diesem Jahr wieder ändern. Denn zu Jahresbeginn wurde die Mehrwertsteuer von 19 Prozent beim Kauf abgeschafft. Die Frage ist, ob der Handel diesen Vorteil auch an die Kunden weitergibt.

Die mögliche jährliche Einsparung bei den Stromkosten werden auf 100 bis 200 Euro geschätzt. Damit amortisiert sich die Investition in wenigen Jahren. Der tatsächliche Stromertrag hängt stark vom Standort ab. An sonnenreichen Plätzen auf dem Balkon oder im Garten produzieren die Module naturgemäß mehr Strom als an halbschattigen oder gar nur wenig vom Sonnenlicht beschienenen Flächen.

Alternative „Powerstation“

Beim Kauf einer steckerfertigen Anlage sind alle benötigten Komponenten im Paket enthalten. Nun fehlt noch die Zustimmung des Vermieters für die Installation der Anlage. Auch muss man sich beim örtlichen Stromnetzbetreiber und in einem Register der Bundesnetzagentur anmelden.

Eine Möglichkeit, den noch komplizierten Rechtsrahmen zu umgehen, sind Batterien, im Handel unter der Bezeichnung „Powerstation“ zu finden. Sie können den selbst erzeugten Strom speichern und dann für den Betrieb von Elektrogeräten oder zum Laden mobiler Kommunikationstechnik dienen. Allerdings sind die Speicher recht teuer.

Korrespondent

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